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3607

Judikatursammlung

Kein Asylgrund aufgrund unwahrscheinlicher Einziehung in den Reservedienst aufgrund Überschreitung der gesetzlichen Altersgrenze sowie mangelnder besonderer militärischer Qualifikationen

Leitsatz des Gerichts:
Die Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung kann asylrechtliche Bedeutung zukommen, wenn das Verhalten des Betroffenen auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht oder dem Betroffenen wegen dieses Verhaltens eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird und den verhängten Sanktionen jede Verhältnismäßigkeit fehlt.
- | Online seit - 20.03.2025
3604

Judikatursammlung

Zwingend erforderlicher Selbsteintritt zur Vermeidung von Grundrechtsverletzungen

Leitsatz des Gerichts:
I. Wird bereits die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung wegen des Familien- und Privatlebens in Österreich festgestellt und ist in weiterer Folge davon auszugehen, dass das Familien- und Privatleben auf Dauer besteht, so wird bei einer neuerlichen Entscheidung die Interessenabwägung im Hinblick auf die Trennung der fremden Person von ihrer in Österreich lebenden Ehefrau und dem gemeinsamen Kind grds – sofern keine Erfordernisse der öffentlichen Ordnung dagegen sprechen – zugunsten der fremden Person ausfallen, sodass die Auswirkungen einer Trennung (zB wegen einer Überstellung) schwerer wiegen würden.

II. Liegen Umstände vor, welche die fremde Person im Falle einer Überstellung einem "real risk" der Verletzung der von Art 8 EMRK geschützten Rechte aussetzen würden, so ist zur Vermeidung einer derartigen Grundrechtsverletzung vom Selbsteintrittsrecht gemäß Art 17 Dublin III-VO Gebrauch zu machen.
- | Online seit - 19.03.2025
3600

Judikatursammlung

"Sur-place"-Flüchtling nach Wegfall von Schutz durch UNRWA

Leitsatz des Gerichts:
I. Eine bei UNRWA als Flüchtling registrierte Person ist gemäß Art 1 GFK bzw Art 12 Abs 1 lit a Satz 1 der Status-RL a priori von der Zuerkennung des Asylstatus ausgeschlossen, es sei denn der Schutz der UNRWA wird ihr nicht mehr gewährt – dies hat automatisch die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus zur Folge. In diesem Fall ist keine Verfolgung gemäß Art 2 lit c Status-RL nachzuweisen. Für den ipso facto Schutz sind die Stellung eines Asylantrags sowie die Prüfung durch die Asylbehörden, ob der Beistand von UNRWA tatsächlich in Anspruch genommen wurde, dieser nicht länger gewährt wird und keiner der Ausschlussgründe nach Art 12 Abs 1 lit b oder Abs 2 und 3 Status-RL vorliegt, maßgeblich. Nach dem Wegfall des Schutzes durch UNRWA (im Gazastreifen) ist einer zu diesem Zeitpunkt bereits im Asylland aufhältigen Person ipso facto Schutz als "Sur-place"-Flüchtling zuzuerkennen.

II. Zur Frage, ob der UNRWA-Schutz tatsächlich nicht länger gewährt wird, ist festzustellen, ob die fremde Person gezwungen war, das UNRWA-Gebiet aufgrund unkontrollierbarer und unwillkürlicher Gründe zu verlassen. Ein solcher Zwang besteht auch ohne individuelle Verfolgung, wenn sich die fremde Person in einer sehr unsicheren persönlichen Lage befindet und UNRWA ihr keine akzeptablen Lebensbedingungen gewährleisten kann.
- | Online seit - 18.03.2025
3616

Judikatursammlung

Asylanträge von Unionsbürgern

Leitsatz des Gerichts:
I. Das Asylprotokoll zählt zum Primärrecht (vgl Art 51 EUV). Es verbietet es den Mitgliedstaaten, einen von einem Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates gestellten Asylantrag zu berücksichtigen oder zur Bearbeitung zuzulassen, wenn nicht eine der Voraussetzungen der lit a bis d des Einzigen Artikels des Asylprotokolls vorliegt.

II. Das Asylprotokoll selbst ist in den Mitgliedstaaten der EU unmittelbar anwendbar, legt jedoch die verfahrensrechtlichen Modalitäten seiner Anwendung nicht fest.

