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2425

Judikatursammlung

Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten aufgrund Lageänderung in Somalia

Leitsatz des Gerichts:
Bei einer Beurteilung nach § 9 Abs 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 sind zwar nicht isoliert nur jene Sachverhaltsänderungen zu berücksichtigen, die zeitlich nach der zuletzt erfolgten Bewilligung der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung eingetreten sind, sondern es dürfen im Rahmen der bei der Beurteilung vorzunehmenden umfassenden Betrachtung bei Hinzutreten neuer Umstände alle für die Entscheidung maßgeblichen Elemente einbezogen werden, selbst wenn sie sich vor der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung ereignet haben.
- | Online seit - 09.11.2020
2424

Judikatursammlung

Zur Berücksichtigung neu vorgelegter Beweismittel

Leitsatz des Gerichts:
I. Es hat bei einer Rückkehrentscheidung neben aktuellen Länderberichten stets eine Auseinandersetzung mit der konkreten Rückkehrsituation zu erfolgen, beispielsweise hinsichtlich einer drohenden asylrechtlich relevanten Verfolgungsgefahr oder Art 3 EMRK-widrigen Behandlung.
II. Werden etwa bei einem Zweitantrag auf internationalen Schutz neue Beweismittel vorgelegt, so haben die behaupteten geänderten Umstände einerseits von Entscheidungsrelevanz zu sein und andererseits muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann.
- | Online seit - 06.11.2020
2423

Judikatursammlung

Zehntägige Rechtsmittel-Präklusivfristen gegen die Zurückweisung von Folgeanträgen und ihre Vereinbarkeit mit Unionsrecht

Leitsatz des Gerichts:
I. Eine Zustellungsfiktion für Antragsteller auf internationalen Schutz, wonach asylbehördliche Entscheidungen mit Notifizierung bei der Behörde als zugestellt gelten (mit der Konsequenz des Rechtsmittel-Fristenlaufs), sind mit dem verfahrensrechtlichen Effektivitätsgebot des Unionsrechts unter zwei Voraussetzungen vereinbar: Zum einen müssen die Antragsteller davon angemessen im Vorfeld unterrichtet werden, zum anderen dürfen die Bedingungen für den Zugang zur betreffenden Behörde zwecks Entgegennahme der fraglichen Schreiben nicht übermäßig erschwert werden. Ob dies gewährleistet ist, haben die mitgliedstaatlichen Gerichte zu prüfen.
II. Zustellungsfiktionen müssen auch dem Äquivalenzgrundsatz des Unionsrechts genügen. Dies zu prüfen ist Sache der mitgliedstaatlichen Gerichte.
III. Rechtsmittel-Präklusivfristen von zehn Tagen für Entscheidungen, mit denen Folgeanträge auf internationalen Schutz als unzulässig zurückgewiesen werden (Art 33 Abs 2 lit d RL 2013/32/EU), entsprechen dem Effektivitätsgrundsatz unter der Voraussetzung, dass die Antragsteller die Garantien der Art 20, 22 f RL 2013/32/EU (unentgeltliche Rechtsberatung und Vertretung) effektiv in Anspruch nehmen können. Ob dies gewährleistet ist, haben die mitgliedstaatlichen Gerichte zu prüfen.
IV. Rechtsmittel-Präklusivfristen müssen auch dem Äquivalenzgrundsatz des Unionsrechts genügen. Dies zu prüfen ist Sache der mitgliedstaatlichen Gerichte.
- | Online seit - 05.11.2020
2422

Judikatursammlung

Keine asylrelevante Gruppenverfolgung alleinstehender Frauen in (kurdisch kontrollierten Teilen) Syrien(s)

