Leitsätze
1538
Verkürzung der Beschwerdefrist - Aufhebung von Bestimmungen des BFA-VerfahrensG
Leitsätze
Mangels Erforderlichkeit einer vom VwGVG abweichenden Regelung werden Bestimmungen des BFA-VG über die verkürzte Frist für Beschwerden gegen negative Entscheidungen über die Zuerkennung und Aberkennung des Status eines Asylberechtigten und eines subsidiär Schutzberechtigten im Falle einer damit verbundenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme als verfassungswidrig aufgehoben.
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Entscheidungsdatum: 26.09.2017
Aufbereitet am: 03.11.2017
1537
Bindung an den Obsorgebeschluss auch bei gegenteiliger Altersangabe durch den Antragsteller
Leitsätze
I. Der Gerichtsbeschluss über die Betrauung der Kinder- und Jugendhilfe mit der Obsorge eines Minderjährigen ist bindend, solange er dem Rechtsbestand angehört. II. Das BFA ist verpflichtet, den gesetzlichen Vertreter eines minderjährigen Asylwerbers zur Einvernahme zu laden und diesen nur in Beisein seines gesetzlichen Vertreters zu befragen.
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Entscheidungsdatum: 19.10.2017
Aufbereitet am: 03.11.2017
1536
Zum notwendigen Krankenversicherungsschutz iSd § 11 Abs 2 Z 3 NAG
Leitsätze
I. Ein alle Risiken abdeckender Krankenversicherungsschutz einer Privatversicherung iSd § 11 Abs 2 Z 3 NAG-2005 liegt nur dann vor, wenn der Leistungsumfang der Privatversicherung im Wesentlichem jenem der gesetzlichen Pflichtversicherung entspricht. II. Unerheblich ist im Zusammenhang mit der Beurteilung einer Privatversicherung gemäß § 11 Abs 2 Z 3 NAG-2005, ob bzw unter welchen Konditionen eine entsprechende Privatversicherung am Markt angeboten wird, kann doch die Auslegung eines gesetzlichen Tatbestands nicht von einem solchen Umstand abhängen. III. Es kommt auch nicht darauf an, wie die diesbezügliche Regelung im FrPolG-2005 im Hinblick auf den Visakodex auszulegen ist, geht es doch dabei nicht um die Erteilung eines Visums nach dem FrPolG-2005, sondern um die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach dem NAG-2005. IV. Zwar ist auch der Leistungsumfang der gesetzlichen Pflichtversicherung nicht unbeschränkt, setzt doch der Versicherungsfall der Krankheit neben dem Vorliegen einer Krankheit als regelwidrigem Körper- und Geisteszustand die Notwendigkeit einer ärztlichen Behandlung, bei Anstaltspflege zudem das Erfordernis einer stationären Behandlung, voraus. Demnach besteht eine Leistungspflicht der gesetzlichen Pflichtversicherung für "Behandlungsfälle", nicht jedoch für bloße "Asylierungsfälle" oder "Pflegefälle". Krankenhausaufenthalte, die nur die fehlende häusliche Pflege ersetzen, ohne der erfolgversprechenden Behandlung der Krankheit zu dienen oder eine Unterbringung, die eine im öffentlichen Interesse liegende Gefahrenabwehr bezweckt (zB Ausnüchterung nach missbräuchlichem Alkoholkonsum), sind von der Leistungspflicht der gesetzlichen Pflichtversicherung nicht umfasst. V. Sieht die Privatversicherung Leistungsausschlüsse nicht nur in Bezug auf "Asylierungs- oder Pflegefälle", sondern ebenso für "Behandlungsfälle" vor, so bleibt der Leistungsumfang der Privatversicherung hinter jenem der gesetzlichen Pflichtversicherung zurück. Eine derart gestaltete Privatversicherung stellt keinen Nachweis eines "alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutzes" iSd § 11 Abs 2 Z 3 NAG-2005 dar.
