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3591

Judikatursammlung

Anerkennung von Namensänderung und Änderung der Geschlechtsidentität

Leitsatz des Gerichts:
I. Eine nationale Regelung, die es nicht erlaubt, rechtmäßige Änderungen des Namens und der Geschlechtsidentität, die in einem anderen Mitgliedstaat erworben wurden, anzuerkennen oder einzutragen, verletzt die Rechte gemäß Art 20 und 21 AEUV im Lichte der Art 7 und 45 GRC.

II. Die Pflicht, ein neuerliches (gerichtliches) Verfahren zu erwirken, verletzt das Recht gemäß Art 21 Abs 1 AEUV.

III. Ist der Mitgliedstaat, in welchem die Änderung erwirkt wurde, nachträglich aus der Union ausgetreten, so ändert dies nichts an der rechtlichen Beurteilung, wenn dieser Mitgliedstaat zum Zeitpunkt der Namens-/Geschlechtsänderung noch Mitglied der EU war.

IV. Art 8 EMRK, auf den Art 7 GRC gemäß Art 52 Abs 3 GRC Bezug nimmt und der ein Recht auf sexuelle Identität umfasst, sieht auch eine positive Verpflichtung der Staaten vor, ein wirksames und zugängliches Verfahren zur Gewährleistung dieses Rechts bereitzustellen.

V. Eine nationale Regelung darf dieses Grundrecht weder verunmöglichen noch unnötig erschweren.
- | Online seit - 26.02.2025
3590

Judikatursammlung

Neuerlich zur Nachweispflicht einer ortsüblichen Unterkunft

Leitsatz des Gerichts:
I. Nach stRsp des VwGH obliegt es dem Fremden, initiativ und untermauert durch entsprechende Bescheinigungsmittel einen Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft nachzuweisen.

II. Bei der Einschätzung, ob eine Unterkunft als ortsüblich iSd § 11 Abs 2 Z 2 NAG zu qualifizieren ist, handelt es sich regelmäßig um eine einzelfallbezogene Beurteilung, die im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rsp entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist.
- | Online seit - 25.02.2025
3572

Judikatursammlung

Grundsatz der Nichtzurückweisung bei illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen

Leitsatz des Gerichts:
I. Art 5 RL 2008/115/EG iVm Art 19 Abs 2 GRC sind so auszulegen, dass sich eine Verwaltungsbehörde des Grundsatzes der Nichtzurückweisung vergewissern muss, indem die zuvor gegen einen Drittstaatsangehörigen im Rahmen eines Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes erlassene Rückkehrentscheidung im Hinblick auf diesen Grundsatz überprüft wird.

II. Die RückführungsRL und somit auch der Grundsatz der Nichtzurückweisung gemäß Art 5 RL 2008/115/EG sind auch auf illegal aufhältige Drittstaatsangehörige anwendbar.

III. Art 13 Abs 1 und 2 iVm Art 5 RL 2008/115/EG, Art 19 Abs 2 GRC und Art 47 GRC ist dahin auszulegen, dass er ein nationales Gericht verpflichtet, von Amts wegen einen sich aus der Vollstreckung dieser Entscheidung resultierenden etwaigen Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung auf der Grundlage der ihm zur Kenntnis gebrachten Umstände des Falles, so wie sie nach Abschluss eines kontradiktorischen Verfahrens ergänzt oder aufgeklärt wurden, festzustellen.

IV. Betroffenen muss ermöglicht werden, sich auf eine Änderung der Umstände zu berufen. Stellen diese eine Gefahr iSd Art 4 und Art 19 Abs 2 GRC dar, ist eine Rückkehrentscheidung aufzuschieben.
- | Online seit - 24.02.2025
3670

Rezension

Lisa Holl, Assoziationsrecht EWG/Türkei und das NAG, Handbuch

Lisa Holl, Assoziationsrecht EWG/Türkei und das NAG, Handbuch, 1. Auflage, Jan Sramek Verlag, Wien 2024, XIV, 276 Seiten, Festeinband, € 78,–, ISBN 978-3-7097-0378-6

