Zur rechtlichen Einordnung des verschuldeten Nichtbesuchs bzw Abbruchs eines Deutschkurses durch Sozialhilfe-Bezugsberechtigte
Leitsätze
I. § 16c Abs 1 IntG führt hinsichtlich der dort genannten Personengruppen während des aufrechten Bezugs von Leistungen der Sozialhilfe, die an die Bereitschaft zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft geknüpft sind, eine Pflicht "zur vollständigen Teilnahme, zur gehörigen Mitwirkung und zum Abschluss eines Werte- und Orientierungskurses gemäß § 5 bzw. § 16a" IntG an, ohne - wie etwa § 6 Abs 1 IntG - auf eine gleichlautende Verpflichtung in Ansehung der in § 4 IntG geregelten Deutschkurse Bezug zu nehmen. Gleichzeitig wird in § 16c Abs 1 IntG allerdings normiert, dass die Betreffenden "der Pflicht zur Absolvierung einer B1-Integrationsprüfung des Österreichischen Integrationsfonds" unterliegen. Bereits aus dem Wortlaut des § 16c Abs 1 IntG ergibt sich somit unmissverständlich, dass die dort genannten Personen während des aufrechten Bezugs von Leistungen der Sozialhilfe, die an die Bereitschaft zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft geknüpft sind, der Pflicht zur Absolvierung der genannten Prüfung unterliegen. Eine Frist zur Absolvierung dieser Prüfung sieht diese Bestimmung nicht vor. Wurde diese Prüfung nicht absolviert, liegt demnach ein Verstoß gegen die genannte Pflicht nach §16c Abs 1 IntG vor.
II. Die B1-Integrationsprüfung, hinsichtlich der § 16d letzter Satz IntG eine sinngemäße Anwendung des § 12 IntG normiert, umfasst nach § 12 Abs 2 IntG Sprach- und Werteinhalte, wobei mit der Prüfung auch festzustellen ist, ob der Betreffende "über vertiefte Kenntnisse der deutschen Sprache zur selbständigen Sprachverwendung auf dem Sprachniveau B1 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen" verfügt. Bei der Beurteilung der Frage, ob dem Bezieher von Leistungen der Sozialhilfe ein schuldhafter Verstoß gegen die Verpflichtung zur Absolvierung der genannten Prüfung iSd § 8b Abs 3 Sbg SozialunterstützungsG anzulasten ist, kann das Verhalten des Betreffenden in Ansehung von (vorgelagerten) Deutschkursen, die erst dem Erwerb jener Sprachkenntnisse dienen sollen, der eine Absolvierung der genannten Prüfung ermöglicht, aber nicht von vornherein ausgeblendet werden. Dieses Verhalten ist vielmehr im Rahmen der - einzelfallbezogenen - Beurteilung, ob ein schuldhafter Verstoß gegen die Pflicht gemäß § 16c Abs 1 IntG zur Absolvierung einer B1-Integrationsprüfung iSd § 8b Abs 3 Sbg SozialunterstützungsG vorliegt, zu berücksichtigen. Werden angebotene Deutschkurse vom Hilfeempfänger ohne ausreichende Begründung nicht besucht oder abgebrochen, kann jedenfalls nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass eine schuldhafte Verletzung der Pflicht gemäß § 16c Abs 1 IntG zur Absolvierung einer B1-Integrationsprüfung nicht vorliegt. Ein derartiges Verständnis ergibt sich auch aus den Materialien zu § 9 Sozialhilfe-GrundsatzG bzw § 8b Abs 3 Sbg SozialunterstützungsG.
III. Der bloß unregelmäßige Besuch bzw Abbruch eines Deutschkurses kann eine Verweigerung der Teilnahme an einer Maßnahme zur Verbesserung der Integrationsfähigkeit in den Arbeitsmarkt iSd § 8b Abs 1 Z 2 lit c Sbg SozialunterstützungsG darstellen.
IV. § 8b Abs 3 letzter Satz Sbg SozialunterstützungsG sieht vor, dass dann, wenn neben einem Verstoß gegen § 16c Abs 1 IntG auch ein solcher gemäß § 8b Abs 1 Sbg SozialunterstützungsG vorliegt, die Kürzungsstufen des § 8b Abs 2 Sbg SozialunterstützungsG für die Dauer der gleichzeitigen Pflichtverstöße gelten.