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Judikatursammlung

Die Erkrankung Diabetes mellitus Typ 1 steht einer Abschiebung beim Vorliegen entsprechender Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsstaat nicht entgegen

Leitsatz des Gerichts:
I. Eine leicht behandelbare Erkrankung steht einer Rückführung in das Herkunftsland nicht entgegen, sofern die notwendigen Medikamente dort verfügbar sind und der gesundheitliche Zustand des Beschwerdeführers stabil ist.

II. Sofern der Beschwerdeführer physisch und psychisch dazu in der Lage ist, die Tragweite seiner Erkrankung sowie die Konsequenzen einer unterbleibenden oder mangelhaften Befolgung ärztlicher Anweisungen und einer mangelhaften Vorsorge zu begreifen, darf von ihm verlangt werden, dass er die erforderliche Mitwirkung zur Aufrechterhaltung seines Gesundheitszustandes (auch) im Herkunftsstaat unternimmt.
- | Online seit - 15.05.2023
3037

Judikatursammlung

Bestimmung der Zuständigkeit im Dublin-System bei mehreren Wiederaufnahmeverfahren

Leitsatz des Gerichts:
I. In Konstellationen, in denen ein Antragsteller nach Antragstellung im ersten Mitgliedstaat in einen zweiten Mitgliedstaat weiterreist, dieser ein Wiederaufnahmeersuchen gegenüber dem ersten anstrengt, welchem zugestimmt wird, woraufhin der Antragsteller in einen dritten Mitgliedstaat weiterreist, der ebenso ein erfolgreiches Wiederaufnahmeersuchen gegenüber dem ersten einleitet, ist bei der Bestimmung der Zuständigkeit folgendermaßen zu verfahren: Sobald die Überstellungsfrist für den zweiten Mitgliedstaat abgelaufen ist, tritt die Rechtsfolge des Art 29 Abs 2 Dublin III-VO ein und es kommt zum Zuständigkeitsübergang auf diesen Mitgliedstaat, ungeachtet des Ergebnisses im Verfahren zwischen drittem und erstem Mitgliedstaat.

II. Dem dritten Mitgliedstaat ist in den beschriebenen Konstellationen die Überstellung von Antragstellern in den ersten verwehrt. Wohl aber kann er unter Wahrung der Frist des Art 23 Abs 2 Dublin III-VO ein Wiederaufnahmegesuch an den zuständig gewordenen zweiten Mitgliedstaat stellen.

III. Etwas anderes gilt nur, wenn es bereits vor dem Zeitpunkt des Ablaufes der Überstellungsfrist, die dem zweiten Mitgliedstaat zur Verfügung steht, zu einem Zuständigkeitsübergang auf den dritten gemäß Art 23 Abs 2 Dublin III-VO kommt, weil er es verabsäumt hat, seinerseits innerhalb von zwei Monaten ein Wiederaufnahmegesuch zu stellen.

IV. Antragstellern muss gemäß Art 47 GRC iVm Art 27 Dublin III-VO im Mitgliedstaat der dritten Antragstellung ein gerichtlicher Rechtsbehelf offen stehen, in dessen Rahmen sie einen Zuständigkeitsübergang auf den Mitgliedstaat der zweiten Antragstellung vorbringen können. Ein Mitgliedstaat muss, wenn er in seinem nationalen Recht das Neuerungsverbot vorsieht, dieses Vorbringen nicht im Rahmen des Rechtsbehelfs gegen die Überstellungsentscheidung zulassen. Stattdessen kann er dafür auch einen eigenen effektiven Rechtsbehelf zur Verfügung stellen.
- | Online seit - 12.05.2023
3038

Judikatursammlung

Rückkehrentscheidung trotz vorübergehender Aufenthaltsberechtigung für einen EU-Mitgliedstaat?

Leitsatz des Gerichts:
I. Stellen Verstöße, die nur eine Gefährdungsannahme iSd § 53 Abs 2 FPG rechtfertigen, jedoch keinen für die Bejahung einer Gefährdung nach § 53 Abs 3 FPG ausreichenden Tatbestand dar, so gilt dies aufgrund der Abstufung der Gefährdungsmaßstäbe umso mehr für die Annahme einer Gefährdung iSd § 67 Abs 1 bzw § 52 Abs 6 FPG. Demnach begründen einmalige Verstöße gegen das AuslBG idR keine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

II. Verfügt die fremde Person im Zeitpunkt der Bescheiderlassung über eine vorübergehende Aufenthaltsberechtigung für einen anderen EU-Mitgliedstaat, so ist eine allfällige Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs 6 FPG zu prüfen. Für eine auf den unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet gegründete Rückkehrentscheidung muss die fremde Person entweder (erfolglos) aufgefordert worden sein, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet des EU-Mitgliedstaats zu begeben oder die sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet (in deren Herkunftsstaat) hat aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich zu sein.
- | Online seit - 11.05.2023
3032

Judikatursammlung

Verfolgung auf Grund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie?

