EuGH-Urteile als neue Rechtslage, derentwegen Folgeanträge zulässig sein können?
Leitsätze
I. Ausnahmslos jedes Urteil des EuGH, in welchem eine präjudizielle Vorschrift des Unionsrechts ausgelegt wird, ist als "neuer Umstand" oder "neue Erkenntnis" iSd Art 40 Abs 2 und 3 RL 2013/32/EU zu qualifizieren, derentwegen ein Folgeantrag zulässig (Art 2 lit q RL 2013/32/EU) sein kann. Hinzu muss aber noch eine Relevanz des "neuen Umstands" bzw der "neuen Erkenntnis" für den Anspruch auf die Flüchtlingseigenschaft treten, mithin eine nunmehrige Erfolgswahrscheinlichkeit des Folgeantrags.
II. Es steht Art 47 GRC iVm Art 46 RL 2013/32/EU nicht entgegen, wenn sich die Kognitionsbefugnis des Rechtsbehelfsgerichts nach nationalem Recht darin erschöpft, eine asylbehördliche Entscheidung für nichtig zu erklären, und in der Folge die Asylbehörde im zweiten Rechtsgang neuerlich zuständig wird. Bei einer solchen Ausgestaltung muss aber die Asylbehörde an die tragenden Gründe der gerichtlichen Entscheidung gebunden sein.
III. Es ist daher unionsrechtlich ebenso nicht zu beanstanden, wenn das Rechtsbehelfsgericht, das über die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung der Asylbehörde zu erkennen hat, mit der ein Folgeantrag zurückgewiesen wurde, lediglich über die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung zu erkennen hat. Wenn das Rechtsbehelfsgericht aber den Bescheid aufhebt, so muss die Asylbehörde im zweiten Rechtsgang an die tragenden Gründe der gerichtlichen Entscheidung gebunden sein (vgl in Österreich § 28 Abs 5 VwGVG).
IV. Sofern im nationalen Recht eine andere Ausgestaltung des Rechtsbehelfs gewählt wird, mithin eine Entscheidung des Rechtsbehelfsgerichts in der Sache des Folgeantrags ergehen soll, den die Asylbehörde zu Unrecht zurückgewiesen hat, so muss das Gericht die für die Asylbehörde geltenden Verfahrensgarantien nach Kapitel II der RL 2013/32/EU beachten.