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Judikatursammlung

Ausstellung eines Fremdenpasses an einen subsidiär Schutzberechtigten ohne gültige Aufenthaltsberechtigung

Leitsatz des Gerichts:
I. Der Status des subsidiär Schutzberechtigten bleibt auch nach Ablauf einer befristeten Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Abs 4 AsylG – bis zu einer allfälligen Aberkennung nach § 9 AsylG – aufrecht.
II. Bei der Ausstellung von Fremdenpässen an subsidiär Schutzberechtigte ist es ein zwingendes Tatbestandsmerkmal, dass der Antragsteller selbst nicht in der Lage ist, sich ein gültiges Reisedokument seines Heimatstaates zu beschaffen. Dazu muss die konkrete – nicht bloß eine abstrakte – Möglichkeit bestehen, sich Reisedokumente des Heimatstaates ausstellen zu lassen.
- | Online seit - 16.08.2024
3369

Judikatursammlung

Nur Zweckänderungsantrag oder auch Verlängerungsantrag?

Leitsatz des Gerichts:
I. Das NAG enthält keine (ausdrückliche) Regelung dahingehend, dass ein Zweckänderungsantrag nach § 26 NAG jedenfalls auch einen Verlängerungsantrag einschließt.

II. Ein kurz (in der bisherigen Rsp knapp über einen Monat) vor Ablauf des innegehabten Aufenthaltstitels gestellter Antrag auf Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels bezweckt sowohl die Verlängerung des Aufenthaltsrechts in Österreich als auch den Umstieg auf einen anderen Aufenthaltstitel und ist daher nicht als bloßer Zweckänderungsantrag, sondern als Verlängerungsantrag iSv § 2 Abs 1 Z 11 und § 24 Abs 4 NAG anzusehen.

III. Unabhängig vom Antragszeitpunkt ist ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Gültigkeit des bisher innegehabten Aufenthaltsrechts vom Vorliegen eines - mit einem Zweckänderungsbegehren verbundenen - Verlängerungsantrag nach § 24 Abs 4 NAG auszugehen, wenn noch nicht über den Zweckänderungsantrag entschieden wurde.

IV. Aus der VwGH-Rsp kann nicht der Schluss gezogen werden, dass mit einem während der Geltung eines Aufenthaltstitels gestellten Antrag auf Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels unabhängig von der Gültigkeitsdauer des aktuellen Aufenthaltstitels (siehe dazu auch die Regelung des § 24 Abs 1 erster Satz NAG, wonach Verlängerungsanträge frühestens drei Monate vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels einzubringen sind) und ohne Berücksichtigung des Parteiwillens des Antragstellers in jedem Fall auch die Verlängerung des bisherigen Aufenthaltstitels bezweckt wird.

V. In einem Fall, in dem mehr als ein halbes Jahr vor Ablauf der Gültigkeit des innegehabten Aufenthaltstitels die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels beantragt und über diesen Antrag mehr als vier Monate vor Ablauf der Gültigkeit dieses Aufenthaltstitels entschieden wird, bedarf es einer nachvollziehbaren Auseinandersetzung mit dem (dem Antrag zugrundeliegenden) Parteiwillen des Antragstellers unter Berücksichtigung der Gültigkeitsdauer des bestehenden Aufenthaltstitels.

VI. Handelt es sich um einen "kombinierten" Verlängerungsantrag nach § 24 Abs 4 NAG, ist sowohl von der Niederlassungsbehörde als auch vom VwG § 25 Abs 1 NAG anzuwenden. Liegt hingegen ein (alleiniger) Zweckänderungsantrag vor, ist nicht (und zwar weder von der Behörde noch vom VwG) nach § 25 Abs 1 NAG vorzugehen, was sich bereits aus der Überschrift und dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt und auch aus systematischen Erwägungen anzunehmen ist. Liegen die Voraussetzungen für den - im Rahmen des (alleinigen) Zweckänderungsverfahrens - beantragten Aufenthaltstitel nicht vor, ist der Antrag vielmehr nach dem eindeutigen Wortlaut des § 26 letzter Satz NAG abzuweisen, wobei eine solche Abweisung keine Auswirkung auf das bestehende Aufenthaltsrecht hat.
- | Online seit - 14.08.2024
3371