Leitsatz des Gerichts:
I. Nach der Rsp des EuGH müssen die Mitglieder der sozialen Gruppe "angeborene Merkmale" oder einen "Hintergrund, der nicht verändert werden kann", gemein haben, oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, "die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten".

II. Zudem muss diese Gruppe in dem betreffenden Drittland eine deutlich abgegrenzte Identität haben, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird.

- | Online seit - 10.05.2023
3035

Judikatursammlung

Stellvertreterehe bei freier Willensentscheidung kein Ordre-public-Verstoß

Leitsatz des Gerichts:
I. Die Vorbehaltsklausel der Ordre-public-Widrigkeit ist als eine systemwidrige Ausnahme nur dann anzuwenden, wenn das inländische Rechtsempfinden in unerträglichem Maß verletzt wird, also Grundwertungen des österreichischen Rechts beeinträchtigt werden.

II. Zweite wesentliche Voraussetzung für das Eingreifen der Vorbehaltsklausel des § 6 IPRG ist, dass das Ergebnis der Anwendung fremden Sachrechts (und nicht bloß dieses selbst) anstößig ist und überdies eine ausreichende Inlandsbeziehung besteht. Zu prüfen ist daher einerseits das Verhältnis der (fiktiven) Anwendung des kollisionsrechtlich berufenen Rechts im konkreten Fall zu Grundwertungen des österreichischen Rechts, andererseits das Ausmaß der Inlandsbeziehung. Die beiden Elemente bilden ein bewegliches System: Je stärker der Inlandsbezug, umso geringere Abweichungen vom österreichischen Recht können einen Ordre-public-Verstoß begründen, und umgekehrt ("Relativität des ordre public").

III. Ein Ordre-public-Verstoß kann immer nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden.

IV. Eine Ferntrauung, bei der aufgrund der konkreten Umstände das Vorliegen einer freien Willensentscheidung nicht in Zweifel zu ziehen ist, verstößt nicht gegen Grundwertungen des österreichischen Rechts.
- | Online seit - 09.05.2023
3033

Judikatursammlung

Zu fehlender schriftlicher Ausfertigung und verkürzter Aufenthaltsdauer

Leitsatz des Gerichts:
I. Ebenso wie bei der Erzielbarkeit ausreichender finanzieller Mittel ist im Hinblick auf die Erteilungsvoraussetzung eines Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft in einer Prognoseentscheidung zu beurteilen, ob begründete Aussicht besteht, dass der Fremde (bzw der zusammenführende Familienangehörige) in der Lage sein wird, seine Wohnbedürfnisse bzw die der Familie befriedigen zu können, ohne wegen Obdachlosigkeit eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darzustellen oder eine Gebietskörperschaft finanziell zu belasten.

II. Eine kürzere Aufenthaltsdauer als die in § 20 Abs 1 NAG vorgesehenen zwölf Monate kann für sich betrachtet zwar nicht mit der Vermeidung einer Anfechtung durch die Aufenthaltsbehörde begründet werden. Die - in der mündlichen Verhandlung seitens der Aufenthaltstitelantragstellerin unwidersprochen gebliebene - auf den Ablauf des Mietvertrags abgestimmte verkürzte Aufenthaltsdauer lässt sich jedoch dahin deuten, dass das LVwG seiner Entscheidung (in gerade noch vertretbarer Weise) eine - gemäß § 20 Abs 1 zweiter Halbsatz NAG - für diese kürzere Dauer befristete Antragstellung zugrunde gelegt hat.

III. Die Revision ist mangels Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zurückzuweisen; dass - gesetzwidrig - eine schriftliche Ausfertigung des bloß mündlich verkündeten Erkenntnisses des LVwG unterblieben ist, ändert daran nichts.

