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Leitsätze

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3409

Zwang zur Vornahme völkerrechtswidriger Handlungen im Zuge des Wehrdienstes als Asylgrund

Leitsätze
I. Die Weigerung, einen verpflichtenden Militärdienst abzuleisten, oder eine aus diesem Grund drohende Bestrafung, stellen grundsätzlich keinen Asylgrund dar. Tritt dem Sachverhalt allerdings ein Konventionsgrund, wie etwa eine politische oder religiöse Überzeugung, bei, und drohen völlig unverhältnismäßige Sanktionen (zB Folter), so stellt dies eine asylrelevante Verfolgung dar.

II. Droht im Falle einer Wehrdienstverweigerung keine völlig unverhältnismäßige Strafe wie etwa Folter, sondern bloß eine Gefängnisstrafe, so kann dies bereits eine asylrelevante Verfolgung darstellen, wenn mit dem Militärdienst der Zwang zur Vornahme völkerrechtswidriger Handlungen verbunden wäre.

III. Wird durch das Regime im Heimatstaat eine Wehrdienstverweigerung als Ausdruck einer oppositionellen Gesinnung gewertet und drohen deshalb unverhältnismäßige Strafen wie Folter, so resultiert daraus eine asylrelevante Verfolgungsgefahr. Ist zudem weder eine Einreise noch die Begründung eines Wohnsitzes ohne Kenntnisnahme der Behörden möglich, ist jedenfalls davon auszugehen, dass keine innerstaatliche Fluchtalternative besteht.

Gericht

BVwG / W185 2251608-1

Datum der Entscheidung

08.03.2023

Veröffentlicht am: 26.09.2024
3410

Fehlendes Lichtbild im Aufenthaltstitelverfahren

Leitsätze
I. Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels entgegen der Bestimmung des § 7 Abs 1 Z 2 NAG-DV überhaupt kein Lichtbild beigelegt, liegt ein Mangel iSd § 13 Abs 3 AVG vor, der - nach fruchtlosem Ablauf der Frist zur Behebung des Mangels - die Niederlassungsbehörde zur Zurückweisung des Antrags berechtigt.

II. Im Fall der Zurückweisung eines Antrags ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage, ob die Zurückweisung zu Recht erfolgt ist. Die Behebung eines Mangels, der zur Zurückweisung des Anbringens iSd § 13 Abs 3 AVG geführt hat, kann daher im Beschwerdeverfahren nicht mehr nachgeholt werden.

III. Der VwGH hat bereits festgehalten, dass die Stillhalteklausel des Art 13 ARB 1/80 der Anwendung der sich aus § 2a Abs 2 NAG-DV ergebenden Anforderung, zur Erlangung eines Aufenthaltstitels nach § 8 NAG ein im Entscheidungszeitpunkt maximal sechs Monate altes Lichtbild gemäß § 2a NAG-DV (iVm § 7 Abs 1 Z 2 NAG-DV) vorzulegen, auf türkische Staatsangehörige nicht entgegensteht.

Gerichtshof

VwGH / Ra 2023/22/0102

Datum der Entscheidung

25.04.2024

Veröffentlicht am: 25.09.2024
3411

Ausschluss von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten

Leitsätze
Der in § 6 Abs 1 Z 4 AsylG 2005 enthaltene Ausschlussgrund, bei dessen Vorliegen der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 6 Abs 2 AsylG 2005 ohne weitere Prüfung abgewiesen werden kann und gemäß § 7 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 einem Fremden der Status des Asylberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen ist, korreliert inhaltlich mit dem in Art 14 Abs 4 lit b Status-RL genannten Grund.

Gerichtshof

VwGH / Ra 2023/14/0006

Datum der Entscheidung

16.07.2024

Veröffentlicht am: 24.09.2024
3412

Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz eines syrischen Staatsangehörigen

Leitsätze
I. Die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art 2 oder 3 EMRK setzt eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") insb einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht.

II. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat.

Gerichtshof

VwGH / Ra 2024/18/0151

Datum der Entscheidung

25.06.2024

Veröffentlicht am: 23.09.2024
3416

Gültigkeitsdauer von Aufenthaltstiteln nicht abhängig von allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen

Leitsätze
I. Die Bestimmung des mit "Gültigkeitsdauer von Aufenthaltstiteln" überschriebenen § 20 NAG regelt - wie sich aus Wortlaut und Systematik des Gesetzes zweifelsfrei ergibt - die Gültigkeitsdauer von Aufenthaltstiteln, nicht aber die allgemeinen Voraussetzungen für ihre Erteilung, wie sie in § 11 NAG normiert sind.

