Leitsätze
2152
Der "aktuelle Sicherungsbedarf" als Voraussetzung für die Schubhaftverhängung
Leitsätze
I. Die fehlende Ausreisewilligkeit einer fremden Person vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Der aktuelle Sicherungsbedarf muss in weiteren Umständen, wie etwa mangelnder Integration oder dem bisherigen Verhalten der fremden Person, begründet sein. II. Für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die Schubhaftverhängung sind bestimmte Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass sich die fremde Person dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest erheblich erschweren werde, heranzuziehen. In diesem Zusammenhang kann eine frühere Delinquenz der fremden Person das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer zeitnahen Abschiebung maßgeblich erhöhen.
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Entscheidungsdatum: 10.03.2020
Aufbereitet am: 10.11.2020
2151
Bemessung der Dauer eines Einreiseverbots
Leitsätze
I. Kommt es bei der Ausübung einer illegalen Beschäftigung zu keiner konkreten Betretung, so wird zwar nicht explizit der Tatbestand des § 53 Abs 2 Z 7 FPG verwirklicht; das Gesamtverhalten der betroffenen Person ist dennoch als gravierendes Fehlverhalten zu werten. II. Bei der Bemessung der Dauer eines Einreiseverbots sind bestimmte Umstände – etwa eine bereits getätigte Ausreise der fremden Person, das Vorliegen von familiären Bezügen im Schengen-Raum oder wahrheitsgemäße Angaben im Rahmen einer fremdenpolizeilichen Kontrolle – zu berücksichtigen. III. Beim Erstellen der für ein Einreiseverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten der fremden Person zu berücksichtigen und aufgrund konkreter Feststellungen zu beurteilen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs 2 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist.
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Entscheidungsdatum: 06.04.2020
Aufbereitet am: 10.11.2020
2150
Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten aufgrund Lageänderung in Somalia
Leitsätze
Bei einer Beurteilung nach § 9 Abs 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 sind zwar nicht isoliert nur jene Sachverhaltsänderungen zu berücksichtigen, die zeitlich nach der zuletzt erfolgten Bewilligung der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung eingetreten sind, sondern es dürfen im Rahmen der bei der Beurteilung vorzunehmenden umfassenden Betrachtung bei Hinzutreten neuer Umstände alle für die Entscheidung maßgeblichen Elemente einbezogen werden, selbst wenn sie sich vor der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung ereignet haben.
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Entscheidungsdatum: 21.04.2020
Aufbereitet am: 09.11.2020
2149
Zur Berücksichtigung neu vorgelegter Beweismittel
Leitsätze
I. Es hat bei einer Rückkehrentscheidung neben aktuellen Länderberichten stets eine Auseinandersetzung mit der konkreten Rückkehrsituation zu erfolgen, beispielsweise hinsichtlich einer drohenden asylrechtlich relevanten Verfolgungsgefahr oder Art 3 EMRK-widrigen Behandlung. II. Werden etwa bei einem Zweitantrag auf internationalen Schutz neue Beweismittel vorgelegt, so haben die behaupteten geänderten Umstände einerseits von Entscheidungsrelevanz zu sein und andererseits muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann.
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Entscheidungsdatum: 04.06.2020
Aufbereitet am: 06.11.2020
2148
Zehntägige Rechtsmittel-Präklusivfristen gegen die Zurückweisung von Folgeanträgen und ihre Vereinbarkeit mit Unionsrecht
Leitsätze
I. Eine Zustellungsfiktion für Antragsteller auf internationalen Schutz, wonach asylbehördliche Entscheidungen mit Notifizierung bei der Behörde als zugestellt gelten (mit der Konsequenz des Rechtsmittel-Fristenlaufs), sind mit dem verfahrensrechtlichen Effektivitätsgebot des Unionsrechts unter zwei Voraussetzungen vereinbar: Zum einen müssen die Antragsteller davon angemessen im Vorfeld unterrichtet werden, zum anderen dürfen die Bedingungen für den Zugang zur betreffenden Behörde zwecks Entgegennahme der fraglichen Schreiben nicht übermäßig erschwert werden. Ob dies gewährleistet ist, haben die mitgliedstaatlichen Gerichte zu prüfen. II. Zustellungsfiktionen müssen auch dem Äquivalenzgrundsatz des Unionsrechts genügen. Dies zu prüfen ist Sache der mitgliedstaatlichen Gerichte. III. Rechtsmittel-Präklusivfristen von zehn Tagen für Entscheidungen, mit denen Folgeanträge auf internationalen Schutz als unzulässig zurückgewiesen werden (Art 33 Abs 2 lit d RL 2013/32/EU), entsprechen dem Effektivitätsgrundsatz unter der Voraussetzung, dass die Antragsteller die Garantien der Art 20, 22 f RL 2013/32/EU (unentgeltliche Rechtsberatung und Vertretung) effektiv in Anspruch nehmen können. Ob dies gewährleistet ist, haben die mitgliedstaatlichen Gerichte zu prüfen. IV. Rechtsmittel-Präklusivfristen müssen auch dem Äquivalenzgrundsatz des Unionsrechts genügen. Dies zu prüfen ist Sache der mitgliedstaatlichen Gerichte.