Leitsatz des Gerichts:
- | Online seit - 21.02.2025
3671

Rezension

Anna-Lisa Müller, Migration? Reihe: Frag doch einfach! Klare Antworten aus erster Hand

Anna-Lisa Müller, Migration? Reihe: Frag doch einfach! Klare Antworten aus erster Hand, 1. Auflage, utb-Band aus dem UVK Verlag, München 2024, 169 Seiten, kartoniert, € 21,50, ISBN 978-3-8252-5694-4

Leitsatz des Gerichts:
- | Online seit - 21.02.2025
3589

Judikatursammlung

Auslegung von "besonders schwierigen Umständen" bei Familienzusammenführung

Leitsatz des Gerichts:
I. Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet Familienangehörigen aufgrund "besonders schwieriger Umstände" einen eigenen Aufenthaltstitel zu gewähren, wenn sie diesen aufgrund von ihnen nicht zu vertretenden Gründen verloren haben.

II. RL 2003/86/EG verfolgt das Ziel, Familien im Wege der Familienzusammenführung eine soziokulturelle Stabilität zu ermöglichen. Jedoch verfolgt Art 15 Abs 3 Satz 2 RL 2003/86/EG das spezifische Ziel, den Aufenthaltsstatus der Familienangehörigen nicht von jenem des Zusammenführenden abhängig zu machen.

III. Art 15 Abs 3 Satz 2 RL 2003/86/EG darf nicht auf das Zerbrechen einer Paarbeziehung reduziert werden, sondern stellt vielmehr auf Situationen ab, die sich geradewegs aufgrund des Fortbestehens der Paarbeziehung ergeben.

IV. Die Verweigerung einer Verlängerung des Aufenthaltstitels setzt eine individualisierte Prüfung der Situation voraus.

V. Betrifft die Entscheidung ein minderjähriges Kind, so müssen Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen ergreifen, damit das Recht des Kindes gemäß Art 24 GRC gewahrt bleibt.
- | Online seit - 21.02.2025
3588

Judikatursammlung

Interessenabwägung: Familienleben betrifft alle Familienmitglieder

Leitsatz des Gerichts:
Angesichts dessen, dass die Revisionswerberin seit ihrer Geburt bisher durchgehend mit ihrer Familie in Wien gelebt hat, bedarf es einer näheren Auseinandersetzung mit den zu erwartenden konkreten Lebensumständen der Revisionswerberin und ihrer Familie, um beurteilen zu können, inwiefern ihre Interessen iSd Art 8 EMRK - insb das Kindeswohl (auch jenes der Geschwister der Revisionswerberin) - bei einer Trennung beeinträchtigt wären. Wenn lediglich eine (zumindest vorübergehende) Trennung der Revisionswerberin von ihrem Vater in den Blick genommen wird, eine Beurteilung der Auswirkungen der angefochtenen Entscheidung auf das Familienleben der Revisionswerberin auch in Bezug auf die anderen Familienmitglieder jedoch unterbleibt, ist die Interessenabwägung unzureichend.
- | Online seit - 20.02.2025
3587

Judikatursammlung

Verbesserte Allgemeinsituation von Asylwerbenden in Griechenland

Leitsatz des Gerichts:
I. Angesichts der verbesserten Allgemeinsituation für Asylwerbende in Griechenland ist nicht davon auszugehen, dass der asylsuchenden Person im Falle einer Rückkehr nach Griechenland mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche Behandlung (Art 3 EMRK) und/oder kein Zugang zu einem Asylverfahren drohen. Liegt zudem eine ausdrückliche "Einzelfallzusicherung" vor, wonach der asylsuchenden Person Zugang zu einem Asylverfahren gewährt und sie Unterkunft und Versorgung entsprechend dem Unionsrecht erhalten werde, so wird diese Vermutung noch wesentlich untermauert.

II. Liegt kein generelles systemisches Defizit von Aufnahmekapazitäten in einem bestimmten Staat (zB Griechenland) vor, so kann eine adäquate Versorgung und Unterbringung von asylsuchenden Personen angenommen werden.
- | Online seit - 19.02.2025
3586

Judikatursammlung

Gewährung eines Aufenthaltsrechts aus humanitären Gründen

Leitsatz des Gerichts:
I. Einem Mitgliedstaat steht es frei, einem Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltsrecht zu gewähren, das nicht in den Anwendungsbereich der RL 2011/95/EU fällt, wenn sich dieses klar von dem nach dieser Richtlinie gewährten internationalen Schutz unterscheidet.