II. Nach § 20 Abs 1a NAG wird der Behörde - und damit auch dem VwG - bei der Verleihung von Aufenthaltstiteln gemäß § 8 Abs 1 Z 2 NAG kein Ermessen eingeräumt ("sind ... auszustellen").

III. Für die Gültigkeitsdauer des auszustellenden Aufenthaltstitels ist nicht entscheidend, ob sämtliche Erteilungsvoraussetzungen des § 11 Abs 2 NAG vorliegen (oder trotz Fehlens der Voraussetzung nach § 11 Abs 2 Z 4 NAG ein Aufenthaltstitel iSd § 11 Abs 3 NAG auszustellen ist, um dem Gebot des Art 8 EMRK zu entsprechen); wird ein Aufenthaltstitel ausgestellt, ist seine Gültigkeitsdauer - sind die Voraussetzungen nach § 20 Abs 1a Z 1 und 2 NAG erfüllt - mit drei Jahren festzulegen.

Gerichtshof

VwGH / Ra 2023/22/0138

Datum der Entscheidung

27.05.2024

Veröffentlicht am: 19.09.2024
3418

Zwangsrekrutierung Minderjähriger

Leitsätze
I. Relevant kann nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Erlassung der Entscheidung vorliegen.

II. Auf diesen Zeitpunkt hat die der "Asylentscheidung" immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe.

Gerichtshof

VwGH / Ra 2023/18/0495

Datum der Entscheidung

27.05.2024

Veröffentlicht am: 19.09.2024
3423

Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen nach § 11 NAG: tragfähige Alternativbegründung und fehlendes "Ausbildungsprivileg"

Leitsätze
I. Beruht ein Erkenntnis auf alternativen Begründungen und wird in Ansehung einer tragfähigen Begründungsalternative (hier der Verwirklichung des Erteilungshindernisses gemäß § 11 Abs 1 Z 5 NAG sowie der Verneinung der Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 11 Abs 3 NAG iVm Art 8 EMRK) im Zulässigkeitsvorbringen keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, so erübrigt es sich, auf die zusätzlich angesprochenen Fragen (hier die strittige Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 11 Abs 2 Z 2 und Z 4 iVm Abs 5 NAG) einzugehen, zumal das rechtliche Schicksal der Revision von der Beantwortung der insoweit aufgeworfenen Rechtsfragen nicht abhängt.

II. Die strafgerichtliche und verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit hat weder eine Stärkung der persönlichen Interessen am Verbleib in Österreich noch eine Schwächung des öffentlichen Interesses an der Einhaltung der fremdenrechtlichen Bestimmungen zur Folge.

III. Dem tragend herangezogenen Interesse eines Fremden an der weiteren Fortsetzung seiner Ausbildung im Aufnahmestaat kommt für sich genommen keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu, woran auch ein bereits erzielter Erfolg bei der Ausbildung nichts ändern kann.

IV. Der allfällige Umstand, dass Bildungsmöglichkeiten in Österreich mit jenen im Herkunftsland nicht gleichwertig sind, ist bei der Abwägung nach Art 8 EMRK nicht entscheidend.

Gerichtshof

VwGH / Ra 2021/22/0156

Datum der Entscheidung

24.06.2024

Veröffentlicht am: 18.09.2024
3420

Zur Ermittlung der finanziellen Leistungsfähigkeit iZm mit Verbindlichkeiten

Leitsätze
Dass im Rahmen der Ermittlung der finanziellen Leistungsfähigkeit gemäß § 11 Abs 5 NAG Verbindlichkeiten nur insoweit zu berücksichtigen wären, als das Existenzminimum überschritten wird, kann der genannten Regelung nicht entnommen werden, wird doch ganz allgemein auf Aufwendungen bzw Belastungen, nicht jedoch auf deren faktische Durchsetzbarkeit abgestellt. Eine gegenteilige Auffassung wäre auch mit Blick auf den Sinn und Zweck der betreffenden Regelung, einen Aufenthaltstitel grundsätzlich nur jenen Personen zuteil werden zu lassen, bezüglich derer im Hinblick auf die zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel eine finanzielle Belastung einer Gebietskörperschaft während der Dauer des Aufenthalts als wahrscheinlich auszuschließen ist, nicht sachgerecht.

