Aktueller Leitsatz der Redaktion
2707
Überschießende Spracherfordernisse für "Assoziationstürken" im Kontext der Familienzusammenführung als unionsrechtswidrige neue Beschränkung
Leitsätze
I. Grundsätzlich sind neue Beschränkungen für türkische Arbeitnehmer im nationalen Recht der EU-Mitgliedstaaten im Vergleich zur Rechtslage zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des ARB (Beschluss 1/80 Assoziationsrat EWG - Türkei) nach dessen Art 13 verboten. Sie können aber nach Maßgabe des Art 14 ARB aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sein. Darüber hinaus sind (ungeschriebene) zwingende Gründe des Allgemeininteresses anerkannt. Neue Beschränkungen müssen darüber hinaus mit Blick auf das verfolgte Ziel geeignet und erforderlich sein (Verhältnismäßigkeit). II. Eine Regelung im Recht eines EU-Mitgliedstaats, die für türkische Staatsangehörige bei Inanspruchnahme der Familienzusammenführung eine neue Hürde aufstellt, ist als neue Beschränkung iSd Art 13 ARB zu qualifizieren. III. Die erfolgreiche Integration der zuzugswilligen Familienangehörigen türkischer Arbeitnehmer ist ein anerkannter zwingender Grund des Allgemeininteresses. IV. Eine nationale Regelung, die für die Familienzusammenführung als neue Beschränkung fordert, dass der Zusammenführende eine Sprachprüfung eines bestimmten Niveaus vorlegt, dessen sonstige Integrationsfortschritte aber nicht berücksichtigt und auch die Integrationsfähigkeitsmerkmale der zuzugswilligen Familienangehörigen außer Acht lässt, wird dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht gerecht, weil sie über das für die Sicherstellung der Integration Erforderliche hinausgeht.
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Aufbereitet am: 31.03.2023

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