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Entscheidungsdatum: 09.09.2020
Aufbereitet am: 05.11.2020
2147
Keine asylrelevante Gruppenverfolgung alleinstehender Frauen in (kurdisch kontrollierten Teilen) Syrien(s)
Leitsätze
I. Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine asylrelevante Gruppenverfolgung alleinstehender Frauen in Syrien. Für kurdisch kontrollierte Gebiete existieren solche erst recht nicht auf Grund bestehender Gleichstellungsbestrebungen. II. Die allgemein "schlechte" Lage im Bürgerkriegs-Staat Syrien verpflichtet zur Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 8 Abs 1 Z 1 AsylG), nicht aber des Status des Asylberechtigten iSd § 3 AsylG.
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Entscheidungsdatum: 02.06.2020
Aufbereitet am: 04.11.2020
2146
Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten iZm Covid-19-Pandemie in Afghanistan
Leitsätze
I. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend. II. Das BVwG hat seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten. Dieser Zeitpunkt ist bei der Entscheidung durch einen Einzelrichter der Zeitpunkt der Zustellung (oder Verkündung) der Entscheidung des BVwG.
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Entscheidungsdatum: 06.07.2020
Aufbereitet am: 03.11.2020
2145
Verhältnismäßigkeitsprüfung iSd Art 21 Abs 7 StudentenRL
Leitsätze
I. Das VwG ist nicht gehalten, seine Entscheidungspflicht gemäß § 34 Abs 1 VwGVG ("ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate" nach Einlangen der Beschwerde) zu missachten, um seiner Entscheidung einen anderen, für die Revisionswerberin günstigeren Beurteilungszeitraum zugrunde legen zu können. II. Dass gemäß Art 21 Abs 7 der RL (EU) 2016/801 ua im Fall einer Abweisung eines Verlängerungsantrages die konkreten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren sind, ist nicht dahin gehend auszulegen, dass die nationalen Regelungen oder die nationale Verwaltungspraxis außer Acht zu lassen wären. Allerdings ist im Einzelfall zu prüfen, ob es unverhältnismäßig wäre, ungeachtet der Nichterfüllung der nationalen Vorgaben einen ausreichenden Studienerfolg zu verneinen. III. Es ist nicht erkennbar, dass Probleme mit der Lehrveranstaltungsleiterin, der Wunsch nach einer besseren Note oder der Irrtum hinsichtlich des Beurteilungszeitraumes geeignet wären, eine Unverhältnismäßigkeit aufzuzeigen. IV. Es ist nicht auszuschließen, dass die Revisionswerberin im Rahmen einer Verhandlung darlegen hätte können, dass iZm der Bachelorarbeit die Verpflichtung zum Nachweis eines ausreichenden Studienerfolges im Studienjahr 2017/2018 für sie unverhältnismäßig sei, zumal sie die Vorgabe von 16 ECTS-Punkten mit den nachgewiesenen 15 ECTS-Punkten nur knapp unterschritt und im Studienjahr 2018/2019 mit 40 ECTS-Punkten erfüllte. V. Im Anwendungsbereich des Art 47 GRC erübrigt sich im Fall der Unterlassung einer nach dieser Bestimmung gebotenen mündlichen Verhandlung die Darlegung der Relevanz des in der Unterlassung der Durchführung der Verhandlung gelegenen Verfahrensmangels.
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Entscheidungsdatum: 03.06.2020
Aufbereitet am: 02.11.2020
2144
Keine unzulässige Ungleichbehandlung von ordentlichen und außerordentlichen Studierenden nach § 64 Abs 2 NAG
Leitsätze
Dem klaren Wortlaut des § 64 Abs 2 NAG zufolge haben sowohl ordentliche als auch außerordentliche Studierende für die Verlängerung ihres Aufenthaltstitels einen Studienerfolgsnachweis nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften zu erbringen; außerordentliche Studierende iSd § 64 Abs 1 Z 4 NAG haben darüber hinaus spätestens innerhalb von zwei Jahren die Zulassung zu einem (ordentlichen) Studium nachzuweisen. Wenn für die Erfüllung der Zulassungsbedingungen eine andere Frist vorgesehen ist als für den Nachweis eines ausreichenden Studienerfolgs, der grundsätzlich für jedes Studienjahr zu erbringen ist, kann darin keine unzulässige Ungleichbehandlung erblickt werden.