III. Der VfGH hat bereits festgehalten, dass lit d des Einzigen Artikels des Asylprotokolls über die Tatbestände der lit a bis c hinaus eine individuelle Einzelfallprüfung des Schutzersuchens eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates zulässt.

IV. Lit d des Einzigen Artikels des Protokolls Nr 24 erlaubt eine individuelle Einzelfallprüfung dahingehend, ob der Antrag so hinreichend substanziiert ist, dass eine Prüfung erforderlich ist, um die mitgliedstaatlichen Verpflichtungen der GFK einzuhalten.

V. Das AsylG sieht für Asylanträge von Staatsangehörigen eines EU-Mitgliedstaates keine verfahrensrechtlichen Sonderregelungen im Vergleich zu Anträgen von Drittstaatsangehörigen vor.

VI. Ein Unionsbürger hat bei Stellung eines Antrags auf Asyl in Österreich zum einen die in § 19 Abs 1 BFA-VG festgeschriebene gesetzliche Vermutung, wonach ein Mitgliedstaat der EU ein sicherer Herkunftsstaat ist, zu widerlegen. Zum anderen hat der Antragsteller die Vermutung des Einzigen Artikels lit d Asylprotokoll, wonach der Antrag offensichtlich unbegründet ist und sich der Antragsteller des Schutzes des Herkunftsstaates bedienen könnte, zu entkräften.

VII. Das BFA trifft eine Ermittlungspflicht, um zu beurteilen, ob der Antrag eines Unionsbürgers auf internationalen Schutz auf seine Begründetheit hin zu prüfen ist und damit iSd Einzigen Artikels des Asylprotokolls "berücksichtigt" werden muss.

VIII. Die Zurückweisung eines Antrags auf internationalen Schutz allein aufgrund des Umstandes, dass der Antragsteller Staatsangehöriger eines EU-Mitgliedstaates ist, ist gesetzlich nicht vorgesehen und daher nicht zulässig.
- | Online seit - 17.03.2025
3568

Judikatursammlung

Einstufung als "sicherer Drittstaat" trotz verweigerter Rückübernahme der Antragsteller

Leitsatz des Gerichts:
I. Art 38 RL 2013/32/EU iVm Art 18 GRC ist dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, nach der ein Drittstaat für bestimmte Gruppen von Personen, die internationalen Schutz beantragen, als im Allgemeinen sicher bestimmt wird, obwohl dieser Drittstaat trotz seiner rechtlichen Verpflichtung die Übernahme oder Rückübernahme dieser Antragsteller in sein Hoheitsgebiet allgemein und ohne, dass eine gegenläufige Entwicklung absehbar wäre, ausgesetzt hat.

II. Im Falle einer verweigerten Übernahme oder Rückübernahme durch den "sicheren Drittstaat" darf der Antrag auf internationalen Schutz allerdings nicht auf der Grundlage von Art 33 Abs 2 lit c RL 2013/32/EU abgelehnt werden.

III. Die Aussetzung der Übernahme oder Rückübernahme durch den "sicheren Staat" hat gemäß Art 38 Abs 4 RL 2013/32/EU zur Folge, dass der Mitgliedstaat sicherstellen muss, dass für diesen Antragsteller die Möglichkeit besteht, ein Verfahren einzuleiten, welches mit den Grundsätzen und Garantien der Art 6 bis 30 RL 2013/32/EU in Einklang steht.
- | Online seit - 14.03.2025
3570

Judikatursammlung

Keine Verpflichtung zur unverzüglichen Freilassung bei rechtswidriger Haftmaßnahme gemäß Dublin III-VO

Leitsatz des Gerichts:
Art 15 Abs 2 und 4 RL 2008/115/EG, Art 9 Abs 3 RL 2013/33/EU sowie Art 28 Abs 4 Dublin III-VO sind im Licht der Art 6 und 47 GRC dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, die die zuständige Justizbehörde nicht verpflichtet, die Freilassung eines Drittstaatsangehörigen, der sich aufgrund einer auf der Grundlage der Richtlinie 2008/115/EG erlassenen Maßnahme in Haft befindet, deshalb anzuordnen, weil diese Person, deren Haft zunächst mit einer auf der Grundlage der Dublin III-VO erlassenen Maßnahme angeordnet worden war, nicht unverzüglich nach der Feststellung, dass diese letztere Maßnahme rechtswidrig geworden war, freigelassen wurde.
- | Online seit - 13.03.2025
3615

Judikatursammlung

Ex tunc-Wirkung gemäß § 42 Abs 3 VwGG bei Säumnisbeschwerden

Leitsatz des Gerichts:
I. Gemäß § 42 Abs 3 VwGG wirkt die Aufhebung eines Erkenntnisses des VwG durch den VwGH auf den Zeitpunkt der Erlassung des aufgehobenen Erkenntnisses zurück (ex tunc-Wirkung).