Leitsatz des Gerichts:
I. Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine asylrelevante Gruppenverfolgung alleinstehender Frauen in Syrien. Für kurdisch kontrollierte Gebiete existieren solche erst recht nicht auf Grund bestehender Gleichstellungsbestrebungen.
II. Die allgemein "schlechte" Lage im Bürgerkriegs-Staat Syrien verpflichtet zur Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 8 Abs 1 Z 1 AsylG), nicht aber des Status des Asylberechtigten iSd § 3 AsylG.
- | Online seit - 04.11.2020
2409

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Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten iZm Covid-19-Pandemie in Afghanistan

Leitsatz des Gerichts:
I. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend.
II. Das BVwG hat seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten. Dieser Zeitpunkt ist bei der Entscheidung durch einen Einzelrichter der Zeitpunkt der Zustellung (oder Verkündung) der Entscheidung des BVwG.
- | Online seit - 03.11.2020
2421

Judikatursammlung

Verhältnismäßigkeitsprüfung iSd Art 21 Abs 7 StudentenRL

Leitsatz des Gerichts:
I. Das VwG ist nicht gehalten, seine Entscheidungspflicht gemäß § 34 Abs 1 VwGVG ("ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate" nach Einlangen der Beschwerde) zu missachten, um seiner Entscheidung einen anderen, für die Revisionswerberin günstigeren Beurteilungszeitraum zugrunde legen zu können.
II. Dass gemäß Art 21 Abs 7 der RL (EU) 2016/801 ua im Fall einer Abweisung eines Verlängerungsantrages die konkreten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren sind, ist nicht dahin gehend auszulegen, dass die nationalen Regelungen oder die nationale Verwaltungspraxis außer Acht zu lassen wären. Allerdings ist im Einzelfall zu prüfen, ob es unverhältnismäßig wäre, ungeachtet der Nichterfüllung der nationalen Vorgaben einen ausreichenden Studienerfolg zu verneinen.
III. Es ist nicht erkennbar, dass Probleme mit der Lehrveranstaltungsleiterin, der Wunsch nach einer besseren Note oder der Irrtum hinsichtlich des Beurteilungszeitraumes geeignet wären, eine Unverhältnismäßigkeit aufzuzeigen.
IV. Es ist nicht auszuschließen, dass die Revisionswerberin im Rahmen einer Verhandlung darlegen hätte können, dass iZm der Bachelorarbeit die Verpflichtung zum Nachweis eines ausreichenden Studienerfolges im Studienjahr 2017/2018 für sie unverhältnismäßig sei, zumal sie die Vorgabe von 16 ECTS-Punkten mit den nachgewiesenen 15 ECTS-Punkten nur knapp unterschritt und im Studienjahr 2018/2019 mit 40 ECTS-Punkten erfüllte.
V. Im Anwendungsbereich des Art 47 GRC erübrigt sich im Fall der Unterlassung einer nach dieser Bestimmung gebotenen mündlichen Verhandlung die Darlegung der Relevanz des in der Unterlassung der Durchführung der Verhandlung gelegenen Verfahrensmangels.
- | Online seit - 02.11.2020
2408

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Keine unzulässige Ungleichbehandlung von ordentlichen und außerordentlichen Studierenden nach § 64 Abs 2 NAG

Leitsatz des Gerichts:
Dem klaren Wortlaut des § 64 Abs 2 NAG zufolge haben sowohl ordentliche als auch außerordentliche Studierende für die Verlängerung ihres Aufenthaltstitels einen Studienerfolgsnachweis nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften zu erbringen; außerordentliche Studierende iSd § 64 Abs 1 Z 4 NAG haben darüber hinaus spätestens innerhalb von zwei Jahren die Zulassung zu einem (ordentlichen) Studium nachzuweisen. Wenn für die Erfüllung der Zulassungsbedingungen eine andere Frist vorgesehen ist als für den Nachweis eines ausreichenden Studienerfolgs, der grundsätzlich für jedes Studienjahr zu erbringen ist, kann darin keine unzulässige Ungleichbehandlung erblickt werden.
- | Online seit - 30.10.2020
2407