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Entscheidungsdatum: 27.05.2020
Aufbereitet am: 30.10.2020
2143
Rechtswidrigkeit der Schubhaft sofern eine Abschiebung aufgrund der Lage im Zusammenhang mit Covid-19 realistisch gesehen nicht zeitgerecht möglich ist
Leitsätze
I. Die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. II. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw ist diese – sofern sich dieser Umstand erst später herausstellt – umgehend zu beenden.
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Entscheidungsdatum: 24.03.2020
Aufbereitet am: 29.10.2020
2142
Evidente Fluchtgefahr bei Verschleierung der Identität durch Vorlage gefälschter Dokumente
Leitsätze
I. Maßgeblich für einen Ersatz der Schubhaft durch gelindere Mittel kann nur sein, wenn infolge der Covid-19-Entwicklungen die Überstellung im sonst üblichen Zeitrahmen nicht möglich sein sollte. II. Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel.
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Entscheidungsdatum: 23.03.2020
Aufbereitet am: 28.10.2020
2141
Zur Bindungswirkung der Rechtskraft des Zuerkennungsbescheides im Aberkennungsverfahren
Leitsätze
I. Unter Berücksichtigung der Rechtskraftwirkung von Bescheiden ist es gemäß VwGH-Rsp nicht zulässig, die Aberkennung gemäß § 9 Abs 1 Z 1 zweiter Fall AsylG auszusprechen, obwohl sich der Sachverhalt seit der Zuerkennung des subsidiären Schutzes bzw der erfolgten Verlängerung nicht geändert hat. II. Ebenso ist laut VfGH-Rsp keine Neubewertung eines rechtskräftig entschiedenen Sachverhalts erlaubt sondern kommt eine Aberkennung nach § 9 Abs 1 Z 1 zweiter Fall AsylG lediglich dann in Frage, wenn sich die Umstände nach der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten maßgeblich geändert haben.
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Entscheidungsdatum: 23.03.2020
Aufbereitet am: 27.10.2020
2140
Berücksichtigung der konkreten Ausschöpfung des Strafrahmens bei der Bemessung eines in diesem Zusammenhang erlassenen Aufenthaltsverbotes
Leitsätze
I. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger ist zulässig, wenn aufgrund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen. II. Bei der Festsetzung des Aufenthaltsverbotes ist auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insb auch auf die privaten und familiären Verhältnisse.
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Entscheidungsdatum: 24.03.2020
Aufbereitet am: 23.10.2020
2139
Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 FPG und Covid-19
Leitsätze
I. Zwar sind die Verlängerungstatbestände des § 55 Abs 2 und 3 FPG für die ansonsten grundsätzlich 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise taxativ gefasst, allerdings steht dies einer Erweiterung im Wege der Analogie nicht entgegen. II. Auf Grund der derzeitigen weltweiten Covid-19-Pandemie sind die Reisemöglichkeiten nach Indien stark eingeschränkt, auch die Rückkehrberatung und die Unterstützung vor Ort sind nicht möglich. Eine Prognose, dass dieser Zustand noch drei Monate lang anhalten könnte, rechtfertigt eine Erstreckung der freiwilligen Ausreisefrist iSd § 55 FPG per analogiam auf 91 Tage.
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Entscheidungsdatum: 02.06.2020
Aufbereitet am: 22.10.2020
2138
Zur Gefährdungsprognose nach § 11 Abs 4 Z 1 NAG
Leitsätze
I. Die einzelfallbezogene Beurteilung der Gefährdungsprognose ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rsp entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht reversibel. II. Nach stRsp des VwGH ist bei der Auslegung des § 11 Abs 4 Z 1 NAG eine das Gesamtverhalten des Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung geboten. Im Rahmen dieser Prognoseentscheidung ist die Behörde bzw das VwG berechtigt, alle den antragstellenden Fremden betreffenden relevanten Umstände zu berücksichtigen, aber auch verpflichtet, diese einer auf ihn bezogenen Bewertung zu unterziehen.
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Entscheidungsdatum: 27.05.2020
Aufbereitet am: 21.10.2020
2137
Zur Verhältnismäßigkeit von "notwendigen Kosten" einer Flugabschiebung
Leitsätze
I. Das BFA hat in der ex-ante Betrachtung das Verhalten der fremden Person im Hinblick auf allfällige Widerstandsleistungen gegen die Abschiebung oder sonstige sicherheitsrelevante Vorkommnisse während des Abschiebevorgangs zu beurteilen und allenfalls die Anzahl der begleitenden Personen festzusetzen. II. Die Verpflichtung zum Kostenersatz einer Abschiebung erstreckt sich immer nur auf die "notwendigen Kosten", wobei der Behörde bei deren Bestimmung ein großer Ermessensspielraum zukommt. III. Die Beurteilung, ob es sich um "notwendige Kosten" einer Abschiebung handelt, ist aus einer ex-ante Betrachtung vorzunehmen. Bei einer Flugabschiebung kann davon ausgegangen werden, dass der Einsatz von drei Polizeibeamten im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit sowie aufgrund der Eigensicherung der Beamten verhältnismäßig ist. Dies gilt umso mehr, wenn Widerstandsleistungen der abzuschiebenden Person nicht ausgeschlossen werden können.