- | Online seit - 08.05.2023
3023

Judikatursammlung

Neuerlich zum Primat der meritorischen Entscheidung (hier: allgemeine Voraussetzungen für Aufenthaltstitel)

Leitsatz des Gerichts:
Dass die belangte Behörde in ihrem Bescheid ausgehend von ihrer Annahme, die Erteilungsvoraussetzung des § 11 Abs 2 Z 1 NAG liege nicht vor, keine Feststellungen zu den weiteren Erteilungsvoraussetzungen getroffen hat, ändert nichts am Vorhandensein der Ermittlungsergebnisse zum maßgeblichen Sachverhalt. Schon deshalb ist die Annahme des LVwG, die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG lägen vor, verfehlt.
- | Online seit - 05.05.2023
3020

Judikatursammlung

Subsidiärer Schutz wegen instabilem (psychischen) Gesundheitszustand und möglicher Suizidgefährdung

Leitsatz des Gerichts:
Bei der Zuerkennung von subsidiärem Schutz ist es nicht ausreichend, den Eintritt künftiger Ereignisse nicht ausschließen zu können. Im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat muss die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung drohen; deren Bejahung bedarf auch entsprechender Feststellungen.
- | Online seit - 04.05.2023
3030

Judikatursammlung

Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes mangels Erfüllung des Gefährdungsmaßstabes

Leitsatz des Gerichts:
I. Die Begehung von Straftaten, die mit einem erheblichen sozialen Störfaktor einhergehen, führt nicht zwingend zu einer Erfüllung des in § 67 Abs 1 fünfter Satz FPG angeführten Gefährdungsmaßstabs.

II. Um die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gefährden, muss das an den Tag gelegte persönliche Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

III. Eine strafgerichtliche Verurteilung allein ist hierfür nicht ausreichend. Um die Maßnahme des Aufenthaltsverbotes mit einer solchen zu begründen müssen "außergewöhnliche Umstände" mit "besonders hohem Schweregrad" bzw die Erfüllung von "besonders schwerwiegenden Merkmalen" vorliegen.

IV. Bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen erfüllt sind, ist auf das persönliche Verhalten des Fremden sowie dessen Lebensverhältnisse Bedacht zu nehmen.
- | Online seit - 03.05.2023
3022

Judikatursammlung

Hinweis auf Aufenthaltsehe darf auch vom eigenen Ehemann kommen

Leitsatz des Gerichts:
Von welcher Seite Verdachtsmomente für das Bestehen einer Aufenthaltsehe an die Behörde herangetragen bzw aufgrund welcher Anhaltspunkte Ermittlungen durchgeführt werden, ist für die Möglichkeit der amtswegigen Durchführung einer Wiederaufnahme unerheblich.
- | Online seit - 02.05.2023
3019

Judikatursammlung

Beharren auf zivilrechtlichen Ansprüchen als asylrelevante "politische Überzeugung"?

Leitsatz des Gerichts:
I. Der Begriff der "politischen Überzeugung" (im Alternativtatbestand des Art 10 Abs 1 lit e RL 2011/95/EU anerkannter Verfolgungsgrund) ist im Lichte der Meinungsfreiheit (Art 11 GRC) weit auszulegen.

II. Erfasst sind iSd Rechtsanschauung des UNHCR alle Meinungen zu jeder Angelegenheit, auf die der Staatsapparat, die Regierung, die Gesellschaft oder die Politik Einfluss nehmen können.

III. Auch bei befürchteten Repressalien infolge des Versuchs der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche (wie jeder Rechtsdurchsetzung) gegen wen auch immer, die von den verfolgenden Akteuren als Widerstand aufgefasst wird, liegt eine Verfolgung wegen einer "politischen Überzeugung" vor.

IV. Bei der Frage, ob eine politische Überzeugung vorliegt, die die Akteure, von denen die Verfolgung ausgehen kann, dem Antragsteller zuschreiben können, ist auch die allgemeine Lage im Herkunftsstaat zu berücksichtigen und oft nur eine Plausibilitätsprüfung durchführbar.
- | Online seit - 28.04.2023
3029

Judikatursammlung

"Zu frühe" Ausreise aus der Ukraine?

Leitsatz des Gerichts:
I. Nach dem Wortlaut des § 1 Z 1 Vertriebenen-VO haben nur diejenigen Staatsangehörigen der Ukraine ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet, die das Land am 24.2.2022 oder danach verlassen haben und die nicht schon zuvor einen Aufenthaltstitel nach österreichischem Recht hatten (§ 3 der VO). Dies schließt jene ukrainischen Staatsangehörigen aus, die ihr Herkunftsland auch nur einen Tag vor dem russischen Überfall verließen, wenn auch aufgrund des bevorstehenden bewaffneten Konflikts.