II. Der VwGH hat in seiner Rsp zu Säumnisbeschwerden nach dem VwGVG bereits festgehalten, dass dann, wenn der verwaltungsbehördliche Bescheid nach Ablauf der der Behörde gesetzlich eingeräumten Nachfrist erlassen wird, dieser (in jenem Fall, in dem die Säumnisbeschwerde auch zulässig und begründet war) mit Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde belastet ist.

III. Wird die die Säumnisbeschwerde abweisende Entscheidung des VwG vom VwGH aufgehoben, ist für das weitere Schicksal eines in der Zwischenzeit von der Behörde erlassenen Bescheides zu beachten, dass aufgrund des § 42 Abs 3 VwGG der Rechtszustand zwischen der Erlassung des Erkenntnisses des VwG und seiner Aufhebung im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob das aufgehobene Erkenntnis von Anfang an nicht erlassen worden wäre.

IV. Die Wahrnehmung der Unzuständigkeit der belangten Behörde hat unabhängig davon zu erfolgen, ob der Rechtsmittelwerber dies im Verfahren eingewendet oder in der Beschwerde releviert hat.

V. Richtet sich die Beschwerde ausschließlich gegen einen trennbaren Spruchpunkt, darf das VwG den angefochtenen Bescheid im Fall der Rechtswidrigkeit dieses Spruchpunkts auch nur in diesem Umfang aufheben. Folglich hat lediglich in diesem Rahmen eine Prüfung der Zuständigkeit iSd § 27 VwGVG zu erfolgen. Dies gilt auch dann, wenn der hinsichtlich der trennbaren Spruchpunkte unangefochten gebliebene Bescheid an Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde leidet.
- | Online seit - 12.03.2025
3621

Judikatursammlung

Arbeitgeber bei Entziehungsverfahren gemäß § 28 Abs 6 NAG ohne Parteistellung - zur Zurechnung eines Beschwerdeschriftsatzes

Leitsatz des Gerichts:
I. Die Prüfung, wem eine Eingabe (hier: Beschwerde) zuzurechnen ist, hat sich am äußeren Tatbestand zu orientieren. Maßgeblich ist, wer nach dem objektiven Erklärungswert der Eingabe unter Berücksichtigung aller Umstände als derjenige anzusehen ist, der mit dieser Eingabe die Tätigkeit der Behörde (bzw des VwG) für sich in Anspruch nimmt. Besteht danach kein Anlass für Zweifel, wem die Eingabe zuzurechnen ist, bedarf es weder weiterer Ermittlungen noch eines Verbesserungsverfahrens.

II. Nach stRsp des VwGH kann die in vertretbarer Weise vorgenommene fallbezogene Auslegung von Parteierklärungen nicht erfolgreich mit Revision bekämpft werden. Einer vertretbaren Auslegung kommt nämlich keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Die Auslegung einer Erklärung im Einzelfall ist nur dann erfolgreich mit Revision bekämpfbar, wenn dem VwG eine krasse Fehlbeurteilung iSe unvertretbaren Rechtsansicht unterlaufen ist.

III. Die Legitimation zur Revisionserhebung vor dem VwGH nach Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG wegen Verletzung in subjektiven Rechten setzt die Möglichkeit der Verletzung in subjektiv-öffentlichen Rechten voraus. Eine Revision kann derart nur unter Berufung auf eine eigene, gegen den Staat als Träger der Hoheitsgewalt gerichtete Interessensphäre der rechtsmittelwerbenden Partei erhoben werden.