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Entscheidungsdatum: 07.12.2016
Aufbereitet am: 02.11.2017
1535
Zweieinhalb Jahre dauernde Schubhaft während Gültigkeit einer vorläufigen Maßnahme des EGMR, die der Abschiebung entgegenstand
Leitsätze
I. Die Anhaltung einer Person, gegen die iSv Art 5 Abs 1 lit f EMRK "ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist" setzt voraus, dass eine realistische Aussicht auf eine Abschiebung besteht. Eine Empfehlung des EGMR nach Art 39 VerfO, von einer Abschiebung abzusehen, kann nicht als Rechtfertigung dafür herangezogen werden, eine Person unbefristet anzuhalten, ohne ihren rechtlichen Status zu klären. II. Die Tatsache, dass ein Ausweisungsverfahren wegen einer Empfehlung des EGMR nach Art 39 VerfO vorübergehend ausgesetzt wird, macht für sich alleine die Schubhaft nicht unrechtmäßig, solange die Behörden nach wie vor die Ausweisung anstreben und damit ein Ausweisungsverfahren "im Gange ist". III. Die Schubhaft wird nicht unverhältnismäßig verlängert, wenn die Behörden ein Leiturteil des EGMR in einem ähnlichen Fall (hier: Zulässigkeit von Abschiebungen nach Mogadischu) und die damit verbundene Aufhebung einer vorläufigen Maßnahme abwarten. IV. Einen in Schubhaft angehaltenen Beschwerdeführer in Entscheidungen über die Fortsetzung der Schubhaft in sachlichen und neutralen Formulierungen auf die Möglichkeit einer Verkürzung der Haft durch die Zurückziehung der Beschwerde an den EGMR und die freiwillige Ausreise hinzuweisen, bedeutet keine gegen Art 34 EMRK verstoßende Ausübung unzulässigen Drucks, um ihn von der Weiterverfolgung seiner Beschwerde abzubringen.
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Entscheidungsdatum: 02.03.2017
Aufbereitet am: 31.10.2017
1534
Ausweisung eines als Kleinkind eingewanderten Nigerianers wegen fortgesetzter schwerer Straffälligkeit
Leitsätze
I. Die Ausweisung eines langjährig niedergelassenen Fremden, der ein Kind mit einer Angehörigen des Aufenthaltsstaats hat, begründet einen Eingriff in sein Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Bei der Beurteilung, ob ein solcher Eingriff notwendig ist, kommt den Mitgliedstaaten ein gewisser Ermessensspielraum zu. Dieser geht allerdings mit einer "europäischen Kontrolle" einher, weshalb dem EGMR die Letztentscheidung darüber zusteht, ob eine Ausweisung mit Art 8 EMRK vereinbar ist. II. Die Notwendigkeit einer "europäischen Kontrolle" bedeutet nicht, dass der EGMR bei der Entscheidung darüber, ob die angefochtene Maßnahme einen fairen Ausgleich zwischen den berührten Interessen getroffen hat, eine neue Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art 8 EMRK durchführen muss. Es ist bei Fällen, die eine behauptete Verletzung von Art 8 EMRK betreffen, vielmehr nicht Sache des EGMR, seine eigene Einschätzung an die Stelle jener der unabhängigen und unparteiischen nationalen Gerichte zu stellen, wenn diese die Tatsachen sorgfältig erhoben, die Menschenrechtsstandards entsprechend der EMRK und der Rechtsprechung des EGMR angewandt und die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers angemessen gegen das allgemeine öffentliche Interesse abgewogen haben. Etwas anderes gilt nur, wenn starke Gründe für ein Abweichen von diesem Ansatz sprechen. III. Im vorliegenden Fall kamen die innerstaatlichen Behörden und Gerichte nach einer sorgfältigen und gründlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art 8 EMRK unter Heranziehung der relevanten, in der Judikatur des EGMR entwickelten Kriterien, zu dem Ergebnis, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers keinen unverhältnismäßigen Eingriff in sein Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens begründen würde. Angesichts seiner langen und eskalierenden Straffälligkeit, die er nach einer Verwarnung und nach Erreichen der Volljährigkeit fortgesetzt hat, sieht der EGMR keinen Grund, die Entscheidung der innerstaatlichen Behörden in Zweifel zu ziehen. Des Weiteren liegen auch keine wesentlichen Änderungen der Umstände des Beschwerdeführers seit der letzten innerstaatlichen Entscheidung vor. IV. In Ausweisungsfällen können Fremde im Hinblick auf Art 14 EMRK nicht mit den Staatsangehörigen des Aufenthaltsstaats verglichen werden, die ein Aufenthaltsrecht haben und nicht ausgewiesen werden können.
