Zum Hauptinhalt springen Skip to page footer

Zeige 521 bis 540 von 3476

3013

Judikatursammlung

Integrationsvereinbarung: Nachweispflicht gilt auch bei bestelltem Erwachsenenvertreter

Leitsatz des Gerichts:
I. Eine Partei kann sich zwar auf ein in einem anderen Verfahren erstattetes Sachverständigengutachten berufen. Sie wird dabei jedoch im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht - sofern dem nicht unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen - das Gutachten in Abschrift, Kopie etc vorzulegen haben.

II. Nach der ausdrücklichen Anordnung in § 10 Abs 3 Z 2 IntG, wonach der Drittstaatsangehörige die Unzumutbarkeit der Erfüllung des Moduls 2 durch ein amtsärztliches Gutachten "nachzuweisen" hat, und den diesbezüglichen Gesetzesmaterialien (vgl EBRV 1586 BlgNR 25. GP 7), wonach das Gutachten (durch den Drittstaatsangehörigen) "der Behörde vorzulegen" ist, ist davon auszugehen, dass das amtsärztliche Gutachten vom Fremden selbst einzuholen und vorzulegen ist.

III. Auch wenn den Fremden betreffende amtsärztliche Gutachten in anderen Verfahren (hier: bezüglich Mindestsicherung) vorliegen, legt dies nicht nahe, dass damit auch ein dem § 10 Abs 3 Z 2 IntG entsprechendes amtsärztliches Gutachten, wonach dem Fremden aufgrund seines schlechten Gesundheitszustands die Erfüllung des Moduls 2 nicht zugemutet werden könne, vorhanden wäre.
- | Online seit - 11.04.2023
3012

Judikatursammlung

Auslösung der Rechtsmittelfrist bei zulässiger Zustellung durch Hinterlegung nach § 8 Abs 2 ZustellG

Leitsatz des Gerichts:
Im Falle einer zulässigen Zustellung durch Hinterlegung eines Bescheides nach § 8 Abs 2 ZustellG ohne vorausgehenden Zustellversuch beginnt der Lauf der Beschwerdefrist mit ebendieser. Eine nachträgliche Übermittlung desselben Bescheides dient lediglich der Kenntnisnahme und begründet keinen neuen Fristenlauf.
- | Online seit - 07.04.2023
3011

Judikatursammlung

Rechtswidrigkeit der Hinterlegung einer Entscheidung ohne Zustellversuch bei grundsätzlicher Möglichkeit zur Feststellung des Aufenthaltsortes

Leitsatz des Gerichts:
Der Hinterlegung einer Entscheidung kommt die Wirkung einer rechtmäßigen Zustellung nur dann zu, wenn der Behörde keine andere Abgabestelle bekannt ist und sie vor Anordnung dieser besonderen Zustellung eine geänderte oder andere Abgabestelle der Partei nicht ohne Schwierigkeiten feststellen kann.
- | Online seit - 06.04.2023
3010

Judikatursammlung

Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde bzw Verwaltungsgerichte für Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft maßgeblich

Leitsatz des Gerichts:
Gemäß ständiger Rsp kommt es für die Asylgewährung auf die Flüchtlingseigenschaft zum Zeitpunkt der Entscheidung an. Daher ist es für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass der Fremde bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde bzw ist zum anderen auch eine bereits stattgefundene Verfolgung ("Vorverfolgung") für sich genommen nicht hinreichend. Entscheidend ist, ob er im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde bzw der Verwaltungsgerichte weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste.
- | Online seit - 05.04.2023
3065

Aufsatz

Die Servicestelle für die "Rot-Weiß-Rot – Karte" nach § 20h AuslBG

Im Jahr 2022 wurde die Servicestelle für die "Rot-Weiß-Rot – Karte" als zentrale Anlaufstelle zur Beratung von Unternehmen und Fachkräften im Zusammenhang mit aufenthalts- und ausländerbeschäftigungsrechtlichen Verfahren (insb "Rot-Weiß-Rot – Karte" und "Blaue Karte EU") in § 20h AuslBG verankert. Zu den gesetzlich verankerten Aufgaben der Servicestelle gehören vor allem die Zurverfügungstellung von Informationsangebot und die materiell-rechtliche Beratungstätigkeit.

