SUCHE
Suchergebnis:
1106
Maßnahmenbeschwerde: Begehren auf Herstellung des gesetzmäßigen Zustands kein selbständiger Antrag
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Dass ein Reisepass von einem Fremden (zunächst) freiwillig herausgegeben wurde, schließt das Vorliegen einer mit Beschwerde nach Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG bekämpfbaren Maßnahme nicht aus. Vielmehr kommt es ergänzend darauf an, in welchem Rahmen die freiwillige Vorlage des Reisepasses erfolgte. Wäre das in der Erwartung alsbaldiger Rückstellung, zB nach Einsichtnahme und Anfertigung einer Kopie, geschehen und wäre eine solche Rückstellung dann trotz darauf erkennbar gerichteten Willens des Fremden unterblieben, so hätte die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nicht verneint werden dürfen. II. Die vom Fremden begehrte Wiederausfolgung von Dokumenten wäre nicht als eigenständiger Antrag zu betrachten gewesen. Denn § 28 Abs 6 VwGVG normiert für den Fall, dass die bekämpfte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist, dass bei Andauern dieser Maßnahme die Behörde unverzüglich den der Rechtsanschauung des VwG entsprechenden Zustand herzustellen hat. Vor dem Hintergrund dieser ausdrücklichen gesetzlichen Verpflichtung kam dem Ausfolgebegehren des Fremden objektiv betrachtet kein eigener Gehalt zu, sondern war es nur als Hinweis auf die gesetzlich angeordneten Rechtsfolgen einer Stattgabe der Beschwerde zu verstehen. Darüber wäre daher vom VwG nicht zu entscheiden gewesen.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
1107
Bindung im Rückkehrentscheidungsverfahren an eine Feststellung gemäß § 8 Abs 3a iVm 9 Abs 2 AsylG
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Mit einer Refoulement-Beurteilung in Bezug auf den Herkunftsstaat eines Fremden geht eine zu beachtende Rechtskraftwirkung einher, deren Durchbrechung nur dann gerechtfertigt ist, wenn sich nach Erlassung der in Rechtskraft erwachsenen Entscheidung der Sachverhalt oder die Rechtsvorschriften wesentlich geändert haben, also eine neue Sache vorliegt, für die die Rechtskraftwirkung der ursprünglichen Entscheidung nicht mehr gilt. Von einer nachträglichen Änderung der Sache ist der Fall zu unterscheiden, dass der Sachverhalt anders rechtlich beurteilt wird oder neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die bereits im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung vorgelegen, aber erst später bekannt geworden sind. Die schon vor Erlassung der Entscheidung bestehende Sachlage ist von der Rechtskraft des Bescheides erfasst und bindet Gerichte und Behörden, solange diese Entscheidung dem Rechtsbestand angehört (vgl VwGH 18.1.2017, Ra 2016/18/0293). Es ist nicht zu sehen, warum das für das Verhältnis einer Feststellung über die Unzulässigkeit (insb) einer Abschiebung nach § 8 Abs 3a iVm § 9 Abs 2 AsylG zur Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG anders sein sollte. II. § 52 Abs 9 FPG ordnet nach seinem Wortlaut für den Fall der Erlassung einer Rückkehrentscheidung ausnahmslos an, es ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Insoweit wird von dem die materielle Rechtskraft kennzeichnenden Umstand der "Unwiederholbarkeit" abgegangen. Dass das auch für die "Unabänderlichkeit" - "das bedeutendste Merkmal der Rechtskraftwirkung" - gilt, lässt sich dem Gesetz jedoch nicht entnehmen. Im Gegenteil zeigt § 51 Abs 5 FPG, dass eine rechtskräftige Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat nur dann geändert werden kann, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt wesentlich geändert hat. III. Dass Rückkehrentscheidungsverfahren seit dem FrÄG 2015 von § 51 FPG nicht mehr erfasst werden, ist (vgl ErläutRV 582 BlgNR 25. GP 20) nur dem Umstand geschuldet, dass für solche Verfahren in § 52 Abs 9 FPG ohnehin eine amtswegige Feststellung vorgesehen ist (vgl § 46a FPG idF FrÄG 2015 - ErläutRV 582 BlgNR 25. GP 20; § 52 Abs 9 FPG idF FrÄG 2017 - ErläutRV 1523 BlgNR 25. GP 33). IV. Die mit dem FNG 2014 geschaffene Regelung des § 52 Abs 9 FPG ermöglicht es, im Fall von geänderten Verhältnissen im Rückkehrentscheidungsverfahren selbst einen "actus contrarius" zur Feststellung gemäß § 9 Abs 2 AsylG zu setzen (vgl VwGH 