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3517

Judikatursammlung

Keine Maßnahmenbeschwerde gegen eine Übernahme aus der Strafhaft in die Schubhaft

Leitsatz des Gerichts:
I. Eine Festnahme stellt keine notwendige Voraussetzung für die Verhängung einer Schubhaft dar. Die Schubhaft kann auch gegenüber einem bereits vor der Behörde anwesenden oder wegen anderweitiger Anordnung (etwa aufgrund der zu verbüßenden Strafhaft) angehaltenen Fremden mit Bescheid angeordnet und auf dieser Grundlage unmittelbar vollzogen werden.

II. Eine direkte Übernahme von einer verbüßten Strafhaft in die Schubhaft stellt keine Festnahme und folglich keinen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar. Eine dagegen erhobene Maßnahmenbeschwerde ist mangels Akts unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zurückzuweisen.
- | Online seit - 19.11.2024
3514

Judikatursammlung

Neuerlich zu notwendigen Zeugeneinvernahmen iZm Familienzusammenführungen

Leitsatz des Gerichts:
I. Nach stRsp des VwGH ist Beweisanträgen grundsätzlich zu entsprechen, wenn die Aufnahme des darin begehrten Beweises im Interesse der Wahrheitsfindung notwendig erscheint. Beweisanträge dürfen nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel an sich ungeeignet ist, über den betreffenden Gegenstand einen Beweis zu liefern und folglich zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts beizutragen.

II. Der bloße Umstand, dass der derzeitige konkrete Aufenthaltsort des gewalttätigen Ex-Ehemannes (in der Türkei oder in Usbekistan) unbekannt ist, schließt die von den Revisionswerbern behauptete mögliche erneute Gefährdung (insb) der Erstrevisionswerberin durch diesen im Fall der Rückkehr der Revisionswerber in den Heimatstaat nicht aus. Ist aber eine solche Gefährdung nicht auszuschließen, so kann auch dem Antrag auf zeugenschaftliche Vernehmung der behandelnden Fachärztin zum Beweis dafür, dass den Revisionswerbern aufgrund der behaupteten psychischen Erkrankung der Erstrevisionswerberin (infolge der Übergriffe des Ex-Ehemannes bereits in der Vergangenheit) eine Rückkehr nach Usbekistan nicht möglich sei, eine erhebliche Bedeutung nicht von vornherein abgesprochen werden.

III. Um beurteilen zu können, ob im Fall der Versagung der Aufenthaltstitel eine Trennung von den Revisionswerbern zu keiner Beeinträchtigung des Zusammenführenden im Kernbestand seiner Unionsbürgerrechte führen und ihn insb nicht de facto zwingen würde, Österreich und das Unionsgebiet zu verlassen, sind weitergehende Ermittlungen - insb auch durch amtswegige zeugenschaftliche Vernehmung des Zusammenführenden - durchzuführen.
- | Online seit - 18.11.2024
3516

Judikatursammlung

Unbilligkeiten eines Bürgerkrieges nicht ausreichend für eine asylrelevante Verfolgung

Leitsatz des Gerichts:
I. Das Vorherrschen eines Bürgerkrieges im Heimatland des Asylwerbers begründet für sich allein keine Verfolgungsgefahr iSd GFK.

II. Um asylrelevante Verfolgung vor dem Hintergrund einer Bürgerkriegssituation erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die Unbilligkeiten eines Bürgerkrieges – die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffen – hinausgeht.
- | Online seit - 15.11.2024
3513

Judikatursammlung

Verpflichtung zur Auseinandersetzung mit der volatilen Sicherheitslage im Entscheidungszeitpunkt

Leitsatz des Gerichts:
Die Asylbehörden haben bei den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat als Grundlage für die Beurteilung des Vorbringens von Asylwerbern die zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten und insb Berichte der mit Flüchtlingsfragen befassten Organisationen in die Entscheidung einzubeziehen.
- | Online seit - 14.11.2024
3419

Judikatursammlung

Frauen mit besonderem Risikoprofil in Syrien

Leitsatz des Gerichts:
Indem das BVwG den Umstand unberücksichtigt lässt, dass die Beschwerdeführerin dem in den Länderberichten beschriebenen besonderen Risikoprofil entspricht und ein dahingehendes Vorbringen erstattet hat, als alleinstehende, geschiedene Frau gemeinsam mit ihren Kindern Gewalt und Belästigung zu erfahren, hat es die Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt unterlassen und daher sein Erkenntnis mit Willkür belastet.
- | Online seit - 13.11.2024
3512