Leitsatz des Gerichts:
- | Online seit - 04.04.2023
3009

Judikatursammlung

Annahme asylrelevanter Verfolgung bei erhöhtem Rekrutierungsdruck und maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zur Einziehung zum Militärdienst im Herkunftsstaat

Leitsatz des Gerichts:
I. Die Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung kann asylrechtliche Bedeutung zukommen, wenn das Verhalten des Betroffenen auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht oder dem Betroffenen wegen dieses Verhaltens vom Staat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird und den daraufhin verhängten Sanktionen jede Verhältnismäßigkeit fehlt.

II. Auch eine "bloße" Gefängnisstrafe kann unter dem Gesichtspunkt des Zwanges zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen eine asylrelevante Verfolgung sein.
- | Online seit - 04.04.2023
3003

Judikatursammlung

Behauptete Konversion zum Christentum aus asyltaktischen Gründen?

Leitsatz des Gerichts:
I. Wird von einer erwachsenen Person die Religion gewechselt, so kann davon ausgegangen werden, dass sich diese mit der bisherigen und der neuen Glaubensrichtung eingehend auseinandersetzt. Beschränkt sich etwa eine Aufzählung von Unterschieden zwischen dem Islam und dem Christentum bloß auf Stereotype, so wird damit eine Auseinandersetzung mit Glaubensinhalten und eine ernsthafte und innere Glaubensüberzeugung nicht dargelegt.

II. Ist in Bezug auf einen behaupteten Glaubenswechsel die Erzählweise hierzu knapp, wenig lebendig in der Ausdrucksweise und erschöpft sich diese in Stehsätzen, so erscheint ein emotionaler Bezug jedenfalls fragwürdig. Damit kann eine bewusste Hinwendung zu einer neuen Religion nicht schlüssig belegt werden.

III. Erfolgt die Kontaktaufnahme mit der Pfarre erst nach einer negativen Asylentscheidung durch das BFA, so kann daraus uU abgeleitet werden, dass eine behauptete Konversion zum Christentum nur aus asyltaktischen Gründen vorgebracht wird.
- | Online seit - 03.04.2023
3004

Judikatursammlung

Überschießende Spracherfordernisse für "Assoziationstürken" im Kontext der Familienzusammenführung als unionsrechtswidrige neue Beschränkung

Leitsatz des Gerichts:
I. Grundsätzlich sind neue Beschränkungen für türkische Arbeitnehmer im nationalen Recht der EU-Mitgliedstaaten im Vergleich zur Rechtslage zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des ARB (Beschluss 1/80 Assoziationsrat EWG - Türkei) nach dessen Art 13 verboten. Sie können aber nach Maßgabe des Art 14 ARB aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sein. Darüber hinaus sind (ungeschriebene) zwingende Gründe des Allgemeininteresses anerkannt. Neue Beschränkungen müssen darüber hinaus mit Blick auf das verfolgte Ziel geeignet und erforderlich sein (Verhältnismäßigkeit).

II. Eine Regelung im Recht eines EU-Mitgliedstaats, die für türkische Staatsangehörige bei Inanspruchnahme der Familienzusammenführung eine neue Hürde aufstellt, ist als neue Beschränkung iSd Art 13 ARB zu qualifizieren.

III. Die erfolgreiche Integration der zuzugswilligen Familienangehörigen türkischer Arbeitnehmer ist ein anerkannter zwingender Grund des Allgemeininteresses.

IV. Eine nationale Regelung, die für die Familienzusammenführung als neue Beschränkung fordert, dass der Zusammenführende eine Sprachprüfung eines bestimmten Niveaus vorlegt, dessen sonstige Integrationsfortschritte aber nicht berücksichtigt und auch die Integrationsfähigkeitsmerkmale der zuzugswilligen Familienangehörigen außer Acht lässt, wird dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht gerecht, weil sie über das für die Sicherstellung der Integration Erforderliche hinausgeht.
- | Online seit - 31.03.2023
3002

Judikatursammlung

Keine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG für Beschwerdeführer aus Aserbaidschan ohne Vorliegen besonderer Umstände

Leitsatz des Gerichts:
I. In Bezug auf Aserbaidschan bestehen keine generellen refoulementrelevanten Rückkehrhindernisse, insb weder die Todesstrafe noch eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechtsverletzungen. Beschwerden von Fremden aus diesem Staat, denen die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, ist diese auch vom BVwG in aller Regel gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG nicht zuzuerkennen.