IV. Eine Möglichkeit der Rechtsverletzung des Revisionswerbers (hier: Person, welcher im Ausgangsverfahren der Aufenthaltstitel nach § 28 Abs 6 NAG entzogen wurde) besteht nicht, wenn der angefochtene Beschluss, dessen Gegenstand allein die Zurückweisung der Beschwerde eines Dritten (hier: Arbeitgeber des Revisionswerbers) war, weder an den Revisionswerber gerichtet worden ist, noch auch ihm gegenüber aufgrund von Rechtsvorschriften unmittelbar wirkt.
- | Online seit - 11.03.2025
3619

Judikatursammlung

Keine nachträgliche Reparatur bei fehlenden Ermittlungen trotz Aufenthaltsehe annehmenden LPD-Berichts

Leitsatz des Gerichts:
Wenn der Amtsrevisionswerber trotz des sich aus dem polizeilichen Abschlussbericht ergebenden Vorliegens einer Aufenthaltsehe keinerlei dahingehende Ermittlungen anstellt und die begehrte Verlängerung des Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" erteilt, schließt ein solcher Mangel ein "Erschleichen" iSd § 69 Abs 1 Z 1 AVG aus, weshalb die Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens unzulässig ist. Eine "alternative Lösung" für eine Wiederaufnahme aus dem Titel "andere gerichtlich strafbare Handlung" lässt sich allein daraus nicht konstruieren.
- | Online seit - 10.03.2025
3602

Judikatursammlung

Prognoseentscheidung hinsichtlich der Erteilungsvoraussetzungen des § 60 Abs 2 Z 1 und Z 3 AsylG

Leitsatz des Gerichts:
I. Im Zusammenhang mit dem Erfordernis ausreichender Unterhaltsmittel ist über deren Erzielbarkeit eine Prognose zu treffen. Dieselben Grundsätze gelten auch für das Erfordernis eines Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft.

II. Eine vor dem Ende der Gültigkeitsdauer des beantragten Aufenthaltstitels auslaufende Befristung eines Bestandvertrags hat nicht zwangsläufig zur Folge, dass der Nachweis eines Rechtsanspruchs auf eine Unterkunft nicht erbracht ist. Es ist in Form einer Prognoseentscheidung zu beurteilen, ob eine begründete Aussicht besteht, dass der Drittstaatsangehörige in der Lage sein wird, seine Wohnbedürfnisse trotz des Auslaufens einer Befristung des Bestandvertrags weiterhin bis zum Ende der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels zu befriedigen.

III. Es obliegt dem Fremden, initiativ und untermauert durch geeignete Bescheinigungsmittel einen Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft nachzuweisen. Erfolgt ein solcher Nachweis nicht bloß in Bezug auf eine Unterkunft, sondern in Bezug auf zwei (oder allenfalls mehrere) Unterkünfte, so genügt es für den Nachweis einer ortsüblichen Unterkunft, wenn sich im Verfahren ergibt, dass zumindest eine dieser Unterkünfte tatsächlich zur Verfügung steht und dem Erfordernis der Ortsüblichkeit entspricht. Ob der Fremde die betreffende Unterkunft bisher regelmäßig oder nur sporadisch (oder noch gar nicht) benützt hat, ist ohne Bedeutung, ebenso wie die Frage, ob eine aufrechte Meldung des Fremden an der Adresse der Unterkunft besteht.

IV. Im Zusammenhang mit dem Erfordernis ausreichender Unterhaltsmittel hat das VwG eine Prognose über die Erzielbarkeit ausreichender Unterhaltsmittel zu treffen. Dabei obliegt es dem Fremden, nachzuweisen, dass eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, er könnte im Fall der Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels einer näher konkretisierten Erwerbstätigkeit in erlaubter Weise nachgehen. Im Zuge dessen kommt auch einem Arbeitsvorvertrag des Fremden bzw einer Einstellungszusage Bedeutung zu.
- | Online seit - 07.03.2025
3601

Judikatursammlung

Vorwerfbarkeit falscher Identitätsangaben kurz nach Erreichen der Volljährigkeit

Leitsatz des Gerichts:
I. Unrichtige Identitätsangaben zählen zu jenen Umständen, die im Rahmen einer gemäß § 9 BFA-VG vorzunehmenden Interessenabwägung das gegen den Verbleib im Bundesgebiet sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren, soweit die Angaben hierfür kausal waren.

II. Bei der nach § 9 BFA-VG vorzunehmenden Interessenabwägung ist der Aspekt des Kindeswohls "gebührend" zu berücksichtigen, wobei in diesem Zusammenhang zu beachten ist, dass ein Kind grundsätzlich Anspruch auf "verlässliche Kontakte" zu beiden Elternteilen hat. Wird es durch die Rückkehrentscheidung gegen den Vater gezwungen, ohne diesen aufzuwachsen, so bedarf diese Konsequenz einer besonderen Rechtfertigung.