25.9.2018, Ra 2017/21/0253). V. Eine Sachverhaltsänderung kann nicht schon per se in der neueren Judikatur zu vergleichbaren Fällen erblickt werden. VI. Eine Lageänderung im Herkunftsstaat eines Fremden dokumentiert sich regelmäßig in neuen Länderberichten. Neue Länderberichte stellen aber nur neue Beweismittel dar. Sie vermögen gegebenenfalls neue Entwicklungen zu belegen und können, wenn das nicht der Fall ist und sie sich auf schon vor Abschluss des Erstverfahrens entstandene ("alte") Tatsachen beziehen, allenfalls eine Wiederaufnahme rechtfertigen (vgl VwGH 19.4.2007, 2004/09/0159). Sie bewirken für sich betrachtet aber keine Sachverhaltsänderung.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
1108
Drohender "BREXIT" verpflichtet nicht zum Selbsteintritt nach Dublin III-Verordnung
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Die Vorlagefrage nach Auswirkungen des "BREXIT" auf das gemeinsame europäische Asylsystem ist nicht hypothetisch, sondern entscheidungserheblich iSd Art 267 AEUV und daher zulässig. Es gilt eine Vermutung der Entscheidungserheblichkeit der von den Gerichten der Mitgliedstaaten zur Vorabentscheidung vorgelegten Auslegungs- und Gültigkeitsfragen zum Unionsrecht. Eine Zurückweisung von Vorlagefragen ist dem EuGH daher nur dann erlaubt, wenn es an dieser offensichtlich fehlt. II. Die Erklärung des "BREXIT" führt bis zum tatsächlichen Vollzug zu keinen Suspendierungen der unionsrechtlichen Verpflichtungen Großbritanniens. Zu einem Zwang zum Selbsteintritt des um Überstellung nach der Dublin III-VO (604/2013) nach Art 17 Abs 1 leg cit ersuchenden Mitgliedstaats kann der "BREXIT" ohnehin nicht führen, weil diese Vorschrift rein fakultativ ist und ihre Inanspruchnahme im freien Ermessen der Mitgliedstaaten nach deren politischen, humanitären oder praktischen Erwägungen steht. III. Bereits der Wortlaut vieler Bestimmungen der Dublin III-VO (604/2013), der von "Behörden" im Plural spricht, zeigt, dass eine einheitliche Behördenzuständigkeit zu deren Vollzug nicht geboten ist. IV. Die Kindeswohlklausel des Art 6 Abs 1 Dublin III-VO ändert nichts am Charakter des Art 17 Abs 1 leg cit als rein fakultative Vorschrift und verpflichtet Mitgliedstaaten nicht zu deren Inanspruchnahme. V. Art 27 Abs 1 Dublin III-VO verpflichtet die Mitgliedstaaten nicht, gegen die Nicht-Inanspruchnahme des Selbsteintrittsrechts nach Art 17 Abs 1 leg cit einen selbständigen Rechtsbehelf zu gewähren. Denn die Nicht-Vornahme des Selbsteintritts führt zu einer Überstellungsentscheidung, sodass im Rechtsbehelf gegen diese die Frage des Art 17 Abs 1 Dublin III-VO releviert werden kann. Die Mitteilung, dass vom Recht, in das Verfahren nach Art 17 Abs 1 Dublin III-VO einzutreten, nicht Gebrauch gemacht wird, führt für den Antragsteller auch noch nicht zur Gefahr, eine dem Refoulement-Verbot widerstreitende Behandlung (vgl Art 3 Abs 2 leg cit) zu erleiden, dies ist im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Überstellungsentscheidung ebenfalls zu behandeln, sodass hier kein Rechtsschutzdefizit besteht. VI. Bereits der Wortlaut des Art 20 Abs 3 Dublin III-VO über das Verfahren zur Bestimmung des nach der Dublin III-VO (604/2013) zeigt eindeutig, dass diese Vorschrift die widerlegbare Vermutung begründet, dass dem Wohl des Kindes dann am besten entsprochen ist, wenn man seine Situation als untrennbar mit der seiner Eltern verbunden ansieht.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
1109
Unverhältnismäßigkeit der Festnahme zur Sicherung der Außerlandesbringung bei fortdauernder Unterbringung nach den Bestimmungen des UbG
LEITSATZ DES GERICHTS: Sämtliche Ermächtigungen zur Festnahme nach § 34 BFA-VG sind im Hinblick auf die Bestimmungen des PersFrBVG nur unter der Bedingung der Notwendigkeit für die Rechtsdurchsetzung und -sicherung auszuüben, wobei im konkreten Einzelfall überdies die Verhältnismäßigkeit zu wahren bleibt.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
1110
Problem der fehlenden Zustimmungserklärung zur Ausreise aufgrund des unbekannten Schicksals des obsorgeberechtigten Elternteils
LEITSATZ DES GERICHTS: Minderjährige Fremde können nur unter der Voraussetzung der Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)