II. Zur genannten, über den Einzelfall hinaus bedeutsamen, Rechtsfrage fehlt höchstgerichtliche Rechtsprechung, daher ist sie revisibel (Art 133 Abs 4 B-VG).
- | Online seit - 27.04.2023
3028

Judikatursammlung

Ist unmündigen Minderjährigen mit einem überwiegend schützenswerten Privat- oder Familienleben stets eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen?

Leitsatz des Gerichts:
I. Die Verweisung auf § 9 IntG in § 55 Abs 1 Z 2 AsylG ist umfassend zu verstehen und inkludiert auch § 9 Abs 5 Z 1 IntG, wonach unmündige Minderjährige von der Verpflichtung zur Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung ausgenommen sind. Ein solch weites Verständnis hat zur Folge, dass unmündigen Minderjährigen, die die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 AsylG beantragen und ein gegenüber dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens überwiegendes Privat- oder Familienleben haben, stets eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen ist (wegen Erfüllung auch des § 55 Abs 1 Z 2 AsylG trotz Nichterfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung).

II. Die Entscheidungspraxis des BVwG hinsichtlich der Reichweite der Verweisung auf § 9 IntG in § 55 Abs 1 Z 2 AsylG (I.) ist heterogen, zudem fehlt es an höchstgerichtlicher Judikatur. Daher liegt eine iSd Art 133 Abs 4 B-VG revisible Rechtsfrage vor.
- | Online seit - 26.04.2023
3027

Judikatursammlung

Rechtfertigung eines mehrjährigen Einreiseverbotes anhand des bisherigen Fehlverhaltens und Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers

Leitsatz des Gerichts:
Soweit die Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes nach § 53 Abs 3 Z 1 FPG eindeutig gegeben sind, würde eine auf Ermessenserwägung beruhende Abstandnahme von der Verhängung eines Einreiseverbots offensichtlich nicht iSd Gesetzes liegen.
- | Online seit - 25.04.2023
3026

Judikatursammlung

Erforderliche Prüfung ergänzender Elemente im Folgeantragsverfahren bei potenziellen Auswirkungen auf den entscheidungsrelevanten Sachverhalt

Leitsatz des Gerichts:
I. Bei wiederholten Anträgen auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhalts die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung berechtigen bzw verpflichten, der rechtlich Relevanz zukäme. Eine andere rechtliche Beurteilung darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein.

II. Eine Zurückweisung wegen entschiedener Sache ist nur dann statthaft, wenn bei der Prüfung hervorkommt, dass entgegen den Behauptungen des Antragstellers solche neuen Erkenntnisse bzw Elemente nicht vorliegen oder erst gar nicht vorgebracht wurden. Die gilt auch dann, wenn zwar neue Erkenntnisse bzw Elemente vorliegen, diese aber lediglich Umstände betreffen, die von vornherein zu keiner anderen Entscheidung in Bezug auf die Zuerkennung eines Schutzstatus führen können.
- | Online seit - 24.04.2023
3018

Judikatursammlung

Aufenthaltsehe: Keine "Titelerschleichung" bei altbekannten Umständen

Leitsatz des Gerichts:
Wenn die Umstände, auf die sich die Behörde bei der Wiederaufnahme gestützt hat, dieser bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Titelerteilung des wiederaufgenommenen Verfahrens bekannt waren, kann nicht davon gesprochen werden, dass ein Fremder die positive Erledigung eines Verlängerungsantrags erschlichen hat. Daran ändert auch nichts, dass nach der Rückmeldung des BFA, wonach eine Aufenthaltsehe nicht nachweisbar gewesen ist und keine aufenthaltsbeendende Maßnahme erlassen wird, dem Fremden in Entsprechung der Vorgabe des § 25 Abs 2 letzter Satz NAG ein Aufenthaltstitel erteilt wurde.
- | Online seit - 21.04.2023
3017

Judikatursammlung

§ 120 Abs 1b FPG - Fehlen von Reisedokumenten als Grund für die Unterlassung der Ausreise

Leitsatz des Gerichts:
Nach § 46a Abs 1 Z 3 FPG 2005 ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet zu dulden, solange deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen unmöglich erscheint. Die Strafbarkeit nach der genannten Bestimmung setzt somit voraus, dass der Ausreisepflicht aus vom Fremden zu vertretenden Gründen nicht nachgekommen wurde.
- | Online seit - 20.04.2023
3025