III. Kontakte über Telefon oder E-Mail können die durch die Trennung von Mutter oder Vater verursachte maßgebliche Beeinträchtigung des Kindeswohls nicht wettmachen.
- | Online seit - 06.03.2025
3679

Judikaturbesprechung

Der fakultative Schutz nach der Massenzustrom-RL

Der EuGH setzte sich in der gegenständlichen Entscheidung mit dem fakultativen Schutz nach der Massenzustrom-RL 2001/55/EG auseinander. Er entschied, dass ein Mitgliedstaat einen solchen fakultativ gewährten vorübergehenden Schutz im Grunde jederzeit wieder entziehen kann, sofern dies nicht den Zielen und der Wirksamkeit der Massenzustrom-RL sowie den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts zuwiderläuft. Es ist davon auszugehen, dass die Entscheidung über die Fälle des fakultativen Schutzes hinaus iZm der Beendigung der Massenzustrom-RL von Bedeutung sein wird.

Leitsatz des Gerichts:
- | Online seit - 05.03.2025
3599

Judikatursammlung

Zustellungen in Bundesbetreuungseinrichtungen gemäß § 11 Abs 1 BFA-VG

Leitsatz des Gerichts:
I. Nach § 8 Abs 1 ZustG hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen. Auch die Aufgabe einer Abgabestelle (selbst bei anschließender Obdachlosigkeit) stellt eine solche Änderung dar.

II. Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist gemäß § 8 Abs 2 ZustG, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.

III. § 11 Abs 1 BFA-VG dient in nach Ansicht des VwGH unbedenklicher Weise der Gewährleistung der geordneten Abführung eines Asylverfahrens und zur Hintanhaltung von rechtsmissbräuchlichem Verhalten von Asylwerbern durch Abwesenheiten von der Erstaufnahmestelle ohne Mitteilung an die Behörde gemäß § 8 Abs 1 ZustG.
- | Online seit - 05.03.2025
3598

Judikatursammlung

Ausschlussgrund des § 6 Abs 1 Z 4 AsylG 2005

Leitsatz des Gerichts:
I. Für die Beurteilung nach § 6 Abs 1 Z 4 AsylG 2005 (unter Bedachtnahme auf die unionsrechtlichen Vorgaben des Art 14 Abs 4 lit b Status-RL) muss der Fremde wegen eines Verbrechens iSd § 17 StGB rechtskräftig verurteilt worden sein.

II. Es muss sich bei der der Verurteilung zugrunde liegenden Straftat um eine solche handeln, die angesichts ihrer spezifischen Merkmale insofern eine außerordentliche Schwere aufweist, als sie zu den Straftaten gehört, die die Rechtsordnung der betreffenden Gesellschaft am stärksten beeinträchtigen.

III. Im Rahmen der Gefährdungsprognose ist aufgrund konkreter Feststellungen zu den maßgeblichen Umständen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist.

IV. Es ist zu prüfen, ob die Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 6 Abs 1 Z 4 AsylG 2005 in Bezug auf die vom Fremden ausgehende Gefahr als verhältnismäßig anzusehen ist.
- | Online seit - 04.03.2025
3596

Judikatursammlung

Zur Situation homosexueller Personen in der Russischen Föderation

Leitsatz des Gerichts:
I. Sexuelle Minderheiten sind in der Russischen Föderation zunehmend Diskriminierung und Verfolgung ausgesetzt.

II. Der russische Staat bietet betroffenen Personen keinen ausreichenden Schutz.
- | Online seit - 03.03.2025
3595

Judikatursammlung

Rechtswidrige Sicherstellung von Reisepass und Führerschein

Leitsatz des Gerichts:
I. Kann für die Erreichung des Sicherstellungszwecks fallbezogen mit der Kopie eines Reisedokuments das Auslangen gefunden werden, so ist die Sicherstellung des Reisedokuments im Original als unverhältnismäßig und in weiterer Folge als rechtswidrig zu qualifizieren.