II. Ist ein Mitgliedstaat unfähig, die Frist der Vollstreckung einer Rückkehrentscheidung gemäß RL 2008/115/EG einzuhalten, so ist dem Betroffenen eine schriftliche Bestätigung hierüber auszustellen.

III. Art 1, 4 und 7 GRC verpflichten einen Mitgliedstaat nicht dazu, einem Drittstaatsangehörigen, der sich illegal im Hoheitsgebiet aufhält, ein Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen zu gewähren.

IV. Solange ein illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger noch nicht abgeschoben wurde, sind dessen Rechte gemäß Art 14 Abs 1 RL 2008/115/EG und der GRC zu wahren.

V. Ein Drittstaatsangehöriger kann sich zudem, wenn er über die Eigenschaft einer Person verfügt, die internationalen Schutz beantragt und im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats verbleiben darf, auf die in der RL 2013/33/EU verankerten Rechte berufen.
- | Online seit - 18.02.2025
3584

Judikatursammlung

Überführung durch Social Media Profile

Leitsatz des Gerichts:
I. Nach Einschätzung der EUAA erreicht die willkürliche Gewalt in Mogadischu zwar ein hohes Niveau, sodass ein geringes Level an zusätzlichen individuellen Elementen ausreicht, um eine reale Gefahr iSd Art 15 lit c Status-RL anzunehmen. Die bloße Präsenz einer Person in diesem Gebiet löst jedoch noch keine reale Gefahr einer solchen Verletzung aus (EUAA, Country Guidance: Somalia, August 2023, 173).

II. Gegen einen Beschwerdeführer, der über eine schulische bzw akademische Bildung und langjährige Arbeitserfahrung verfügt, der auch individuell nicht von einer prekären Versorgungslage betroffen war, der zwar nicht dem dominanten Mehrheitsclan in Mogadischu angehört, dort aber auch keine Diskriminierung erfuhr, und der familiäre und freundschaftliche Anknüpfungspunkte in Mogadischu hat, kann eine Rückkehrentscheidung erlassen werden.
- | Online seit - 17.02.2025
3583

Judikatursammlung

"High profile"-Deserteure und ihre Bedeutung für die asylrelevante Verfolgung

Leitsatz des Gerichts:
I. Bei der Erledigung der Staatsdienste nehmen Richter und Staatsanwälte als hohe Beamte einen großen Stellenwert ein. Aufgrund der niedrigen Schwelle in Syrien, als politisch oppositionell angesehen zu werden, bringt das Desertieren vom aktiven Staatsdienst als Richter eine politisch oppositionelle Gesinnung zum Ausdruck. Richter als hohe Staatsbedienstete stellen somit "High profile"-Deserteure dar.

II. In erster Linie hat ein "High profile"-Deserteur in Syrien selbst schwere Menschenrechtsverletzungen und Folter zu befürchten. Zusätzlich haben Angehörige von Deserteuren und Wehrdienstverweigerern mit Repressalien, wie Belästigung, Erpressung, Drohungen, Einvernahmen und Haft zu rechnen. Familien von Deserteuren sind dabei einem höheren Risiko ausgesetzt als jene von Wehrdienstverweigerern.
- | Online seit - 14.02.2025
3582

Judikatursammlung

Rechtswidrigkeit der Sicherstellung eines Reisepasses mangels Vorliegens von Voraussetzungen des § 39 Abs 1 BFA-VG

Leitsatz des Gerichts:
I. Zwar verwehrt eine aufschiebende Wirkung den Behörden nicht generell während eines anhängigen Verfahrens vor dem VwGH Schritte zur Vorbereitung der Abschiebung zu setzen, obwohl noch nicht feststeht, ob die Zulässigkeit der Abschiebung gegeben sein wird. Derartige Maßnahmen (zB Sicherstellung) müssen aber jedenfalls verhältnismäßig sein, um nicht als unzulässig qualifiziert zu werden.