Judikatursammlung

Rechtswidrigkeit der Schubhaft sofern eine Abschiebung aufgrund der Lage im Zusammenhang mit Covid-19 realistisch gesehen nicht zeitgerecht möglich ist

Leitsatz des Gerichts:
I. Die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist.
II. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw ist diese – sofern sich dieser Umstand erst später herausstellt – umgehend zu beenden.
- | Online seit - 29.10.2020
2406

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Evidente Fluchtgefahr bei Verschleierung der Identität durch Vorlage gefälschter Dokumente

Leitsatz des Gerichts:
I. Maßgeblich für einen Ersatz der Schubhaft durch gelindere Mittel kann nur sein, wenn infolge der Covid-19-Entwicklungen die Überstellung im sonst üblichen Zeitrahmen nicht möglich sein sollte.
II. Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel.
- | Online seit - 28.10.2020
2405

Judikatursammlung

Zur Bindungswirkung der Rechtskraft des Zuerkennungsbescheides im Aberkennungsverfahren

Leitsatz des Gerichts:
I. Unter Berücksichtigung der Rechtskraftwirkung von Bescheiden ist es gemäß VwGH-Rsp nicht zulässig, die Aberkennung gemäß § 9 Abs 1 Z 1 zweiter Fall AsylG auszusprechen, obwohl sich der Sachverhalt seit der Zuerkennung des subsidiären Schutzes bzw der erfolgten Verlängerung nicht geändert hat.
II. Ebenso ist laut VfGH-Rsp keine Neubewertung eines rechtskräftig entschiedenen Sachverhalts erlaubt sondern kommt eine Aberkennung nach § 9 Abs 1 Z 1 zweiter Fall AsylG lediglich dann in Frage, wenn sich die Umstände nach der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten maßgeblich geändert haben.
- | Online seit - 27.10.2020
2404

Judikatursammlung

Berücksichtigung der konkreten Ausschöpfung des Strafrahmens bei der Bemessung eines in diesem Zusammenhang erlassenen Aufenthaltsverbotes

Leitsatz des Gerichts:
I. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger ist zulässig, wenn aufgrund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen.
II. Bei der Festsetzung des Aufenthaltsverbotes ist auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insb auch auf die privaten und familiären Verhältnisse.
- | Online seit - 23.10.2020
2396

Judikatursammlung

Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 FPG und Covid-19

Leitsatz des Gerichts:
I. Zwar sind die Verlängerungstatbestände des § 55 Abs 2 und 3 FPG für die ansonsten grundsätzlich 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise taxativ gefasst, allerdings steht dies einer Erweiterung im Wege der Analogie nicht entgegen.
II. Auf Grund der derzeitigen weltweiten Covid-19-Pandemie sind die Reisemöglichkeiten nach Indien stark eingeschränkt, auch die Rückkehrberatung und die Unterstützung vor Ort sind nicht möglich. Eine Prognose, dass dieser Zustand noch drei Monate lang anhalten könnte, rechtfertigt eine Erstreckung der freiwilligen Ausreisefrist iSd § 55 FPG per analogiam auf 91 Tage.
- | Online seit - 22.10.2020
2410

Judikatursammlung

Zur Gefährdungsprognose nach § 11 Abs 4 Z 1 NAG

Leitsatz des Gerichts:
I. Die einzelfallbezogene Beurteilung der Gefährdungsprognose ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rsp entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht reversibel.
II. Nach stRsp des VwGH ist bei der Auslegung des § 11 Abs 4 Z 1 NAG eine das Gesamtverhalten des Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung geboten. Im Rahmen dieser Prognoseentscheidung ist die Behörde bzw das VwG berechtigt, alle den antragstellenden Fremden betreffenden relevanten Umstände zu berücksichtigen, aber auch verpflichtet, diese einer auf ihn bezogenen Bewertung zu unterziehen.
- | Online seit - 21.10.2020
2411