II. Bei Aufenthalten Fremder in Österreich im Ausmaß von unter sechs Monaten liegt meist in der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme schon kein Eingriff in deren Privat- oder Familienleben (Art 8 EMRK) vor. In Ermangelung besonderer Umstände kann eine Interessenabwägung im Kontext des § 18 Abs 5 BFA-VG in solchen Fällen gänzlich unterbleiben.
- | Online seit - 30.03.2023
3001

Judikatursammlung

Gebot zur Ausstellung eines Reisedokuments für Kinder mit Unionsbürgerschaft aus gleichgeschlechtlichen Verbindungen

Leitsatz des Gerichts:
I. Auch wenn Mitgliedstaaten gleichgeschlechtliche Elternschaften in ihrem nationalen Recht nicht anerkennen, müssen sie dies kraft vorrangigen Unionsrechts wenigstens insoweit tun, als es zur Achtung der Personenfreizügigkeit (Art 21 AEUV) vonnöten ist.

II. Insb müssen die Mitgliedstaaten ihren minderjährigen Staatsangehörigen, auch wenn diese gleichgeschlechtliche Eltern haben, ein Reisedokument zur Verfügung stellen, das sie als Staatsangehörige ausweist (Art 4 Abs 3 RL 2004/38/EG). Ferner müssen beide Elternteile als zur Reise mit dem Kind berechtigt ausgewiesen werden.

III. Eine nationale Regelung, die geeignet ist, die Ausübung der Personenfreizügigkeit (Art 20 Abs 2 lit a, Art 21 AEUV) zu beschränken, kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn sie mit der GRC im Einklang steht.
- | Online seit - 29.03.2023
3000

Judikatursammlung

Diskriminierungsverbot und Auslieferung von Unionsbürgern an Drittstaaten

Leitsatz des Gerichts:
I. Das Unionsrecht kennt kein absolutes Recht für Unionsbürger, keinesfalls an Drittstaaten ausgeliefert zu werden.

II. Sieht das nationale (Verfassungs-)Recht vor, dass eigene Staatsangehörige nicht an Drittstaaten ausgeliefert werden dürfen (siehe zB § 12 ARHG), so stellt die Nicht-Begünstigung ausländischer Unionsbürger, die von ihrem Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht haben, eine Beschränkung des genannten Rechts (Art 21 AEUV) dar.

III. Eine solche Beschränkung lässt sich nach Art 18 und 21 AEUV nur rechtfertigen, wenn sie auf objektiven Erwägungen beruht und in angemessenem Verhältnis zu dem mit dem nationalen Recht legitimerweise verfolgten Zweck steht.

IV. Die Vermeidung von Straflosigkeit ist ein legitimer Zweck. Als gelinderes Mittel kommt aber – sofern dies im nationalen Recht vorgesehen ist und die Zustimmung des die Auslieferung begehrenden Drittstaates vorliegt – der Vollzug der Freiheitsstrafe im ersuchten Mitgliedstaat in Betracht.

V. Unterbleibt die Zustimmung des die Auslieferung begehrenden Drittstaates zum Vollzug der Freiheitsstrafe im ersuchten Mitgliedstaat, so stehen der Auslieferung die Art 18 und 21 AEUV nicht entgegen, solange die Grundrechte der GRC gewahrt bleiben.
- | Online seit - 28.03.2023
2999

Judikatursammlung

Mangelnde Auseinandersetzung mit Situation für behinderte Kinder im Herkunftsland

Leitsatz des Gerichts:
Durch die mangelhafte Auseinandersetzung mit der Fehlbildung der Lippe eines Minderjährigen im Hinblick auf die Situation von Kindern mit Behinderung im Herkunftsstaat wird der Beschwerdeführer durch die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt.
- | Online seit - 27.03.2023
2998

Judikatursammlung

§ 53 Abs 2 Z 6 FPG wegen Verstoßes gegen das Sachlichkeitsgebot als verfassungswidrig behoben

Leitsatz des Gerichts:
Es ist sachlich nicht gerechtfertigt, dass § 53 Abs 2 Z 6 FPG im Anschluss an eine ohnedies verhängte Rückkehrentscheidung die Verhängung eines bis zu fünfjährigen Einreiseverbotes anordnet, nur weil der Drittstaatsangehörige im Zeitpunkt der Erlassung der Rückkehrentscheidung den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag.
- | Online seit - 24.03.2023
2997