II. Beim Tatbestand des § 46 Abs 1 Z 1 FPG (Abschiebung zum Zweck der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit) ist etwa eine zweimalige Beschäftigung ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung nicht ausreichend, um von einer Akutgefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit durch die Anwesenheit der fremden Person im Bundesgebiet auszugehen.
- | Online seit - 13.02.2025
3580

Judikatursammlung

Familiennachzug: Zeitpunkt der Antragstellung, objektiv entschuldbarer Grund für Verzögerung

Leitsatz des Gerichts:
I. Nach stRsp des VwGH begründet § 19 Abs 1 NAG ein Formalerfordernis, dessen Missachtung nicht zur sofortigen Zurückweisung führen darf, sondern einer Verbesserung nach § 13 Abs 3 AVG zugänglich ist, die in einer persönlichen Bestätigung der Antragstellung besteht. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen gemäß § 13 Abs 3 letzter Satz AVG als ursprünglich richtig eingebracht. Wenn die Revisionswerberin entgegen § 19 Abs 1 erster Satz NAG ihren Erstantrag im Februar 2020 schriftlich bei der Österreichischen Botschaft in Nairobi eingebracht hat und - unabhängig davon, dass kein Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs 3 AVG erteilt wurde - im Oktober 2020 dem Erfordernis der persönlichen Antragstellung nachgekommen ist, gilt ihr Antrag als im Februar 2020 eingebracht.

II.  Gemäß § 10 Abs 2 letzter Satz AVG hat die Behörde die Behebung etwaiger Mängel einer Bevollmächtigung unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs 3 AVG von Amts wegen zu veranlassen. In Entsprechung eines solchen Verbesserungsauftrags kann eine (fehlerfreie) Vollmachtsurkunde nicht nur nachgereicht, sondern auch (bei einer - vorangegangenen - mündlichen Bevollmächtigung im Innenverhältnis) erst im Nachhinein errichtet werden. Wenn wie im vorliegenden Fall von der Behörde kein Verbesserungsauftrag in Bezug auf eine etwaige fehlerhafte bzw fehlende Unterfertigung der Vollmacht erteilt wurde, kann - auch vor dem Hintergrund der ohnehin im Oktober 2020 erfolgten persönlichen Antragstellung der Revisionswerberin bei der Österreichischen Botschaft in Nairobi - nicht von einem unzulässigen Antrag ausgegangen werden.

III. Wird ein Antrag auf Familienzusammenführung nicht innerhalb von drei Monaten nach Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an die Ankerperson gestellt, ist in weiterer Folge zu prüfen, ob eine Berufung auf Art 10 Abs 3 lit a RL 2003/86/EG im konkreten Fall deshalb zulässig ist, weil die verspätete Antragstellung iSd EuGH-Rsp "aufgrund besonderer Umstände objektiv entschuldbar" war. Die solcherart einzelfallbezogene Beurteilung ist - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rsp entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - grundsätzlich nicht revisibel.

IV. Wenn die zusammenführende Tochter seit ihrer Flucht aus Somalia den Kontakt zur revisionswerbenden Mutter verloren hatte, sie zudem im März 2018 über das Rote Kreuz versucht hat, ihre Mutter zu finden, aber erst Ende Jänner 2020 den Kontakt zu ihrer Mutter wiederherstellen konnte und die Revisionswerberin bereits unmittelbar darauf Ende Februar 2020 den Antrag auf Familienzusammenführung stellte, sind diese Umstände als objektiv entschuldbarer Grund für die verzögerte Antragstellung anzusehen.
- | Online seit - 12.02.2025
3581

Judikatursammlung

Anderer geltender Maßstab hinsichtlich Aussageverhalten eines Minderjährigen

Leitsatz des Gerichts:
Der minderjährige Beschwerdeführer wird im Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch die Nichtzuerkennung des Asylstatus verletzt, insb erfolgte keine Beurteilung des Aussageverhaltens in erster Instanz anhand des für Minderjährige geltenden Maßstabs.
- | Online seit - 11.02.2025
3577

Judikatursammlung

Keine aktuelle und individuelle Verfolgungsgefahr bei mangelnder Kontrolle über die Herkunftsregion durch die Behörden des Heimatstaats

Leitsatz des Gerichts:
I. Bei der Beurteilung einer behaupteten aktuellen Verfolgungsgefahr iSd GKF ist ausschließlich auf den Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung abzustellen. Eine potenzielle Änderung der Umstände, wie etwa eine zukünftige Änderung der Machtverhältnisse im Herkunftsland, ist nicht zu berücksichtigen.