Judikatursammlung

Zur Verhältnismäßigkeit von "notwendigen Kosten" einer Flugabschiebung

Leitsatz des Gerichts:
I. Das BFA hat in der ex-ante Betrachtung das Verhalten der fremden Person im Hinblick auf allfällige Widerstandsleistungen gegen die Abschiebung oder sonstige sicherheitsrelevante Vorkommnisse während des Abschiebevorgangs zu beurteilen und allenfalls die Anzahl der begleitenden Personen festzusetzen.
II. Die Verpflichtung zum Kostenersatz einer Abschiebung erstreckt sich immer nur auf die "notwendigen Kosten", wobei der Behörde bei deren Bestimmung ein großer Ermessensspielraum zukommt.
III. Die Beurteilung, ob es sich um "notwendige Kosten" einer Abschiebung handelt, ist aus einer ex-ante Betrachtung vorzunehmen. Bei einer Flugabschiebung kann davon ausgegangen werden, dass der Einsatz von drei Polizeibeamten im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit sowie aufgrund der Eigensicherung der Beamten verhältnismäßig ist. Dies gilt umso mehr, wenn Widerstandsleistungen der abzuschiebenden Person nicht ausgeschlossen werden können.
- | Online seit - 20.10.2020
2412

Judikatursammlung

Entlassung aus der Schubhaft aufgrund der Covid-19-Pandemie trotz bestehender Fluchtgefahr

Leitsatz des Gerichts:
I. Ist der Zeitpunkt der Erlangung eines Heimreisezertifikats und jener der Abschiebung (hier aufgrund der Covid-19-Pandemie) nicht absehbar, so ist die betroffene Person aus der Schubhaft zu entlassen.
II. Bei wiederkehrender Straffälligkeit, Obdachlosigkeit, fehlender Integration, Beschäftigungslosigkeit und dem Vorliegen einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung ist jedenfalls von einer Fluchtgefahr iSd § 76 Abs 3 Z 3 und Z 9 FPG auszugehen.
- | Online seit - 19.10.2020
2413

Judikatursammlung

Erhalt der Erwerbstätigeneigenschaft infolge unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach kurzer Beschäftigung im Aufnahmemitgliedstaat

Leitsatz des Gerichts:
I. Persönlich von Art 7 Abs 3 RL 2004/38/EG erfasst sind im Einklang mit der Vorjudikatur alle erwerbstätigen Unionsbürger, also Arbeitnehmer wie Selbstständige.
II. Tatbildliche "unfreiwillige Arbeitslosigkeit" iSd Art 7 Abs 3 lit c zweiter Fall RL 2004/38/EG ist immer dann gegeben, wenn ein Erwerbstätiger aus von seinem Willen unabhängigen Gründen gezwungen war, seine Erwerbstätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat vor Ablauf eines Jahres zu beenden. Davon betroffenen Unionsbürgern bleibt die Erwerbstätigen-Eigenschaft iSd Art 7 Abs 1 lit a RL 2004/38/EG erhalten, die Mitgliedstaaten können dies zeitlich begrenzen (Untergrenze 6 Monate).
III. Hinsichtlich der Reichweite des Anspruchs derart weiter aufenthaltsberechtigter Unionsbürger auf Gewährung von Sozialleistungen ist das Gleichbehandlungsgebot des Art 24 Abs 1 RL 2004/38/EG zu beachten.
- | Online seit - 15.10.2020
2414

Judikatursammlung

Keine Interessenabwägung nach § 11 Abs 3 NAG bei Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen