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Entscheidungsdatum: 09.03.2020
Aufbereitet am: 20.10.2020
2136
Entlassung aus der Schubhaft aufgrund der Covid-19-Pandemie trotz bestehender Fluchtgefahr
Leitsätze
I. Ist der Zeitpunkt der Erlangung eines Heimreisezertifikats und jener der Abschiebung (hier aufgrund der Covid-19-Pandemie) nicht absehbar, so ist die betroffene Person aus der Schubhaft zu entlassen. II. Bei wiederkehrender Straffälligkeit, Obdachlosigkeit, fehlender Integration, Beschäftigungslosigkeit und dem Vorliegen einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung ist jedenfalls von einer Fluchtgefahr iSd § 76 Abs 3 Z 3 und Z 9 FPG auszugehen.
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Entscheidungsdatum: 10.06.2020
Aufbereitet am: 19.10.2020
2135
Erhalt der Erwerbstätigeneigenschaft infolge unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach kurzer Beschäftigung im Aufnahmemitgliedstaat
Leitsätze
I. Persönlich von Art 7 Abs 3 RL 2004/38/EG erfasst sind im Einklang mit der Vorjudikatur alle erwerbstätigen Unionsbürger, also Arbeitnehmer wie Selbstständige. II. Tatbildliche "unfreiwillige Arbeitslosigkeit" iSd Art 7 Abs 3 lit c zweiter Fall RL 2004/38/EG ist immer dann gegeben, wenn ein Erwerbstätiger aus von seinem Willen unabhängigen Gründen gezwungen war, seine Erwerbstätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat vor Ablauf eines Jahres zu beenden. Davon betroffenen Unionsbürgern bleibt die Erwerbstätigen-Eigenschaft iSd Art 7 Abs 1 lit a RL 2004/38/EG erhalten, die Mitgliedstaaten können dies zeitlich begrenzen (Untergrenze 6 Monate). III. Hinsichtlich der Reichweite des Anspruchs derart weiter aufenthaltsberechtigter Unionsbürger auf Gewährung von Sozialleistungen ist das Gleichbehandlungsgebot des Art 24 Abs 1 RL 2004/38/EG zu beachten.
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Entscheidungsdatum: 11.04.2019
Aufbereitet am: 15.10.2020
2134
Keine Interessenabwägung nach § 11 Abs 3 NAG bei Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen
Leitsätze
Lediglich bei Vorliegen bestimmter Erteilungshindernisse gemäß § 11 Abs 1 NAG bzw in Ermangelung einer Voraussetzung gemäß § 11 Abs 2 NAG ist gemäß § 11 Abs 3 NAG zu prüfen, ob ein Aufenthaltstitel erteilt werden kann, weil dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art 8 EMRK geboten ist. Das LVwG unterliegt somit einem Rechtsirrtum, wenn es - obwohl das Vorliegen eines Erteilungshindernisses gemäß § 11 Abs 1 Z 3, 5 oder 6 NAG bzw das Fehlen einer Voraussetzung gemäß § 11 Abs 2 Z 1 bis 7 NAG nicht festgestellt wurde - eine Abwägung nach § 11 Abs 3 NAG durchführte. Vielmehr wäre bei Vorliegen sämtlicher Erteilungsvoraussetzungen der beantragte Aufenthaltstitel zu erteilen gewesen.
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Entscheidungsdatum: 27.05.2020
Aufbereitet am: 14.10.2020
2133
(Geplante) Wiederaufnahme des aufenthaltsrechtlichen Erstverfahrens entbindet nicht von Entscheidungspflicht im Verlängerungsverfahren
Leitsätze
Die Verlängerung eines Aufenthaltstitels setzt eine aufrechte Titelerteilung voraus (vgl § 24 und § 2 Abs 1 Z 11 NAG). Selbst ein Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung würde nichts an der Entscheidungspflicht der Behörde ändern. Die Behörde (bzw das LVwG) hat im Verlängerungsverfahren zu prüfen, ob der zu verlängernde Aufenthaltstitel dem Rechtsbestand angehört, und ihre (bzw seine) - allenfalls auch negativ ausfallende - Entscheidung innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Entscheidungsfrist zu treffen.
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Entscheidungsdatum: 03.06.2020
Aufbereitet am: 13.10.2020