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256
Unterstellte oppositionelle Gesinnung von syrischen Staatsangehörigen
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Das syrische Regime ist besonders rasch darin, ausgereisten Staatsangehörigen eine oppositionelle Gesinnung zu unterstellen. Dieses Phänomen tritt gerade bei Wehrdienstverweigerung auf. II. Für die Beurteilung der Asylberechtigung von (behaupteten) syrischen Wehrdienstverweigerern sind folgende Parameter in Rechnung zu stellen: Vorliegen eines konkreten Einberufungsbefehls; wehrfähiges Alter (eine Rekrutierung trotz Überschreitens kommt idR nur bei besonders Qualifizierten vor); bereits abgeschlossene Absolvierung des Militärdiensts; Kontrolle der Heimatregion durch staatliche Organe; Kenntnis des syrischen Regimes vom Aufenthalt in Österreich und dem dortigen Asylverfahren.
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257
Lange Aufenthaltsdauer, private Integration und Gesinnungswandel vs strafrechtliche Verurteilung und mangelnde berufliche Integration
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Da ein zehn Jahre übersteigender Aufenthalt von Asylwerbern nach der höchstgerichtlichen Judikatur sehr stark für einen Verbleib in Österreich spricht, muss dies grds umso mehr bei einem 18 Jahre andauernden Aufenthalt von Fremden, denen bereits der Status von Asylberechtigten zuerkannt wurde, gelten. II. Bei einer Interessenabwägung im Zusammenhang mit einem mehrere Jahre andauernden Aufenthalt sind die Wertungen der ehemaligen Aufenthaltsverfestigungstatbestände des § 9 Abs 4 BFA-VG (aufgehoben durch das FrÄG 2018, BGBl I 56/2018) weiterhin zu beachten. Aus diesem Grund ist die Beendigung eines qualifizierten, lange andauernden Aufenthalts einer fremden Person nur verhältnismäßig, wenn diese eine besonders verwerfliche Straftat begangen hat, aus welcher eine maßgebliche Gefährdung öffentlicher Interessen resultiert. III. Die Vorlage einer Einstellungszusage ist bei einer Abwägung im Rahmen einer Aufenthaltsbeendigung iSd beruflichen Integration positiv zu werten. Allerdings wird dies relativiert, wenn die fremde Person trotz eines langjährigen Aufenthalts nur eine spärliche Berufserfahrung vorweisen kann und nicht nur vorübergehend auf Transferleistungen der öffentlichen Hand angewiesen ist.
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258
Von nationalen Gerichten vorgenommene Interessenabwägung vor Ausweisung ohne ausdrücklichen Verweis auf Judikatur des EGMR
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Obwohl Art 8 EMRK keiner Kategorie von Fremden ein absolutes Recht gewährt, nicht ausgewiesen zu werden, gibt es Umstände, unter denen eine Ausweisung gegen Art 8 EMRK verstößt. Die vom EGMR zur Beurteilung der Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung herangezogenen Kriterien wurden in Boultif/CH dargelegt. In Üner/NL strich der EGMR zwei weitere Kriterien hervor: das Kindeswohl und die Stärke der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gast- und zum Herkunftsstaat. II. Bei der Einschätzung der Notwendigkeit eines Eingriffs in ein durch Art 8 EMRK geschütztes Recht genießen die Mitgliedstaaten einen gewissen Ermessensspielraum. Es ist nicht Aufgabe des EGMR, die von den nationalen Gerichten vorgenommene Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art 8 EMRK erneut durchzuführen, wenn unabhängige und unparteiische innerstaatliche Gerichte den Sachverhalt sorgfältig geprüft, die relevanten menschenrechtlichen Standards in Übereinstimmung mit der EMRK und der dazu ergangenen Judikatur angewendet und die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers angemessen gegen die allgemeinen öffentlichen Interessen im konkreten Fall abgewogen haben. III. Der EGMR wird jedoch eine eigene Verhältnismäßigkeitsprüfung vornehmen, wenn die innerstaatlichen Instanzen die Interessenabwägung ohne Bezüge auf seine relevante Rsp durchgeführt haben. IV. In allen Entscheidungen, die Kinder betreffen, ist deren Interessen "erhebliches Gewicht" beizumessen. Allerdings betrifft eine Ausweisungsentscheidung wegen einer Straftat zuallererst den Straftäter selbst. Im Kontext von Abschiebungen wegen einer Straftat hat der EGMR wiederholt akzeptiert, dass die Interessen der Familie durch andere Faktoren, einschließlich der Schwere der Straftat, aufgewogen werden können. V. Im vorliegenden Fall überwiegen die öffentlichen Interessen an der Ausweisung, weil der Beschwerdeführer über einen Zeitraum von vier Jahren kriminell aktiv war und dabei bei zahlreichen Opfern einen erheblichen finanziellen Schaden verursacht hat, seine Kinder nicht in besonderem Maße von ihm abhängig sind und es ihnen und ihrer Mutter zumutbar wäre, den Beschwerdeführer nach Nigeria zu begleiten.