II. Befindet sich die Heimatregion der fremden Person unter der Kontrolle oppositioneller Gruppierungen und haben die Behörden des Heimatlandes daher keinen Zugriff auf die dort lebenden Personen, so besteht vonseiten der Behörden keine aktuelle Verfolgungsgefahr iSd GFK. Dies gilt umso mehr, wenn eine Einreisemöglichkeit ohne die Gefahr eines Kontakts mit den Behörden des Herkunftsstaats besteht.

III. Eine prekäre Sicherheitslage und Bürgerkrieg im Herkunftsland stellen per se keinen Asylgrund iSd GFK dar. Diesen allgemeinen Gefahren, welche noch keine individuelle und aktuelle Verfolgungsgefahr bedeuten, ist jedoch uU mit der Zuerkennung subsidiären Schutzes Rechnung zu tragen, wenngleich dies nicht für eine Asylzuerkennung ausreicht.

IV. Befindet sich die Heimatregion der fremden Person nicht unter der Kontrolle der Behörden des Herkunftsstaats und hat diese Person trotz bereits längeren Überschreitens des wehrpflichtigen Alters noch nie einen Einberufungsbefehl oder eine Vorladung zur Musterung erhalten, so ist nicht davon auszugehen, dass im Falle der Rückkehr eine Einberufung oder Zwangsrekrutierung droht.
- | Online seit - 10.02.2025
3578

Judikatursammlung

Bedrohung von konvertierten Christen in Ägypten

Leitsatz des Gerichts:
I. Die Verfolgung aufgrund einer Konversion vom Islam zum Christentum stellt einen asylrelevanten Verfolgungsgrund gemäß Art 1 Abschnitt A Ziffer 2 GFK dar.

II. Konvertierte Christen erleben in Ägypten schwerste Verfolgung.
- | Online seit - 07.02.2025
3579

Judikatursammlung

Situation alleinstehender Frauen in Somalia

Leitsatz des Gerichts:
Eine mangelhafte Auseinandersetzung mit dem Fluchtvorbringen sowie den Länderberichten zur Situation alleinstehender Frauen in Somalia bewirkt eine Verletzung der Beschwerdeführerin im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander.
- | Online seit - 06.02.2025
3565

Judikatursammlung

Flüchtlingsschutz für Frauen bei geschlechtsspezifischer Verfolgung und Diskriminierung

Leitsatz des Gerichts:
I. Art 9 Abs 1 lit b RL 2011/95/EU ist dahin auszulegen, dass unter den Begriff "Verfolgungshandlung" eine Kumulierung von Frauen diskriminierenden Maßnahmen fällt, die von einem "Akteur, von dem Verfolgung ausgeht", iSv Art 6 dieser Richtlinie getroffen oder geduldet werden.

II. Insb liegt ein solcher Fall vor bei Fehlen jedes rechtlichen Schutzes vor geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt sowie Zwangsverheiratungen, der Verpflichtung, ihren Körper vollständig zu bedecken und ihr Gesicht zu verhüllen, der Beschränkung des Zugangs zu Gesundheitseinrichtungen sowie der Bewegungsfreiheit, dem Verbot oder der Beschränkung der Ausübung einer Erwerbstätigkeit, der Verwehrung des Zugangs zu Bildung, dem Verbot, Sport auszuüben, und der Verwehrung der Teilhabe am politischen Leben, da diese Maßnahmen durch ihre kumulative Wirkung die durch Art 1 GRC gewährleistete Wahrung der Menschenwürde beeinträchtigen.