Gerichtshof

VwGH / Ra 2022/22/0079

Datum der Entscheidung

29.05.2024

Veröffentlicht am: 17.09.2024
3421

Unzureichende Interessenabwägung nach § 11 Abs 3 NAG

Leitsätze
Bei der Beurteilung nach § 11 Abs 3 NAG ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an der Versagung des Aufenthaltstitels mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen unter Berücksichtigung der im § 11 Abs 3 NAG näher angeführten Kriterien in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen.

Gerichtshof

VwGH / Ra 2023/22/0001

Datum der Entscheidung

19.06.2024

Veröffentlicht am: 16.09.2024
3425

Antragszurückweisung bei Verletzung von Mitwirkungspflichten

Leitsätze
I. Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aufgrund mangelnder Mitwirkung am Verfahren zurückgewiesen, so hat das VwG im Rechtsmittelverfahren lediglich zu prüfen, ob die Zurückweisung rechtmäßig erfolgte. Eine Befugnis zu einer inhaltlichen Prüfung durch das VwG besteht in diesem Fall nicht.

II. Liegt in einem Verfahren betreffend die Zuerkennung internationalen Schutzes ein Mangel nach § 8 und § 58 Abs 5, 6 und 12 AsylG vor, so besteht grundsätzlich die Möglichkeit der Heilung gemäß § 4 AsylG-DV. Gemäß Abs 1 leg cit sind dafür aber ein gesonderter Antrag und eine Begründung erforderlich. Eine amtswegig vorgenommene Heilung des Mangels ist nicht zulässig.

III. Kommt die fremde Person ihren Mitwirkungspflichten bei der Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten nicht nach, so hat eine Zurückweisung des Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels (zB in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen iSd § 56 AsylG) zu erfolgen. Die Mitwirkungspflichten werden etwa nicht erfüllt, wenn bloß ein seit Jahren abgelaufener Reisepass vorgelegt wird, anstatt ein von der Behörde eingefordertes "gültiges" Reisedokument.

IV. Wird dem Verbesserungsauftrag im Hinblick auf die Vorlage eines gültigen Reisepasses und einer Geburtsurkunde im Original nicht entsprochen, so ist davon auszugehen, dass die fremde Person ihre Mitwirkungspflichten missachtet. Ein allfälliger Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ist folglich (iSd § 58 Abs 11 Z 2 AsylG) zurückzuweisen.

Gericht

BVwG / W226 2215752-2

Datum der Entscheidung

09.01.2024

Veröffentlicht am: 13.09.2024
3398

Kein neuer Sachverhalt bei Vorlage zusätzlicher Beweismittel zur Untermauerung des ursprünglichen, für unglaubhaft befundenen Fluchtgrundes

Leitsätze
Identität der Sache liegt vor, wenn sich gegenüber der früheren Entscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat. Erst nach Erlassung der rechtskräftigen Erstentscheidung hervorkommende Umstände, die eine Urnichtigkeit dieser Entscheidung dartun, stellen keine Änderung des Sachverhalts dar, sondern können lediglich einen Grund zur Wiederaufnahme eines Verfahrens darstellen. Dadurch soll verhindert werden, dass die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache – ohne nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage – erfolgt.

Gericht

BVwG / W211 2256184-2

Datum der Entscheidung

19.03.2024

Veröffentlicht am: 12.09.2024
3352

Zum Nichtvorliegen einer Familie iSd § 35 Abs 5 AsylG

Leitsätze
I. Ist die Bezugsperson im Entscheidungszeitpunkt bereits volljährig, so fällt deren Mutter nicht unter den Familienbegriff des § 35 Abs 5 AsylG. Die Geschwister der Bezugsperson sind ohnehin nicht vom Gesetzeswortlaut des § 35 Abs 5 AsylG erfasst, weswegen einem Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG von vornherein nicht stattzugeben sein wird.

II. Im Falle der Abweisung von Anträgen auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG ist zu prüfen, ob der Eingriff in das Recht auf Familienleben der betroffenen Personen mit Art 8 EMRK vereinbar ist.