Judikatursammlung

Zur Unmöglichkeit einer meritorischen Entscheidung

Leitsatz des Gerichts:
Wird kein neuer Fluchtgrund vorgebracht bzw handelt es sich bei behaupteten Tatsachen um keinen neuen oder neu hervorgekommenen (glaubhaften) Sachverhalt, so hat die zuständige Behörde keine inhaltliche Überprüfung ihrer seinerzeitigen Erledigung durchzuführen (§ 68 Abs 1 AVG).
- | Online seit - 12.11.2024
3382

Judikatursammlung

Folgeantrag bei selbst geschaffenen subjektiven Nachfluchtgründen

Leitsatz des Gerichts:
I. Nach dem Urteil des EuGH vom 29.2.2024 in der Rechtssache C-222/22, JF, steht Art 5 Abs 3 Status-RL der Bestimmung des § 3 Abs 2 zweiter Satz AsylG 2005 entgegen, weil diese Bestimmung - in ihrer derzeitigen Fassung - die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten aufgrund eines (auf subjektiven Nachfluchtgründen beruhenden) Folgeantrages von der Voraussetzung abhängig macht, dass die geltend gemachten Umstände (nachweislich) Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung des Antragstellers sind.

II. Die Bestimmung ist daher von österreichischen Behörden und Gerichten nicht anzuwenden, zumal die Umsetzung von Art 5 Abs 3 Status-RL in innerstaatliches Recht bloß eine Befugnis bzw "fakultative" Möglichkeit der Mitgliedstaaten darstellt.

III. Die Verwendung des Ausdrucks "insbesondere" in § 3 Abs 2 erster Satz AsylG 2005 in Bezug auf Fälle, in denen diese Aktivitäten nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind, bedeutet, dass sich Antragsteller sowohl im Rahmen eines Erstantrags auf internationalen Schutz als auch im Rahmen eines Folgeantrags grundsätzlich auch auf Aktivitäten berufen können, die nicht Ausdruck und Verlängerung einer solchen Überzeugung oder Ausrichtung sind.
- | Online seit - 11.11.2024
3509

Judikatursammlung

Erstmalige Thematisierung von Verfolgungsgründen in der Beschwerdebegründung

Leitsatz des Gerichts:
I. Für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ist es nicht zwingend erforderlich, dass ein Asylwerber bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, noch ist eine bereits stattgefundene Verfolgung ("Vorverfolgung") für sich genommen hinreichend. Maßgeblich ist eine asylrelevante Verfolgung im Entscheidungszeitpunkt.

II. Nicht jede diskriminierende Maßnahme gegen eine Person ist als "Verfolgung" iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK anzusehen, sondern nur solche, die in ihrer Gesamtheit zu einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte der Betroffenen führen (vgl Art 9 Abs 1 der Status-RL).

III. Um das Schutzbegehren zu rechtfertigen, muss das Vorbringen des Asylwerbers eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Dabei muss es gelingen, eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen.
- | Online seit - 08.11.2024
3510

Judikatursammlung

Unwahrscheinlichkeit der Rekrutierung bei fehlender Kontroll- und Eingriffsmöglichkeit des syrischen Regimes

Leitsatz des Gerichts:
I. Auf eine mögliche oppositionelle politische Gesinnung für eine etwaige Verfolgungsgefahr kommt es dann nicht an, wenn ein kurdischer Beschwerdeführer aus einer Region stammt, die unter kurdischer Selbstverwaltung steht.

II. Mangels faktischer Rekrutierungsmöglichkeiten von Wehrpflichtigen durch syrische Behörden in kurdisch dominierten Selbstverwaltungsgebieten, kann von keiner Zwangsrekrutierung bei Rückkehr und in Folge auch keine Verfolgungsgefahr angenommen werden.

III. Die Einfluss- und Kontrollmöglichkeit der Heimatregion des Beschwerdeführers ist maßgeblich für Fragen wie die ethnische, militärische oder politische Verfolgung und in Folge für die Annahme einer Verfolgungsgefahr, die den Status eines Asylberechtigten rechtfertigen würde.
- | Online seit - 07.11.2024
3401

Judikatursammlung

Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung mangels Vorliegens eines nach Art 8 EMRK geschützten Familienlebens

Leitsatz des Gerichts:
I. Nach Art 8 EMRK geschützte Familienleben sind nicht auf durch Heirat rechtlich formalisierte Bindungen beschränkt. Erfasst sind auch andere faktische Familienbindungen, bei denen die Partner außerhalb des Ehestandes zusammenleben.