Leitsatz des Gerichts:
Lediglich bei Vorliegen bestimmter Erteilungshindernisse gemäß § 11 Abs 1 NAG bzw in Ermangelung einer Voraussetzung gemäß § 11 Abs 2 NAG ist gemäß § 11 Abs 3 NAG zu prüfen, ob ein Aufenthaltstitel erteilt werden kann, weil dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art 8 EMRK geboten ist. Das LVwG unterliegt somit einem Rechtsirrtum, wenn es - obwohl das Vorliegen eines Erteilungshindernisses gemäß § 11 Abs 1 Z 3, 5 oder 6 NAG bzw das Fehlen einer Voraussetzung gemäß § 11 Abs 2 Z 1 bis 7 NAG nicht festgestellt wurde - eine Abwägung nach § 11 Abs 3 NAG durchführte. Vielmehr wäre bei Vorliegen sämtlicher Erteilungsvoraussetzungen der beantragte Aufenthaltstitel zu erteilen gewesen.
- | Online seit - 14.10.2020
2415

Judikatursammlung

(Geplante) Wiederaufnahme des aufenthaltsrechtlichen Erstverfahrens entbindet nicht von Entscheidungspflicht im Verlängerungsverfahren

Leitsatz des Gerichts:
Die Verlängerung eines Aufenthaltstitels setzt eine aufrechte Titelerteilung voraus (vgl § 24 und § 2 Abs 1 Z 11 NAG). Selbst ein Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung würde nichts an der Entscheidungspflicht der Behörde ändern. Die Behörde (bzw das LVwG) hat im Verlängerungsverfahren zu prüfen, ob der zu verlängernde Aufenthaltstitel dem Rechtsbestand angehört, und ihre (bzw seine) - allenfalls auch negativ ausfallende - Entscheidung innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Entscheidungsfrist zu treffen.
- | Online seit - 13.10.2020
2416