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259
Befreiungsschein nach § 4c Abs 2 AuslBG verschafft per se keine Niederlassung iSd NAG
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Wer die Rechtsstellung gemäß Art 6 Abs 1 dritter Spiegelstrich ARB 1/80 innehat, ist als niedergelassen iSd § 2 Abs 2 NAG anzusehen. II. Die Erteilung eines Befreiungsscheins nach § 4c Abs 2 AuslBG verschafft kein Beschäftigungs- oder Aufenthaltsrecht, sondern hat für die Anerkennung der unmittelbar aus dem ARB 1/80 gewährten Rechte nur deklaratorische Bedeutung und Beweisfunktion. Alleine mit der Ausstellung eines Befreiungsscheins ist keine Niederlassung iSd § 2 Abs 2 NAG verbunden.
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260
Durchführung einer Interessenabwägung vor der Ausweisung eines straffällig gewordenen Ausländers ohne ausdrückliche Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EGMR
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Obwohl Art 8 EMRK keiner Kategorie von Fremden ein absolutes Recht gewährt, nicht ausgewiesen zu werden, kann es Umstände geben, unter denen eine Ausweisung gegen Art 8 EMRK verstößt. Die Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung ist nach den Kriterien vorzunehmen, die vom EGMR in Boultif/CH dargelegt und in Üner/NL ergänzt wurden. II. Bei der Einschätzung der Notwendigkeit eines Eingriffs in ein durch Art 8 EMRK geschütztes Recht genießen die Mitgliedstaaten einen Ermessensspielraum. Der EGMR wird die Verhältnismäßigkeitsprüfung der nationalen Instanzen nicht durch seine eigene ersetzen, wenn unabhängige und unparteiische innerstaatliche Gerichte den Sachverhalt sorgfältig geprüft, die relevanten menschenrechtlichen Standards in Übereinstimmung mit der EMRK und der dazu ergangenen Judikatur angewendet und die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers angemessen gegen die allgemeinen öffentlichen Interessen im konkreten Fall abgewogen haben. Wenn jedoch die innerstaatlichen Instanzen diese Interessenabwägung ohne Verweis auf die Rsp des EGMR vorgenommen haben, wird der EGMR die endgültige Entscheidung darüber treffen, ob die Ausweisung mit Art 8 EMRK vereinbar wäre. III. Wenn die innerstaatlichen Gerichte - wie im vorliegenden Fall - bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung eines straffällig gewordenen Migranten zwar die in der Rsp des EGMR entwickelten Kriterien berücksichtigt, dabei aber nicht auf die relevanten Urteile verwiesen und darauf abgestellt haben, ob die Ausweisung eine "übermäßige Härte" darstellen würde oder ihr "sehr zwingende Gründe" entgegenstehen würden, wird der EGMR selbst eine Interessenabwägung vornehmen. IV. Bei allen Entscheidungen, die Kinder betreffen, ist deren Interessen "erhebliches Gewicht" beizumessen. Allerdings betrifft eine Ausweisungsentscheidung wegen einer Straftat zuallererst den Straftäter selbst. Im Kontext von Abschiebungen wegen einer Straftat können die Interessen der Familie durch andere Faktoren, einschließlich der Schwere der Straftat, aufgewogen werden. V. Die Ausweisung eines Fremden, der im Alter von 31 Jahren eingereist ist, 11 Jahre im Gaststaat verbrachte und davon vier Jahre lang strafbaren Aktivitäten nachging, wirtschaftlich nicht integriert ist und wegen jahrelang verübter Betrugsdelikte mit zahlreichen Opfern und hohen Schäden zu vier Jahren und acht Monaten Haft verurteilt wurde, ist nicht unverhältnismäßig, wenn seine Familie nicht akut von seiner Unterstützung abhängig ist und ihr zudem eine gemeinsame Ausreise zumutbar wäre.
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