II. Ob bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften ein Familienleben iSd Art 8 EMRK begründet ist, hängt vom Bestehen enger persönlicher Bindungen ab, die sich in einer Reihe von Umständen (etwa dem Zusammenleben, der Länge der Beziehung, der Geburt gemeinsamer Kinder) äußern können.
- | Online seit - 06.11.2024
3395

Judikatursammlung

Weibliches Geschlecht als Identifizierungsmerkmal einer "bestimmten sozialen Gruppe" iSd Art 10 Abs 1 lit d RL 2011/95/EU

Leitsatz des Gerichts:
I. Art 10 Abs 1 lit d und Abs 2 RL 2011/95/EU ist dahin auszulegen, dass je nach den Gegebenheiten im Herkunftsland, (auch minderjährige) Frauen als einer „bestimmten sozialen Gruppe“ zugehörig angesehen werden können. Dies unter der Voraussetzung, dass es zu einer tatsächlichen Identifizierung mit dem Grundwert der Gleichheit von Frauen und Männern gekommen ist, welche im Sinne eines „Verfolgungsgrundes“ im Herkunftsland zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen kann.

II. Art 24 Abs 2 GRC ist dahin auszulegen, dass er es der zuständigen nationalen Behörde verwehrt, über einen von einem Minderjährigen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu entscheiden, ohne das Wohl des Minderjährigen im Rahmen einer individuellen Prüfung konkret bestimmt zu haben.
- | Online seit - 05.11.2024
3432

Judikatursammlung

Das Integrationsbemühen in Korrelation mit EURODAC-Treffern und strafrechtlichen Verurteilungen

Leitsatz des Gerichts:
I. Die Tatsache, dass sich die ehemalige Lebensgefährtin mit dem gemeinsamen Sohn und einer weiteren Tochter im Bundesgebiet aufhält, mag noch keine besonders starke Bindung an Österreich aufzeigen.

II. Wenn sich der gemeinsame Sohn im Bundesgebiet bei der Kindesmutter aufhält, die sich um ihn kümmert und ihn versorgt, während der beschwerdeführende Vater im Ausland bzw untergetaucht ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Sohn bisher eine besonders enge Bindung zum Beschwerdeführer aufbauen konnte.

III. Mehrfache Verurteilungen im Bundesgebiet, die im österreichischen Strafregister vermerkt wurden – unter anderem wegen Vergewaltigung – sprechen gegen eine gelungene Integration des Beschwerdeführers.

IV. Bei einer kurzen Aufenthaltsdauer von sechs Monaten ist auch nicht davon auszugehen, dass eine Integrationsverfestigung stattgefunden hat.
- | Online seit - 04.11.2024
3431

Judikatursammlung

Keine Unterbrechung des Verwaltungsstrafverfahrens bei Folgeanträgen

Leitsatz des Gerichts:
I. Der mit dem FrÄG 2017 eingeführte Verwaltungsstraftatbestand des § 120 Abs 1b FPG 2005 idF BGBl I Nr 27/2020 hat (ua) zwei Anwendungsvoraussetzungen, die kumulativ erfüllt sein müssen: Dies sind zunächst der Eintritt der Rechtskraft und die Durchsetzbarkeit der gegen den Fremden bestehenden Rückkehrentscheidung. Die zweite Voraussetzung stellt auf die Pflicht zur Inanspruchnahme eines Rückkehrberatungsgesprächs gemäß § 52a Abs 2 BFA-VG 2014 ab.

II. Die Erläuterungen zu § 120 Abs 7 FPG in der Stammfassung des Fremdenrechtspakets 2005 (RV 952 BlgNR 22. GP 137) halten fest, dass - um der GFK Genüge zu tun - ein Fremder, der "nach Stellung eines Asylantrags" aber vor Zuerkennung eines Status nach dem AsylG 2005 (§§ 3, 8 AsylG 2005) betreten werde, nicht strafbar sei, wenn ihm schlussendlich ein Status zuerkannt wird.

III. Die Erläuterungen zum Initiativantrag 2285/A BlgNR 25. GP 74 (zum FrÄG 2017) führen zu § 120 Abs 11 FPG (auszugsweise) aus, dass jene Verwaltungsstrafverfahren ua gemäß § 120 Abs 1b FPG nicht umfasst seien, die vor der Statuszuerkennung oder Erteilung eines Aufenthaltstitels oder einer Dokumentation nach dem NAG oder AsylG 2005 bereits abgeschlossen sind.
- | Online seit - 31.10.2024
3429

Judikatursammlung

Schlepperei kann nicht per se ohne Hinzutreten weiterer Umstände als besonders schwerwiegendes Verbrechen eingestuft werden

Leitsatz des Gerichts:
I. Das Delikt der Schlepperei ist nicht per se als besonders schweres Verbrechen iSd § 6 Abs 1 Z 4 AsylG zu qualifizieren. Für die Einstufung einer Tat als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend, haben besondere Umstände hinzuzutreten. Es muss für eine derartige Qualifikation etwa eine erhebliche Gefährdung, nicht unbedeutende Verletzung oder gar Tötung oder ein mit Folter vergleichbarer Eingriff in die Rechte der Geschleppten vorliegen.