Judikatursammlung

Rechtmäßige Zurückweisung von Einreiseanträgen aufgrund laufender Wartefrist nach § 35 Abs 2 AsylG

Leitsatz des Gerichts:
Die Anordnung einer dreijährigen Wartefrist für den Familiennachzug von subsidiär Schutzberechtigten ist grundsätzlich nicht verfassungswidrig. Vielmehr ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu prüfen, ob durch die Verweigerung der Familienzusammenführung eine Verletzung des durch Art 8 EMRK gewährleisteten Rechts auf Familienleben bewirkt werde.
- | Online seit - 13.08.2024
3370

Judikatursammlung

Mangelnde Familienangehörigeneigenschaft zwischen Stiefeltern und -kindern im Familienverfahren nach § 35 AsylG

Leitsatz des Gerichts:
Im Familienverfahren nach § 35 Abs 5 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bereits vor der Einreise bestanden hat. Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber Fälle, bei denen weder eine leibliche Elternschaft, noch eine Adoptivelternschaft bzw gesetzliche Vertretung vorliegt, von diesem Familienbegriff bewusst nicht umfasst hat.
- | Online seit - 12.08.2024
3368

Judikatursammlung

Erfüllung des ehemaligen Aufenthaltsverfestigungstatbestandes des § 9 Abs 4 Z 2 BFA-VG 2014

Leitsatz des Gerichts:
Bei Begehung des Verbrechens des Suchtgifthandels samt einschlägiger wiederholter Rückfälle in Bezug auf Vergehen nach dem SMG 1997 ist zwar nicht auszuschließen, dass durch den weiteren Aufenthalt des Fremden eine derart massive Gefährdung aufgrund besonders gravierender Straftaten vorliegt, die trotz Erfüllung des ehemaligen Aufenthaltsverfestigungstatbestandes des § 9 Abs 4 Z 2 BFA-VG 2014 eine Durchbrechung des in solchen Fällen typischerweise anzunehmenden Überwiegens der privaten und familiären Interessen erlaubt. Dies erfordert aber eine eingehende Auseinandersetzung mit allen Umständen des Falles.
- | Online seit - 09.08.2024
3366

Judikatursammlung

Ausmaß der Befristung iZm Aufenthaltstitel-Rückstufung

Leitsatz des Gerichts:
I. Im Hinblick auf § 20 Abs 1a Z 1 NAG ("wenn der Fremde das Modul 1 der Integrationsvereinbarung [§ 9 IntG] erfüllt hat") ist schon auf Basis der Feststellung, dass der Fremde im Bundesgebiet seine Schulausbildung absolviert hat, eine nähere Auseinandersetzung insb mit § 9 Abs 4 letzter Satz IntG (die Erfüllung des Moduls 2 beinhaltet die Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung) iVm § 10 Abs 2 Z 5 IntG jedenfalls geboten. Offenkundig ist in § 20 Abs 1a Z 1 NAG - anders als in § 81 Abs 36 NAG - nur gemeint, dass die Voraussetzungen zur Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG vorliegen.

II. Zweck des § 28 Abs 1 NAG ist es, einem Drittstaatsangehörigen das Aufenthaltsrecht nicht gänzlich zu nehmen, sondern ihn lediglich seines privilegierten unionsrechtlichen Status als unbefristet Niederlassungsberechtigter mit Daueraufenthalt zu entkleiden; ihm kommt trotz Entziehung dieses Daueraufenthaltsrechts in Zukunft ein befristetes Aufenthaltsrecht zu.

III. Die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels ist nicht von seiner Erteilung und die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" im Verfahren gemäß § 28 Abs 1 NAG nicht von der Rückstufung des Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" und folglich auch nicht vom Abspruch über den Verlängerungsantrag des Fremden zu trennen.
- | Online seit - 08.08.2024
3367

Judikatursammlung

Zum Beginn des Fristenlaufs nach § 32 Abs 2 VwGVG (Antrag auf Wiederaufnahme)

Leitsatz des Gerichts:
Bei einem Antrag auf Wiederaufnahme ist für den Beginn des zweiwöchigen Fristenlaufs nach § 32 Abs 2 VwGVG jener Zeitpunkt von Relevanz, an dem von den Tatsachen oder Beweismitteln Kenntnis erlangt wird. Ist diese Frist bereits verstrichen und somit der Antrag als verspätet zu qualifizieren, so ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen. Ob die Wiederaufnahmegründe iSd § 32 VwGVG geeignet gewesen wären, ist nicht zu prüfen.
- | Online seit - 07.08.2024
3365