II. Kommt es, obwohl bereits ein gültiger Reisepass von der Behörde sichergestellt wurde, auch zur Sicherstellung des Führerscheins, so kann davon ausgegangen werden, dass das Erfordernis des "Benötigens" (etwa für die Vollziehung einer Ausreise) iSd § 39 BFA-VG nicht vorliegt. Eine derartige Sicherstellung auf Vorrat ist überschießend und nicht verhältnismäßig.
- | Online seit - 28.02.2025
3594

Judikatursammlung

Telekommunikation bzw elektronische Medien sind zur Aufrechterhaltung des Kontaktes nicht geeignet

Leitsatz des Gerichts:
Aufgrund der unzureichenden Interessenabwägung hinsichtlich der Auswirkung der Aufenthaltsbeendigung auf das Kindeswohl der beiden Kinder (österreichische Staatsbürger) des Beschwerdeführers wird dieser im Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt.
- | Online seit - 27.02.2025
3591

Judikatursammlung

Anerkennung von Namensänderung und Änderung der Geschlechtsidentität

Leitsatz des Gerichts:
I. Eine nationale Regelung, die es nicht erlaubt, rechtmäßige Änderungen des Namens und der Geschlechtsidentität, die in einem anderen Mitgliedstaat erworben wurden, anzuerkennen oder einzutragen, verletzt die Rechte gemäß Art 20 und 21 AEUV im Lichte der Art 7 und 45 GRC.

II. Die Pflicht, ein neuerliches (gerichtliches) Verfahren zu erwirken, verletzt das Recht gemäß Art 21 Abs 1 AEUV.

III. Ist der Mitgliedstaat, in welchem die Änderung erwirkt wurde, nachträglich aus der Union ausgetreten, so ändert dies nichts an der rechtlichen Beurteilung, wenn dieser Mitgliedstaat zum Zeitpunkt der Namens-/Geschlechtsänderung noch Mitglied der EU war.

IV. Art 8 EMRK, auf den Art 7 GRC gemäß Art 52 Abs 3 GRC Bezug nimmt und der ein Recht auf sexuelle Identität umfasst, sieht auch eine positive Verpflichtung der Staaten vor, ein wirksames und zugängliches Verfahren zur Gewährleistung dieses Rechts bereitzustellen.

V. Eine nationale Regelung darf dieses Grundrecht weder verunmöglichen noch unnötig erschweren.
- | Online seit - 26.02.2025
3590

Judikatursammlung

Neuerlich zur Nachweispflicht einer ortsüblichen Unterkunft

Leitsatz des Gerichts:
I. Nach stRsp des VwGH obliegt es dem Fremden, initiativ und untermauert durch entsprechende Bescheinigungsmittel einen Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft nachzuweisen.

II. Bei der Einschätzung, ob eine Unterkunft als ortsüblich iSd § 11 Abs 2 Z 2 NAG zu qualifizieren ist, handelt es sich regelmäßig um eine einzelfallbezogene Beurteilung, die im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rsp entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist.
- | Online seit - 25.02.2025
3572

Judikatursammlung

Grundsatz der Nichtzurückweisung bei illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen

Leitsatz des Gerichts:
I. Art 5 RL 2008/115/EG iVm Art 19 Abs 2 GRC sind so auszulegen, dass sich eine Verwaltungsbehörde des Grundsatzes der Nichtzurückweisung vergewissern muss, indem die zuvor gegen einen Drittstaatsangehörigen im Rahmen eines Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes erlassene Rückkehrentscheidung im Hinblick auf diesen Grundsatz überprüft wird.

II. Die RückführungsRL und somit auch der Grundsatz der Nichtzurückweisung gemäß Art 5 RL 2008/115/EG sind auch auf illegal aufhältige Drittstaatsangehörige anwendbar.

III. Art 13 Abs 1 und 2 iVm Art 5 RL 2008/115/EG, Art 19 Abs 2 GRC und Art 47 GRC ist dahin auszulegen, dass er ein nationales Gericht verpflichtet, von Amts wegen einen sich aus der Vollstreckung dieser Entscheidung resultierenden etwaigen Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung auf der Grundlage der ihm zur Kenntnis gebrachten Umstände des Falles, so wie sie nach Abschluss eines kontradiktorischen Verfahrens ergänzt oder aufgeklärt wurden, festzustellen.

IV. Betroffenen muss ermöglicht werden, sich auf eine Änderung der Umstände zu berufen. Stellen diese eine Gefahr iSd Art 4 und Art 19 Abs 2 GRC dar, ist eine Rückkehrentscheidung aufzuschieben.
- | Online seit - 24.02.2025