II. Ist bei einer Schlepperei keine unmittelbar drohende und maßgeblich wahrscheinliche Gefahr für das Leben der geschleppten Personen beim Transport von zwei bis vier Fremden im Auto erkennbar, kommt es durch den Täter bzw die Täterin zu einem reumütigen Geständnis und führt er bzw sie ansonsten einen ordentlichen Lebenswandel, so liegt grds kein so schwerer Fall der Schlepperei vor, dass diese unter Straftatbestände zu subsumieren wäre, welche die Rechtsordnung der österreichischen Gesellschaft am stärksten beeinträchtigen.
- | Online seit - 30.10.2024
3427

Judikatursammlung

Die Verweigerung des Militärdienstes im Verhältnis zur GFK

Leitsatz des Gerichts:
I. Die Verweigerung des Militärdienstes kann aus Gründen erfolgen, die in den Verfolgungsgründen von Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK bzw Art 10 Status-RL keine Deckung finden.

II. Sie kann ua durch die Furcht begründet sein, sich den Gefahren auszusetzen, die die Ableistung des Militärdienstes im Kontext eines bewaffneten Konflikts mit sich bringt.

III. Allerdings kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Verweigerung des Militärdienstes in jedem Fall mit einem der von der GFK vorgesehenen Verfolgungsgründe verknüpft ist.
- | Online seit - 29.10.2024
3422

Judikatursammlung

Scheinehe spricht nicht per se gegen die Stellung als "begünstigter Drittstaatsangehöriger"

Leitsatz des Gerichts:
I. Grundsätzlich kommt Ehegatten von EWR-Bürgern die Stellung als „begünstigter Drittstaatsangehöriger“ zu, selbst dann, wenn die Ehe als Aufenthaltsehe zu qualifizieren ist, es sei denn, es liegt eine rechtskräftige Feststellung iSd § 54 Abs 7 NAG vor.

II. Wenn die Stellung als „begünstigter Drittstaatsangehöriger“ nicht mehr besteht, fehlt – neben einer etwaigen Aufenthaltsberechtigung eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers – eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes.

III. Ohne die Grundlage für ein Aufenthaltsverbot wird auch ein erteilter Durchsetzungsaufschub obsolet.
- | Online seit - 28.10.2024
3430

Judikatursammlung

Wehrdienstverweigerer aus ehemaligem Oppositionsgebiet als Bedrohung

Leitsatz des Gerichts:
I. Die Schwelle, von Seiten des syrischen Regimes als oppositionell betrachtet zu werden, mag schneller erreicht werden, als in anderen Staaten. Daher können Personen aus unterschiedlichen Gründen, teilweise auch willkürlich, als regierungsfeindlich angesehen werden.

II. Allerdings müssen sich dafür stichhaltige Hinweise darauf ergeben, dass die Person oppositionell tätig gewesen wäre, oder aus anderen Gründen ins Blickfeld der syrischen Behörden geraten wäre.

III. Der Umstand des sunnitischen Glaubens oder der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Araber alleine reicht für sich genommen nicht für die Begründung einer konkreten Verfolgung. Vielmehr muss eine solche Bedrohung drohen, substanziiert behauptet werden oder es müssen sich diesbezügliche Anhaltspunkte im Verfahren ergeben.

IV. Für eine Bedrohung oder Verfolgung durch das syrische Regime kommt es nicht unbedingt darauf an, ob eine Einberufung zum Militärdienst bereits vor der Ausreise erfolgt ist, ob eine behördliche Suche wegen des Militärdienstes bereits vor der Ausreise stattgefunden hat oder ob die Ausreise legal erfolgen konnte.

V. Es kommt vielmehr darauf an, mit welcher Wahrscheinlichkeit von einem Einsatz beim Militär im Falle einer nunmehrigen Rückkehr/Wiedereinreise in den Herkunftsstaat auszugehen ist.