Judikatursammlung

Erhöhtes privates Interesse an einem Verbleib im Bundesgebiet wegen eines minderjährigen Kindes und der Hilfsbedürftigkeit eines kranken Elternteils

Leitsatz des Gerichts:
I. Eine "gravierende Straffälligkeit" iSd nicht mehr in Geltung stehenden, aber immer noch zu berücksichtigenden § 9 Abs 4 BFA-VG ergibt sich nicht nur aus der Begehung von qualitativ "schweren" Straftaten. Vielmehr kann dieses Erfordernis auch durch eine hohe Quantität an Verurteilungen – insb wegen Delikten gegen dasselbe Rechtsgut – erfüllt sein.

II. Bei einer Interessenabwägung betreffend den Verbleib im Bundesgebiet hat etwa Beachtung zu finden, dass die fremde Person für ein minderjähriges Kind unterhaltspflichtig ist oder diese bspw für die Unterstützung eines kranken Elternteils sorgt.
- | Online seit - 23.03.2023
2996

Judikatursammlung

Immobilienbesitz und Sparvermögen implizieren nicht zwingend eine Wiederausreiseabsicht

Leitsatz des Gerichts:
I. Bei der Feststellung durch die Behörde, ob eine Antragstellerin die Absicht hat, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen, kommt dieser ein weiter Beurteilungsspielraum zu.

II. Allein durch den Besitz einer Immobilie im Herkunftsstaat kann nicht auf das Vorliegen einer Wiederausreiseabsicht geschlossen werden, ebenso wenig wie bestehendes Sparvermögen.
- | Online seit - 22.03.2023
2995

Judikatursammlung

Verpflichtung der Asylbehörde zur genauen Prüfung der Glaubwürdigkeit des Vorbringens und der vorgelegten Dokumente

Leitsatz des Gerichts:
I. Ein Rechtsmittel gegen eine Abschiebung, die nach Ansicht des Beschwerdeführers gegen Art 3 EMRK verstoßen würde, kann nur dann als effektiver Rechtsbehelf iSv Art 35 EMRK angesehen werden, wenn ihm automatisch aufschiebende Wirkung zukommt. Zudem verlangt Art 13 EMRK eine unabhängige und gründliche Prüfung des Bestehens stichhaltiger Gründe für die Annahme eines realen Risikos einer mit Art 3 EMRK unvereinbaren Behandlung.

II. Art 13 EMRK verlangt iVm Art 3 EMRK im Fall von Ausweisungen von Asylwerbern und Asylwerberinnen das Bestehen innerstaatlicher effektiver Garantien zum Schutz vor willkürlichem Refoulement in das Herkunftsland. Die Mitgliedstaaten trifft gemäß Art 3 EMRK eine prozedurale Pflicht, die einem Beschwerdeführer im Herkunftsland drohende Misshandlungsgefahr zu beurteilen, bevor sie ihn dorthin abschieben. Die Prüfung des Bestehens eines realen Risikos einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung muss streng sein.

III. Die Asylbehörden sind verpflichtet, eine nachvollziehbare Einschätzung des Beweiswerts vorgelegter Dokumente vorzunehmen und zu begründen, warum ein Vorbringen nicht als glaubwürdig erachtet wird. Gewisse Widersprüchlichkeiten oder Ungenauigkeiten dürfen nicht ohne Weiteres zu Lasten des Antragstellers ausgelegt werden. In Ermangelung überzeugender Gründe für eine Unglaubwürdigkeit der vorgebrachten Fluchtgründe muss die Behörde eine individuelle Einschätzung des im Fall der Rückkehr drohenden Verfolgungsrisikos vornehmen.

IV. Die binnen 24 Stunden erfolgende Überprüfung einer erstinstanzlichen Entscheidung der Asylbehörde kann nicht als effektiver Rechtsbehelf iSv Art 13 EMRK angesehen werden. Dies gilt umso mehr, wenn der Antragsteller erst später über die erstinstanzliche Entscheidung informiert wurde und daher keine Gelegenheit hatte, vor der Berufungsinstanz Stellung zu nehmen.
- | Online seit - 21.03.2023
2994

Judikatursammlung

Aufenthaltsverbot gegen einen Unionsbürger aufgrund des Verbrechens der Schlepperei

Leitsatz des Gerichts:
I. Der Bekämpfung der Schlepperei kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu, sodass das Begehen dieses Verbrechens grundsätzlich geeignet ist, ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs 1 FPG gegen EWR- bzw Unionsbürger zu rechtfertigen.