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Entscheidungsdatum: 14.09.2017
Aufbereitet am: 30.10.2017
1533
Keine Parteistellung einer Gemeinde im Verfahren nach dem BVG über die Unterbringung und Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden
Leitsätze
Mangels Parteistellung einer Gemeinde nach dem BVG-Unterbringung kommt es durch die Zurückweisung der Beschwerde der Stadt Wels gegen einen Bescheid des Innenministers in Ausübung des Durchgriffsrechts für die Unterbringung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden zu keiner Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte.
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Entscheidungsdatum: 28.09.2017
Aufbereitet am: 27.10.2017
1532
Verfolgung wegen Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie
Leitsätze
I. Wenn die Beschwerdeführerin nicht wegen einer von ihr selbst vertretenen politischen Überzeugung verfolgt wird, ihr als Verwandter der politisch Verfolgten jedoch Übergriffe im Sinne einer sogenannten "Sippenhaftung" drohen, stellt dies eine Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe, nämlich der Familie, dar. II. Selbst wenn diese Verfolgung nicht von staatlichen Stellen ausgehen sollte, aber nicht damit gerechnet werden kann, dass der staatliche Sicherheitsapparat vor Übergriffen schützen werde, ist mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr in ihren Heimatstaat einer Verfolgung ausgesetzt wäre.
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Entscheidungsdatum: 24.11.2014
Aufbereitet am: 25.10.2017
1531
Unverhältnismäßige Schubhaft bei später Beantragung des Heimreisezertifikates
Leitsätze
Die Anhaltung in Schubhaft ist als unverhältnismäßig anzusehen, wenn ein bisher im Inland nicht straffällig gewordener Beschwerdeführer in Haft über Monate von seiner Familie getrennt würde, weil ein Heimreisezertifikat sehr spät beantragt wird und seine Erlangung innerhalb der gesetzlichen Haftfrist ungewiss ist.
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Entscheidungsdatum: 27.06.2017
Aufbereitet am: 24.10.2017
1530
EuGH weist die Klagen der Slowakei und Ungarns gegen die vorläufige obligatorische Regelung zur Umsiedlung von Asylbewerbern ab
Leitsätze
I. Beschluss (EU) 2015/1601 (Relocation) stellt einen Rechtsakt ohne Gesetzescharakter dar und durfte daher außerhalb eines Gesetzgebungsverfahrens erlassen werden. Der Rat war nicht verpflichtet, den angefochtenen Beschluss einstimmig anzunehmen. II. Die im angefochtenen Beschluss vorgesehene Umsiedlungsregelung stellt keine Maßnahme dar, die offensichtlich ungeeignet wäre, zur Erreichung der Ziele des Beschlusses beizutragen.
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Entscheidungsdatum: 06.09.2017
Aufbereitet am: 23.10.2017
1529
Ermittlungspflichten der VwG im Zusammenhang mit einer im Ausland geschlossenen Ehe
Leitsätze
I. Ob es sich bei einer im Ausland geschlossenen Ehe um eine gültige Ehe handelt, ist nach ausländischem Recht bzw der Anwendungspraxis der ausländischen Behörden zu beurteilen. Es ist nicht auf die Anwendungspraxis der österreichischen Behörden abzustellen. II. Das sogenannte Überraschungsverbot ist auch im Verwaltungsverfahren anzuwenden. Unter dem Überraschungsverbot ist das Verbot zu verstehen, dass die Behörde in ihre rechtliche Würdigung Sachverhaltselemente einbezieht, die der Partei nicht bekannt waren.
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Entscheidungsdatum: 27.06.2017
Aufbereitet am: 18.10.2017
1528
Unzuständigkeitseinrede eines zuständigen Richters
Leitsätze
Für die Aufteilung der von den VwG zu besorgenden Geschäfte "auf die Einzelrichter und Senate" gilt der Grundsatz der festen Geschäftsverteilung (Art 135 Abs 2 B-VG). Die feste Geschäftsverteilung hat für jene Fälle, in denen eine Zuständigkeit der Einzelrichter besteht, genau zu bestimmen, welche Einzelrichter zuständig sind, darüber hinaus aber auch die Vertreter im Fall einer Verhinderung und die Reihenfolge, in der diese eintreten.
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Entscheidungsdatum: 26.04.2017
Aufbereitet am: 17.10.2017
1527
Kein Sicherungsbedarf bei grundsätzlicher Mitwirkung
Leitsätze
Der zutreffende Vorwurf eines Meldevergehens für eine Zeitspanne von 22 Tagen fällt nach Ansicht des BVwG nur mäßig ins Gewicht, wenn sich die Beschwerdeführerin nach diesen 3 Wochen aus Eigenem wieder behördlich gemeldet hat.