VI. Diese Beurteilung hat anhand der Situation hinsichtlich der Einberufung zum Militärdienst im Herkunftsstaat und anhand des Profils der betroffenen Person zu erfolgen.
- | Online seit - 25.10.2024
3390

Judikatursammlung

Abhängigkeitsverhältnis eines Drittstaatsangehörigen, der Familienangehöriger eines Unionsbürgers ist

Leitsatz des Gerichts:
I. Es ist den Behörden eines Mitgliedstaats verwehrt, einem Drittstaatsangehörigen, der Familienangehöriger von Unionsbürgern ist, die Staatsangehörige dieses Mitgliedstaats sind, einen Aufenthaltstitel zu entziehen oder zu versagen, ohne zuvor geprüft zu haben, ob zwischen diesem Drittstaatsangehörigen und diesen Unionsbürgern ein Abhängigkeitsverhältnis besteht.

II. Ein Aufenthaltstitel kann nur entzogen oder versagt werden, wenn alle individuellen Umstände und die Verhältnismäßigkeit einer solchen Entscheidung gründlich geprüft wurden. Eine entgegenstehende nationale Regelung verletzt Art 20 AEUV iVm Art 47 GRC.

III. Sowohl im Verwaltungsverfahren wie auch im gerichtlichen Verfahren sind die Verteidigungsrechte der betroffenen Person zu wahren. Wird es dem Betroffenen und deren Vertreter verunmöglicht, Kenntnis der betreffenden Aktenstücke zu erlangen, so steht dies dem allgemeinen Grundsatz der guten Verwaltung und Art 47 GRC iVm Art 20 AEUV entgegen.

IV. Art 47 GRC iVm Art 20 AEUV verlangen nicht, dass ein Gericht befugt ist die Rechtmäßigkeit einer Aufenthaltsbescheinigung, die sich auf Informationen stützt, die als Verschlusssache eingestuft wurden, zu überprüfen und den betroffenen Personen Zugang zu all diesen Informationen zu gewähren. Jedoch muss das Gericht die Konsequenzen aus einer solch gelagerten Entscheidung der Behörden ziehen.
- | Online seit - 24.10.2024
3391

Judikatursammlung

Automatische Anerkennung von Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Flüchtlingseigenschaft

Leitsatz des Gerichts:
I. Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, die von einem anderen Mitgliedstaat erlassenen Entscheidungen über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft automatisch anzuerkennen. Es steht ihnen allerdings frei, dies zu tun.

II. Wird die Entscheidung eines anderen Mitgliedstaates nicht anerkannt, so muss die zuständige Behörde, wenn sie einen Antrag auf internationalen Schutz nicht als unzulässig ablehnen darf, weil der Antragsteller in einem anderen Mitgliedstaat, der ihm bereits einen solchen Schutz zuerkannt hat, der ernsthaften Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung iSd Art 4 GRC ausgesetzt wäre, eine neue individuelle, vollständige und aktualisierte Prüfung der Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vornehmen.

III. Im Rahmen dieser Prüfung muss die Entscheidung des anderen Mitgliedstaats, diesem Antragsteller internationalen Schutz zu gewähren, und die Anhaltspunkte, auf denen diese Entscheidung beruht, in vollem Umfang berücksichtigt werden. Zu diesem Zweck muss unverzüglich ein Informationsaustausch mit der Behörde eingeleitet werden, welche diese Entscheidung erlassen hat.
- | Online seit - 23.10.2024
3392

Judikatursammlung

Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung aufgrund der Ermessensklausel gemäß Art 17 Abs 1 Dublin III-VO

Leitsatz des Gerichts:
I. Art 27 Abs 1 Dublin III-VO ist dahin auszulegen, dass er die Mitgliedstaaten nicht dazu verpflichtet, einen wirksamen Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung vorzusehen, die aufgrund der Ermessensklausel in Art 17 Abs 1 leg cit erlassen wurde.

II. Art 47 GRC ist dahin auszulegen, dass er Mitgliedstaaten nicht daran hindert, eine Überstellungsentscheidung durchzuführen, bevor über einen nach Art 17 Abs 1 Dublin III-VO gestellten Antrag oder über einen Rechtsbehelf gegen die Bescheidung eines solchen Antrags entschieden wurde.

III. Die Frist von sechs Monaten für die Überstellung des Antragstellers gemäß Art 29 Abs 1 Dublin III-VO beginnt ab der Annahme des Gesuchs um Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person durch einen anderen Mitgliedstaat oder ab der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf gegen eine Überstellungsentscheidung oder über deren Überprüfung, wenn diese gemäß Art 27 Abs 3 leg cit aufschiebende Wirkung hat, zu laufen.
- | Online seit - 22.10.2024