II. Wird ein Verbrechen (hier: Schlepperei) mehrfach, als Mitglied einer kriminellen Vereinigung und mit dem Ziel, eine fortlaufende Einnahmequelle zu schaffen, begangen, so kann – jedenfalls ohne anschließendes Wohlverhalten nach Entlassung aus der Strafhaft – keine positive Zukunftsprognose erstellt werden.
- | Online seit - 20.03.2023
2992

Judikatursammlung

Zweiwöchige Anhaltung einer Familie mit einem achtjährigen Kind in einem Abschiebezentrum

Leitsatz des Gerichts:
I. Die Unterbringung Minderjähriger in Schubhaft wirft spezielle Fragen auf, da sie - egal ob begleitet oder unbegleitet - besonders vulnerabel sind und in Anbetracht ihres Alters und ihrer fehlenden Autonomie besonderer Betreuung bedürfen. Die besondere Verletzlichkeit minderjähriger Kinder ist entscheidend und muss Vorrang gegenüber der Eigenschaft eines Elternteils als Ausländer haben.

II. Im Hinblick auf die Anhaltung eines Kindes in einem Abschiebezentrum sind für die Frage der Vereinbarkeit mit Art 3 EMRK unter anderem das Alter des betroffenen Kindes, die Bedingungen sowie die Dauer der Haft maßgeblich. Selbst wenn die unangemessenen Bedingungen der Anhaltung für sich den von Art 3 EMRK geforderten Schweregrad nicht erreichen, wird diese Norm verletzt, wenn dieser Umstand mit einer überlangen Haftdauer einhergeht. Dies gilt auch dann, wenn die Anhaltung aus der Weigerung der Eltern resultiert, auszureisen.

III. Im vorliegenden Fall war die 14 Tage dauernde Anhaltung eines achtjährigen Kindes in Begleitung seiner Eltern im Abschiebezenrtum Metz-Queuleu angesichts der dort omnipräsenten Sicherheitsdimension nicht mit Art 3 EMRK vereinbar.

IV. Die Nichteinhaltung einer vom EGMR erlassenen vor­läufigen Maßnahme zur Beendigung der Schubhaft gemäß Art 39 VerfO verletzt jedenfalls dann Art 34 EMRK, wenn der belangte Staat keinerlei Rechtfertigungsgründe vorbringt und auch keine objektiven Hindernisse bestanden, die die Durchführung der Maßnahme vereitelten.
- | Online seit - 17.03.2023
3056

Aufsatz

"Rot-Weiß-Rot – Karte" und "Blaue Karte EU" – Rechtsfragen zur Arbeitsmigrationsnovelle 2022 (BGBl I 106/2022)

Mit BGBl I 106/2022 wurden die "Blue Card RL" (EU) 2021/1883 umgesetzt und einige weitere Erleichterungen für (qualifizierte) Arbeitskräftemigration vorgesehen. Die Novelle wirft eine Reihe (neuer) Rechtsfragen auf, von denen einige im nachstehenden Beitrag behandelt werden.

Leitsatz des Gerichts:
- | Online seit - 16.03.2023
2993

Judikatursammlung

Zu asylrelevanten Verfolgungsmaßnahmen aufgrund öffentlicher Glaubensbetätigung

Leitsatz des Gerichts:
I. Besteht durch die öffentliche Religionsausübung im Heimatstaat die Gefahr, sich dadurch Übergriffen von Privaten oder staatlicher Willkürmaßnahmen, vor allem im Zusammenhang mit der Vollziehung von Blasphemiegesetzen, auszusetzen, so deutet dies auf eine asylrelevante Verfolgung aufgrund der Religion hin.

II. Sind in einem Land Blasphemiegesetze in Geltung, die die Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung aufgrund der Religion mit sich bringen und erstreckt sich die diese Gesetze vollziehende Staatsgewalt über das gesamte Staatsgebiet, so steht jedenfalls keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung.
- | Online seit - 16.03.2023