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Entscheidungsdatum: 28.02.2017
Aufbereitet am: 16.10.2017
1526
Verzögerte Weiterleitung der Beschwerde führt zu fehlender Grundlage der Schubhaft
Leitsätze
Ein nicht rechtzeitiges Weiterleiten einer Beschwerde – wenn auch aufgrund eines Irrtums – an das BVwG lässt den angefochtenen Bescheid nicht rechtskräftig werden. Die Erlassung der Schubhaft entbehrt damit ihrer Grundlage.
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Entscheidungsdatum: 27.07.2017
Aufbereitet am: 12.10.2017
1525
Zentrales Melderegister für das Tatbestandsmerkmal "dauerhaft in Österreich wohnhaft" nicht alleine maßgebend
Leitsätze
I. Aus der Eintragung "obdachlos" im Zentralen Melderegister darf nicht der Schluss gezogen werden, dass diese Person nicht "dauernd in Österreich wohnhaft" iSd § 47 Abs 1 NAG ist. II. Das LVwG hätte sich nicht auf die Eintragung im Zentralen Melderegister stützen dürfen; es hätte vielmehr die tatsächlichen Wohnverhältnisse des Zusammenführenden festzustellen gehabt.
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Entscheidungsdatum: 20.06.2017
Aufbereitet am: 11.10.2017
1524
Rückstufung bei Aufenthaltsverfestigung zulässig
Leitsätze
I. Gemäß § 52 Abs 5 FPG-2005 ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung zulässig, wenn der weitere Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt. Bei der Prüfung, ob die Annahme einer solchen Gefährdung gerechtfertigt ist, muss eine das Gesamtverhalten des Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung vorgenommen werden (vgl VwGH 20.10.2016, 2016/21/0289). II. Um von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der vom Fremden ausgehenden Gefährlichkeit ausgehen zu können, bedarf es eines Zeitraums des Wohlverhaltens, wobei in erster Linie das in Freiheit gezeigte Wohlverhalten maßgeblich ist (vgl VwGH 22.1.2015, Ra 2014/21/0009). III. § 28 Abs 1 NAG idF vor der Nov BGBl I 87/2012 forderte für die Rückstufung, dass zwar alle Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorliegen, diese aber in Hinblick auf den Schutz des Privat- oder Familienlebens unzulässig ist (§§ 28 Abs 1 NAG iVm 61, 63 f FPG jeweils in der Fassung vor der Nov BGBl I 87/2012). Voraussetzung zur Erlassung des Aufenthaltsverbots war ua das Nicht-Vorliegen einer Aufenthaltsverfestigung iSd § 64 idF vor der Nov BGBl I 87/2017. Lag eine Aufenthaltsverfestigung vor, stand dies der Erlassung einer Rückkehrentscheidung entgegen. Es lagen nicht alle Voraussetzungen für die Rückkehrentscheidung vor, weswegen keine Rückstufung stattfinden konnte. IV. § 28 Abs 1 NAG idF BGBl 87/2012 fordert für die Rückstufung nunmehr, dass zwar alle Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorliegen, diese aber in Hinblick auf § 9 BFA-VG nicht verhängt werden kann. Im Unterschied zur bisherigen Rechtslage enthält § 9 BFA-VG aber nicht nur das Privat- und Familienleben, sondern auch die Aufenthaltsverfestigung. Aus dem Verweis in § 28 Abs 1 NAG-2005 auf den gesamten § 9 BFA-VG ergibt sich, dass nunmehr eine Rückstufung zulässig ist, wenn die aufenthaltsbeendende Maßnahme entweder im Hinblick auf den Schutz des Privat- und Familienlebens oder wegen Vorliegens einer Aufenthaltsverfestigung nicht verhängt werden darf. Nach der neuen Rechtslage kommt der Aufenthaltsverfestigung dieselbe Bedeutung zu wie dem Privat- und Familienleben. Beides hindert eine Rückstufung nicht.