Judikatursammlung

Willkür iZm Antrag auf Absehen vom Deutschnachweis

Leitsatz des Gerichts:
Wenn das VwG nicht über einen Antrag gemäß § 21a Abs 5 NAG abspricht und sohin keine Überlegungen dahingehend anstellt, ob zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art 8 EMRK vom Erfordernis der Vorlage eines Nachweises über Deutschkenntnisse abzusehen wäre, belastet es seine Entscheidung mit Willkür.
- | Online seit - 06.08.2024
3364

Judikatursammlung

§ 3 Abs 2 zweiter Satz AsylG teils unionsrechtswidrig

Leitsatz des Gerichts:
I. Art 5 Abs 3 RL 2011/95/EU stellt eine Ermächtigung an die Mitgliedstaaten auf, unbeschadet der GFK festzulegen, dass ein Folgeantragsteller idR nicht als Flüchtling anerkannt wird, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die er nach Verlassen des Herkunftslandes selbst geschaffen hat. Da es sich um eine (fakultativ durch die Mitgliedstaaten nutzbare) Ausnahme vom Grundsatz handelt, dass auch subjektive Nachfluchtgründe anzuerkennen sind (Art 5 Abs 2 RL 2011/95/EU) ist die Bestimmung eng auszulegen.

II. Konkret ist Art 5 Abs 3 RL 2011/95/EU dahin auszulegen, dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft trotz Vorliegens der Voraussetzungen verweigert werden kann, wenn eine Missbrauchsabsicht festgestellt wird ("Instrumentalisieren" des Verfahrens). Dabei ist die individuelle Folgeantragsprüfung besonders entscheidend.

III. Auch einem Folgeantragsteller, dem die Flüchtlingseigenschaft nur auf Basis des Art 5 Abs 3 RL 2011/95/EU nicht zuerkannt wurde, kommen die gemäß Art 42 GFK vorbehaltlos gewährten Rechte zu, insb das Refoulementverbot (Art 33 GFK).

IV. § 3 Abs 2 zweiter Satz AsylG stellt die österreichische Umsetzungsbestimmung zu Art 5 Abs 3 RL 2011/95/EU dar. Die nicht im Unionsrecht vorgesehene Voraussetzung, dass die Umstände, auf die sich der Folgeantragsteller beruft, Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung sind, geht über die genannte unionsrechtliche Ermächtigung zur Missbrauchsprüfung hinaus und erweist sich folglich als unionsrechtswidrig.

V. Mit Art 5 Abs 3 RL 2011/95/EU im Einklang steht allerdings die dort nicht erwähnte Voraussetzung des § 3 Abs 2 zweiter Satz AsylG, dass die zugrunde liegenden Aktivitäten des Folgeantragstellers, auf denen seine Nachfluchtgründe beruhen, nach österreichischem Recht erlaubt sein müssen. Schließlich erlegt auch Art 2 GFK Flüchtlingen die Beachtung des Rechts des Staates der Antragstellung auf.
- | Online seit - 05.08.2024
3403

Judikatursammlung

Keine Gefährdungslage aufgrund Vorliegens einer Mischehe zwischen unterschiedlichen Clanzugehörigen

Leitsatz des Gerichts:
Mischehen zwischen unterschiedlichen Clanangehörigen können zu gesellschaftlicher Diskriminierung führen, insb wenn eine Mehrheitsfrau einen Minderheitenmann heiratet. Eine Mischehe führt jedoch so gut wie nie zu Gewalt oder zu Tötungen, sondern vielmehr zu Diskussionen und Getratsche und werden diese nach einer gewissen Zeit meist akzeptiert.
- | Online seit - 04.08.2024
3363

Judikatursammlung

Geringe Gefahr für Wehrdienstverweigerer in Tunesien; Beweislast betreffend "real risk" aus medizinischen Gründen

Leitsatz des Gerichts:
I. Die zwölfmonatige Wehrpflicht in Tunesien ist eher theoretischen Charakters und wird kaum durchgesetzt. Soweit eine Zwangsrekrutierung durch das tunesische Militär behauptet wird, wäre daher darzutun, warum gerade der Asylantragsteller für dieses von spezifischem Interesse sein soll.