II. Art 4 Abs 3 RL 2011/95/EU ist dahin auszulegen, dass er die zuständige nationale Behörde nicht verpflichtet, bei der Feststellung, ob angesichts der im Herkunftsland einer Frau zum Zeitpunkt der Prüfung ihres Antrags auf internationalen Schutz vorherrschenden Bedingungen diskriminierende Maßnahmen, denen sie in diesem Land ausgesetzt war oder ausgesetzt sein könnte, Verfolgungshandlungen iSv Art 9 Abs 1 dieser Richtlinie darstellen, im Rahmen der individuellen Prüfung dieses Antrags iSv Art 2 lit h dieser Richtlinie andere Aspekte ihrer persönlichen Umstände als ihr Geschlecht oder ihre Staatsangehörigkeit zu berücksichtigen.
- | Online seit - 05.02.2025
3576

Judikatursammlung

Zurückverweisung aufgrund fehlender Ermittlungen zum ausländischen (hier: somalischen) Personenstandsrecht

Leitsatz des Gerichts:
I. Sofern Zweifel hinsichtlich des behaupteten Familienverhältnisses vorliegen, hat die zuständige Behörde für die Beurteilung eines Antrags entsprechende Ermittlungen zum ausländischen Personenstandsrecht durchzuführen. Wird zB vorgebracht, dass die Mutter der fremden minderjährigen Person verstorben, der Vater unbekannt und die Bezugsperson die Tante der fremden Person ist, so ist zu ermitteln, ob nach dem ausländischen Kindschafts- und Obsorgerecht einem volljährigen Familienmitglied automatisch die Obsorge bzw gesetzliche Vertretung des Waisenkinds zukommt oder ob hierfür weitere Rechtsakte (zB Adoption) notwendig sind.

II. Um unter den Familienangehörigenbegriff des § 35 Abs 5 AsylG zu fallen, ist zu klären, ob das Adoptivverhältnis bereits vor der Einreise der Bezugsperson in das Bundesgebiet vorgelegen ist. Ansonsten würde eine nachträgliche Adoption eine Einreise und in weiterer Folge einen Zugang zum Familienverfahren nach § 34 AsylG ermöglichen, ohne dass eine Familienangehörigeneigenschaft bzw ein Familienleben iSd Art 8 EMRK jemals im Herkunftsstaat bestanden hätte.

III. Eine Zurückverweisung darf nur bei krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken erfolgen, bspw wenn die zuständige Behörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß im Ansatz Ermittlungen durchgeführt hat. Ergeben sich erhebliche Zweifel bei einem behaupteten Familienverhältnis, so sind etwa in Bezug auf die gesetzliche Vertretung bzw Obsorge geeignete Ermittlungen zu den einschlägigen ausländischen Rechtsvorschriften durchzuführen.
- | Online seit - 04.02.2025
3560

Judikaturbesprechung

Das BVwG zum besonders schweren Verbrechen nach § 6 Abs 1 Z 4 AsylG

Leitsatz des Gerichts:
I. Die Anwendung des § 6 Abs 1 Z 4 AsylG setzt voraus, dass ein Verbrechen iSd § 17 StGB begangen wurde.

II. Bei einer Verurteilung durch ein ausländisches Gericht ist zunächst zu prüfen, ob diese Verurteilung den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht und eine Verurteilung wegen eines Verbrechens vorliegt.

III. Erst in einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob es sich dabei um ein "besonders schweres Verbrechen" handelt (vgl VwGH 31.1.2023, Ra 2021/19/0332, mwN).

IV. Neben den konkreten Tatumständen muss das Vorliegen jeglicher Milderungsgründe und auch die konkret verhängte Strafe berücksichtigt werden (VwGH 25.7.2023, Ra 2021/20/0246).

V. Wenn das ausländische Berufungsgericht das Strafmaß vom erstinstanzlichen Urteil derart mildernd abändert, dass eine Entlassung nach der Hälfte der Haftstrafe vorgesehen ist, dann ist dies als Indiz dafür zu werten, dass der Unrechtsgehalt der "besonderen Schwere" nicht erreicht wurde.
- | Online seit - 03.02.2025