Judikatursammlung

Haftungserklärungen zum Nachweis der erforderlichen Unterhaltsmittel

Leitsatz des Gerichts:
I. Wie sich aus § 11 Abs 5 NAG ergibt, kann der Nachweis des Vorhandenseins der notwendigen Unterhaltsmittel auch durch das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs erbracht werden; ein solcher kann sowohl aus einem gesetzlichen (etwa familienrechtlichen) als auch aus einem vertraglichen Titel herrühren.
II. Ein vertraglicher Unterhaltsanspruch ist durch Beibringung einer Haftungserklärung jenes Dritten, der sich zur Gewährung von Unterhalt verpflichtet hat, nachzuweisen.
III. Nach § 11 Abs 6 NAG ist die Möglichkeit eines Fremden, seine Unterhaltsmittel aus einem vertraglich bestehenden Unterhaltsanspruch abzuleiten, auf jene Fälle eingeschränkt, in denen dies im Gesetz (wie vorliegend bei der von der Erstrevisionswerberin beantragten Aufenthaltsbewilligung "Student" gemäß § 64 NAG) ausdrücklich für zulässig erklärt (bzw sogar die Vorlage einer Haftungserklärung verpflichtend angeordnet) wurde.
IV. Gemäß § 2 Abs 6 NAG ist bei einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nur die Vorlage einer (einzigen) Haftungserklärung zulässig. In einer Haftungserklärung können zwar mehrere Personen als Verpflichtete auftreten, dies hat jedoch die Haftung jedes Verpflichteten für den vollen Haftungsbetrag zur ungeteilten Hand zur Folge, sodass jeder Verpflichtete für sich über die erforderlichen Mittel verfügen muss.
V. Den Materialien zufolge (RV 330 BlgNR 24. GP 41) wird durch die in § 2 Abs 6 NAG vorgesehene Haftung "zur ungeteilten Hand" gemäß § 891 ABGB klargestellt, "dass jeder Haftende (um als solcher auch anerkannt werden zu können) im Rahmen der Prüfung der Tragfähigkeit der Erklärung auch für sich alleine die (gesamten) erforderlichen Mittel nachweisen muss". Die Gültigkeit einer Haftungserklärung wird allerdings für sich genommen nicht schon dadurch beeinträchtigt, dass im Falle (wie vorliegend) mehrerer Haftender einer der Unterzeichnenden nicht die notwendige finanzielle Leistungsfähigkeit aufweist und daher nicht als Haftender "anerkannt" werden kann.
VI. Weder die österreichische Staatsbürgerschaft noch ein Wohnsitz in Österreich sind zwingende Voraussetzungen für die Abgabe einer Haftungserklärung iSd § 2 Abs 1 Z 15 NAG.
VII. Eine Beeinträchtigung der Vollstreckbarkeit infolge der schwedischen Staatsangehörigkeit des älteren Bruders bzw seines Wohnsitzes in Schweden ist nicht zu sehen, zumal allfällige Regressansprüche einer Gebietskörperschaft aufgrund einer solchen Haftungserklärung zivilrechtliche Ansprüche darstellen und somit die unionsrechtlichen Regelungen betreffend die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilsachen zur Anwendung kommen.
VIII. Nach § 2 Abs 1 Z 15 NAG erfordert die Gültigkeit der Haftungserklärung den Nachweis der Leistungsfähigkeit desjenigen, der sie abgibt. Die Haftungserklärung ist dann tragfähig, wenn die Leistungsfähigkeit des Haftenden dazu ausreicht, neben dem eigenen Unterhalt auch den Unterhalt des begünstigten Fremden ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen zu bestreiten.
IX. Die Haftungserklärung umfasst zwar nicht nur die Deckung der Unterhaltsmittel, sondern auch den Ersatz jener Kosten, die iZm aufenthaltsbeendenden Maßnahmen entstehen können. Diese Kosten können jedoch nur dann in die Berechnung der notwendigen Mittel einfließen, wenn Anhaltspunkte für ihr Entstehen und ihre Höhe vorhanden sind.
X. Ersparnisse sind auf jenen Zeitraum anzurechnen, für den der beantragte Aufenthaltstitel zu erteilen ist, zumal das NAG - mit Ausnahme des Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" - nur befristete Rechtspositionen verleiht, bei denen die jeweilige finanzielle Situation in einem allfälligen Verlängerungsverfahren ohnehin neu zu beurteilen ist. Folglich ist in einem Fall wie dem vorliegenden für die aliquote Anrechnung der Ersparnisse mit Blick auf § 20 Abs 1 NAG auf einen Beurteilungszeitraum von zwölf Monaten abzustellen und nicht auf die im § 2 Abs 1 Z 15 NAG vorgesehene Gültigkeitsdauer der Haftungserklärung von fünf Jahren.
XI. Der VwGH hat die Vergleichbarkeit des jederzeit verfügbaren Guthabens aus Wertpapierdepots mit Spareinlagen und dessen Eignung zum Nachweis der erforderlichen Unterhaltsmittel bereits anerkannt.
XII. Da die revisionswerbenden Parteien ein einziges Erkenntnis in drei getrennten Revisionen angefochten haben, die alle durch dieselbe Rechtsanwältin eingebracht worden sind, ist Aufwandersatz (für den Schriftsatzaufwand) gemäß § 53 Abs 2 iVm Abs 1 VwGG nur an die Erstrevisionswerberin zu zahlen. Die Eingabengebühr nach § 24a VwGG ist hingegen für alle im Verfahren verbundenen Revisionen zuzusprechen.
- | Online seit - 12.10.2020
2417

Judikatursammlung

Verhandlungspflicht bei Zweifeln an gemeinsamem Familienleben

Leitsatz des Gerichts:
Nach stRsp des VwGH kann die Frage der Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden, sondern kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks in Bezug auf die für die Abwägung nach Art 8 EMRK relevanten Umstände besondere Bedeutung zu. Diese Rsp ist für die nach § 30 Abs 1 NAG relevante Frage, ob Ehegatten ein gemeinsames Familienleben iSd Art 8 EMRK führen oder nicht, auch auf den vorliegenden Fall, in dem lediglich der Ehegatte der Revisionswerberin in Österreich aufhältig ist, übertragbar.
- | Online seit - 08.10.2020