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Entscheidungsdatum: 27.04.2017
Aufbereitet am: 10.10.2017
1523
Art 7 ARB vermittelt ein unmittelbares Aufenthaltsrecht
Leitsätze
I. Türkischen Familienangehörigen, denen die Rechtsstellung nach Art 7 erster Satz zweiter Gedankenstrich ARB 1/80 zukommt, verfügen über ein individuelles Recht auf freien Zugang zur Beschäftigung im Aufnahmestaat, was zwangsläufig ein Aufenthaltsrecht voraussetzt. II. Das Aufenthaltsrecht ist Folge des Rechts auf freien Zugang zur Beschäftigung im Aufnahmemitgliedstaat; es wird nicht durch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis begründet, sondern steht dem Betroffenen unmittelbar aufgrund des ARB 1/80 zu. III. Stellen die Behörden des Aufnahmestaates bei Vorliegen eines Aufenthaltsrechts gemäß Art 7 Abs 1 zweiter Gedankenstrich ARB 1/80 eine Aufenthaltserlaubnis aus, so hat diese nur deklaratorische Bedeutung. IV. Eine Aufenthaltsbewilligung "Familiengemeinschaft" (§ 69 Abs 1 NAG) berechtigt nicht unmittelbar zur Ausübung einer Beschäftigung und ist daher ungeeignet, Familienangehörigen Zugang zum Arbeitsmarkt gemäß Art 7 Abs 1 zweiter Gedankenstrich ARB 1/80 zu verschaffen.
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Entscheidungsdatum: 27.04.2017
Aufbereitet am: 09.10.2017
1522
Nichtigerklärung einer Ehe ist keine Voraussetzung für die Feststellung einer Aufenthaltsehe
Leitsätze
I. Dass die Ehe zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Gattin (noch) nicht durch ein Gerichtsurteil für nichtig erklärt worden ist, ist insofern nicht relevant, als die Nichtigerklärung einer Ehe gemäß § 23 EheG keine Voraussetzung für die Feststellung des Bestehens einer Scheinehe (Aufenthaltsehe) darstellt. II. Das Eingehen und Bestehen einer Aufenthaltsehe zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Gattin begründet die Annahme, dass durch das Verhalten des Beschwerdeführers eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliegt, sodass ihm ein Aufenthaltsrecht nach § 54 NAG nicht zukommt und er ausgewiesen werden kann.
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Entscheidungsdatum: 27.07.2017
Aufbereitet am: 05.10.2017
1521
Bescheidaufhebung bei unbrauchbaren behördlichen Ermittlungen
Leitsätze
Ist ein Verfahren im Ergebnis so mangelhaft, dass dadurch die in den §§ 37 und 39 Abs 2 AVG normierten Grundsätze der Offizialmaxime und der materiellen Wahrheit missachtet werden, ist die Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheides geboten. Die Behörde hat dann in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen durch Fragestellung oder in anderer geeigneter Weise darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen und lückenhaften Angaben gemacht werden.
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Entscheidungsdatum: 27.06.2017
Aufbereitet am: 04.10.2017
1520
Keine Schubhaft weniger als 48 Stunden vor der Abschiebung
Leitsätze
Wenn zwischen der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft und seiner geplanten Abschiebung weniger als 48 Stunden liegen, könnte die Sicherung der Abschiebung auch durch die Anhaltung in Folge einer Festnahme mit gleicher Effektivität erreicht werden. Die Anordnung der Schubhaft ist in einem solchen Fall daher nicht zulässig.
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Entscheidungsdatum: 29.06.2017
Aufbereitet am: 03.10.2017
1519
Soziale Gruppe der alleinstehenden, von lebensbedrohlicher Existenznot betroffenen Frauen in China
Leitsätze
Eine asylrechtliche Verfolgung iSd GFK kann in der behaupteten "sozialen Gruppe der alleinstehenden, von lebensbedrohlicher Existenznot betroffenen Frauen" nicht erkannt werden. Weder reicht diese Konstellation unter Zugrundelegung der Verhältnisse in China zur Annahme einer geschlechtsspezifischen Verfolgung aus, noch lässt sich darin ein angeborenes oder unveränderliches soziales Merkmal, das die Beschwerdeführerin mit einer Gruppe teilt, ausmachen, noch eine Glaubensüberzeugung oder ein Merkmal einer Gruppe, das in China so bedeutsam für deren deutlich abgegrenzte Identität wäre, dass sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet werden würde, wobei eine soziale Gruppe sich auch nicht ausschließlich dadurch definiert, dass sie Zielscheibe von Verfolgung ist.
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Entscheidungsdatum: 11.07.2017
Aufbereitet am: 02.10.2017