Judikatursammlung

Besondere Vulnerabilität unmündiger Minderjähriger bei der Prüfung einer möglichen Verletzung der Rechte des Art 3 EMRK

Leitsatz des Gerichts:
I. Bei der Beurteilung, ob der betroffenen Person bei einer Rückkehr in ihren Heimatstaat eine Verletzung der durch Art 2 und 3 EMRK geschützten Rechte droht, ist im Speziellen das etwaige Vorliegen einer besonderen Vulnerabilität, wie dies bspw bei Minderjährigen der Fall ist, zu berücksichtigen.

II. Spielt in einem Verwaltungsverfahren auch das Kindeswohl eine Rolle, so sind die Maßstäbe des § 138 ABGB als Orientierung heranzuziehen.

III. Müsste ein minderjähriger Fremder aufgrund unterschiedlicher Staatsbürgerschaften ohne seine Mutter in jenes Land, dessen Staatsbürgerschaft er besitzt, zurückkehren und muss er dort mit unzureichender Nahrung und Unterkunft sowie fehlender Unterstützung durch den Familienverband rechnen, so stellt dies eine Form unmenschlicher Behandlung iSd Art 3 EMRK dar, die sich aus den exzeptionellen Umständen eines minderjährigen Kindes ohne ausreichenden familiären Rückhalt ergibt.

IV. Die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art 2 oder 3 EMRK bedarf einer Einzelfallprüfung in Bezug auf die in concreto betroffene Person sowie einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemein vorliegenden Menschenrechtslage zu beziehen hat. So hat bei mehreren, demselben Familienverband angehörigen Asylwerbern, eine gesonderte Prüfung jedes einzelnen Antrags (auf internationalen Schutz) unter Berücksichtigung der jeweiligen persönlichen Verhältnisse der fremden Person zu erfolgen.
- | Online seit - 19.04.2023
3024

Judikatursammlung

Grobe Ermittlungsmängel bei Feststellungen zur Familienangehörigeneigenschaft bzw zum Familienleben nach Art 8 EMRK

Leitsatz des Gerichts:
I. Gerade, wenn eine behauptete Familienangehörigenschaft bzw das Bestehen eines aufrechten Familienlebens (Art 8 EMRK) durch eine Behörde bestritten wird, muss die zugrunde liegende Feststellung auf hinreichenden Ermittlungen beruhen.

II. An solcherart hinreichenden Ermittlungen mangelt es, wenn eine Urkunde, auf der die Feststellung gründet, als verfälscht qualifiziert wird, diese Urkunde aber weder näher untersucht wird noch aus dem Akt die Umstände ihres Hervorkommens im Verfahren hervorgehen. Anderenfalls sollte den betroffenen Parteien wenigstens Parteiengehör gewährt werden (persönliche Anhörung, Aufforderung zur Vorlage weiterer Urkunden).

III. Ermittlungsmängel wie die geschilderten (II.) sind als derart krass einzustufen, dass damit behaftete Bescheide auf der Grundlage von § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG aufgehoben und die Rechtssachen an die Behörden zurückverwiesen werden können.
- | Online seit - 18.04.2023
3021

Judikatursammlung

Änderung der maßgeblichen Sachlage aufgrund der Eheschließung mit einem Österreicher

Leitsatz des Gerichts:
I. Ist die fremde Person mit einem österreichischen Staatsbürger, der sein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in einem Staat, der Vertragspartei des EWR-Abkommens ist, ausübt, verheiratet und zieht sie ihm dorthin nach, so ist sie als begünstigte Drittstaatsangehörige iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG zu qualifizieren.

II. Hat ein österreichischer Staatsangehöriger von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht, so genießen dessen Angehörige gemäß § 54 und § 57 NAG ein Aufenthaltsrecht in Österreich. Hat der Österreicher hingegen keinen Freizügigkeitssachverhalt verwirklicht, erhält sein drittstaatszugehöriger Familienangehöriger folglich einen Aufenthaltstitel unter den (allgemeinen) Voraussetzungen des § 47 Abs 2 NAG.

III. Bei einem begünstigten Drittstaatsangehörigen iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG kommt weder die amtswegige Prüfung der Erteilung von Aufenthaltstiteln nach § 55 und § 57 AsylG noch die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG in Betracht.
- | Online seit - 17.04.2023