II. Die Furcht vor der Ableistung des Militärdienstes bzw der bei seiner Verweigerung drohenden Bestrafung im Allgemeinen stellt keine asylrechtlich relevante Verfolgung dar, sondern kann nur bei Vorliegen eines Konventionsgrundes die Gewährung von Asyl tragen, wenn das Verhalten des Betroffenen auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht oder dem Betroffenen wegen dieses Verhaltens vom Staat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird und den Sanktionen – wie etwa der Anwendung von Folter – jede Verhältnismäßigkeit fehlt.

III. Soweit eine Art 3 EMRK-widrige Rückkehrsituation wegen einer lebensbedrohlichen Krankheit behauptet wird, müssen staatliche Behörden nur dann einen Sachverständigenbeweis zur Zerstreuung eines solchen "real risk" erheben, wenn dessen Vorliegen hinreichend bewiesen ist. Die Beweislast liegt also zuerst beim Antragsteller.

IV. Für die Erheblichkeit lebensbedrohlicher Erkrankungen im Lichte des Art 3 EMRK und sohin für die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 8 Abs 1 AsylG) kommt es darauf an, dass ein tatsächlicher Zugang zur Behandlung lebensbedrohender Krankheiten im Herkunftsstaat besteht, wobei es unerheblich ist, dass die dortige Behandlung nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist.
- | Online seit - 02.08.2024
3361

Judikatursammlung

Verletzung des Rechts auf Einvernahme durch eine Person des gleichen Geschlechts

Leitsatz des Gerichts:
Die Verhandlungsführung gemäß § 20 Abs 2 AsylG 2005 ist schon dann durch Personen desselben Geschlechts durchzuführen, wenn die Flucht aus dem Heimatstaat nicht mit bereits stattgefundenen, sondern mit Furcht vor sexuellen Übergriffen begründet wurde.
- | Online seit - 01.08.2024
3360

Judikatursammlung

Fehlende Zeugeneinvernahme zum Nachweis der Apostasie

Leitsatz des Gerichts:
Der VwGH hat in Bezug auf den Rechtssatz, es liege im Wesen der freien Beweiswürdigung, dass weitere Beweisanträge nicht mehr berücksichtigt werden müssten, wenn die Behörde sich auf Grund der bisher vorliegenden Beweise ein klares Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen konnte, ausgeführt, dass dieser Rechtssatz im Hinblick auf das Verbot vorgreifender Beweiswürdigung wohl nur in besonderen Ausnahmefällen, in denen Beweisanträge geradezu mutwillig erscheinen, zum Tragen kommen könnte.
- | Online seit - 31.07.2024
3359

Judikatursammlung

Rückkehrentscheidung trotz Unzulässigkeit der Abschiebung statthaft?

Leitsatz des Gerichts:
I. Wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Heimatstaat der fremden Person (hier: Guinea) gemäß § 9 AsylG iVm § 52 Abs 9 FPG nicht zulässig ist, so hat die Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu unterbleiben.

II. Kommt es im Rechtsschutzverfahren (durch das BVwG) zur Bestätigung der Versagung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, so hat das BFA in einem allenfalls fortgesetzten Verfahren keine Zuständigkeit zum Treffen einer neuerlichen diesbezüglichen Entscheidung.
- | Online seit - 30.07.2024
3358

Judikatursammlung

Rechtskraft einer früheren Entscheidung steht neuerlicher Verhängung der Schubhaft nicht entgegen

Leitsatz des Gerichts:
Das in Rechtskraft erwachsene Erkenntnis des VwG enthielt den Ausspruch, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des Fremden in Schubhaft nicht vorlägen. Da die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft sich von jenen für die Verhängung der Schubhaft grundsätzlich nicht unterscheiden, ist die Schubhaftbehörde an einen solchen Ausspruch insoweit gebunden, als sie ohne maßgebliche Änderung der Sach- oder Rechtslage keinen neuen Schubhaftbescheid erlassen darf.
- | Online seit - 29.07.2024
3357

Judikatursammlung

Unmittelbare Anwendbarkeit der unionsrechtlichen Bestimmung über ipso facto-Flüchtlingsschutz im Sinne von Art 1 Abschnitt D GFK in Österreich

Leitsatz des Gerichts:
I. Um unter Art 12 Abs 1 lit a RL 2011/95/EU zu fallen, muss ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser nicht in einem Flüchtlingslager einer UN-Organisation mit Ausnahme des UNHCR gelebt haben, aber den Schutz einer solchen Organisation tatsächlich in Anspruch genommen haben.

II. Fällt der Schutz der UN-Organisation weg, wofür es ausreicht, dass er aus einem nicht vom Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen kontrollierbaren Grund faktisch nicht mehr gewährt wird, so genießt dieser ipso facto die Flüchtlingseigenschaft nach der RL 2011/95/EU (Status-RL), wenn keine Endigungs- oder Ausschlussgründe iSd Art 1 Abschnitt C oder F GFK vorliegen (Art 12 Abs 1 lit a RL 2011/95/EU).

III. Art 12 Abs 1 lit a RL 2011/95/EU ist in Verfahren vor dem BFA und dem BVwG unmittelbar anwendbar.
- | Online seit - 26.07.2024
3356

Judikatursammlung

Notwendige Auseinandersetzung mit vorliegenden Länderberichten im Falle der beabsichtigten Abschiebung nach Bulgarien

Leitsatz des Gerichts:
Eine Abschiebung ist dann nicht zulässig, wenn dem Fremden im Zielstaat eine Verletzung seiner Rechte gemäß Art 2 bzw 3 EMRK droht. Daher bedarf es entsprechender Ermittlungsschritte zur Feststellung der jeweiligen Lage.
- | Online seit - 25.07.2024
3355

Judikatursammlung

Kostenbefreiung für Kopien im Rahmen der Akteneinsicht

Leitsatz des Gerichts:
I. Eine Weigerung der Behörde, Kopien aus dem Akt anzufertigen, ist als Verweigerung der Akteneinsicht zu werten. Die Einsicht nehmende Person hat einen Rechtsanspruch darauf, dass Kopien der Aktenteile angefertigt werden, sobald die Behörde einen funktionsfähigen Kopierer besitzt.

II. Da es sich bei Asylwerbern regelmäßig um mittellose Personen handelt, sieht das AsylG – abweichend vom Prinzip der Selbsttragung der Kosten gemäß dem AVG – eine generelle Kostenbefreiung aus humanitären Gründen vor.

III. Die generelle Kostenbefreiung umfasst auch die im Verfahren zu einem Antrag auf internationalen Schutz im Zuge der Akteneinsicht allenfalls anfallenden Kopierkosten.
- | Online seit - 24.07.2024
3354

Judikatursammlung

Maßgebliche Interessenabwägung bei der Versagung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen

Leitsatz des Gerichts:
I. Im Zuge der Prüfung eines Heilungsantrages gemäß § 4 Abs 1 Z 2 AsylG-DV ist eine Interessenabwägung gemäß § 9 BFA-G vorzunehmen. Die Voraussetzungen der Heilung sind letztlich die gleichen, wie für die materielle Stattgabe eines verfahrenseinleitenden Antrages auf einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG.

II. Für den Aspekt des Privatlebens spielt die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine Rolle, wobei die Rsp grundsätzlich keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im Einzelfall vornimmt. Die Umstände, dass ein Fremder perfekt Deutsch spricht, sozial vernetzt und integriert ist, eine Einstellungszusage vorliegt bzw er strafgerichtlich unbescholten ist, sind nicht allein entscheidend, um ein persönliches Interesse zu rechtfertigen.

III. Kommt es nach Vorlage der Beschwerde zur Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, so hat das VwG im Falle der Bestätigung der ausgesprochenen Rückkehrentscheidung eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen.
- | Online seit - 23.07.2024
3353

Judikatursammlung

Asylrechtlich relevante Verfolgung durch staatliche Strafjustiz

Leitsatz des Gerichts:
Wird eine Verfolgung durch die staatliche Strafjustiz behauptet, so ist bei der Prüfung nach § 3 AsylG 2005 zu klären, ob rechtsstaatlich legitime strafrechtliche Verfolgung ("prosecution") vorliegt oder es sich um Verfolgung aus einem der Gründe des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ("persecution") handelt.
- | Online seit - 22.07.2024