Gericht

BVwG / W212 2278710-1 ua

Datum der Entscheidung

06.12.2023

Veröffentlicht am: 11.09.2024
3387

Subsidiärer Schutz bei der Gefahr, in einem Kinderheim aufwachsen zu müssen

Leitsätze
I. Muss ein minderjähriges (hier: zweieinhalbjähriges) Kind ohne Eltern in den Herkunftsstaat zurückkehren (hier: Moldawien), so kann für einen Herkunftsstaat, dessen Länderinformationen auf gewisse soziale Schwierigkeiten hindeuten, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 und 3 EMRK angenommen werden, da bei einer Rückkehr ohne Eltern die Gefahr besteht, in einem Kinderheim aufwachsen zu müssen. Dort kann auch ein erhöhtes Risiko bestehen, sexuellem Missbrauch, physischer und psychischer Gewalt, Verwahrlosung sowie Kinderarbeit ausgesetzt zu werden.

II. Aufgrund der aktuellen Lage der Kaste der Odd in Indien ist anzunehmen, dass die Angehörigen dieser Kaste nicht bloß wegen ihrer gemeinsamen Zugehörigkeit zu dieser Kaste und ohne Hinzutreten weiterer konkreter und individueller Eigenschaften mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit gefährdet sind, im gesamten Staatsgebiet Indiens einer systematischen asylrelevanten (Gruppen-)Verfolgung ausgesetzt zu sein.

Gericht

BVwG / W186 2248465-1 ua

Datum der Entscheidung

27.12.2023

Veröffentlicht am: 10.09.2024
3388

Keine Zurückweisung eines Antrags nach § 57 Abs 1 Z 1 AsylG bei Verbindung mit Heilungsantrag

Leitsätze
I. Einem Heilungsantrag im Hinblick auf die Nichtvorlage von Identitätsnachweisen ist gemäß § 4 Abs 1 Z 3 AsylG-DV stattzugeben, wenn die von der fremden Person nicht zu vertretenden Gründe für die Unmöglichkeit der Abschiebung darin liegen, dass die Beschaffung der notwendigen Urkunden für die fremde Person nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

II. Ein mit einem Antrag auf Heilung verbundener Antrag gemäß § 57 Abs 1 Z 1 AsylG (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) darf grundsätzlich nicht gemäß § 58 Abs 11 AsylG wegen Nichtvorlage von Identitätsdokumenten zurückgewiesen werden, wenn die Voraussetzungen für eine Duldung nach § 46a Abs 1 Z 3 FPG weiterhin vorliegen.

Gericht

BVwG / W142 2246619-1

Datum der Entscheidung

04.08.2023

Veröffentlicht am: 09.09.2024
3397

Nicht-Zuerkennung subsidiären Schutzes und Rückkehrentscheidung betreffend einen afghanischen Staatsangehörigen im konkreten Einzelfall verfassungsrechtlich vertretbar

Leitsätze
Die Vollzugsbehörde ist bei einer Abschiebung verpflichtet, das Folterverbot gemäß Art 3 EMRK insb im Hinblick auf die aktuelle Sicherheits- und Versorgungslage zu beachten.

Gerichtshof

VfGH / E 746/2024

Datum der Entscheidung

13.06.2024

Veröffentlicht am: 06.09.2024
3389

Asylantrag eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats der Europäischen Union und Anwendung des Asylprotokolls

Leitsätze
Das Asylprotokoll zählt zum Primärrecht (vgl Art 51 EUV). Das Asylprotokoll verbietet es den Mitgliedstaaten, einen von einem Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates gestellten Asylantrag zu berücksichtigen oder zur Bearbeitung zuzulassen, wenn nicht eine der Voraussetzungen der lit a bis d des Einzigen Artikels des Asylprotokolls vorliegt.

Gerichtshof

VwGH / Ro 2023/19/0001

Datum der Entscheidung

16.05.2024

Veröffentlicht am: 05.09.2024
3386

Keine reale Verfolgungsgefahr durch syrisches Regime in autonomer Kurdenzone

Leitsätze
I. Besteht grds die Gefahr einer Zwangsrekrutierung durch den Staat, so stellt dies keinen asylrelevanten Sachverhalt dar, wenn die staatlichen Behörden über die Heimatregion faktisch keine Hoheitsgewalt haben.

II. Eine drohende Zwangsrekrutierung könnte grds eine Verfolgungsgefahr darstellen. Kann jedoch festgestellt werden, dass die Rekruten üblicherweise für Aufgaben wie den Nachschub oder Objektschutz eingesetzt werden und dass sohin nicht von einem drohenden Kampfeinsatz auszugehen ist, so deutet dies nicht auf eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen hin.

Gericht

BVwG / W282 2279810-1

Datum der Entscheidung

06.03.2024

Veröffentlicht am: 04.09.2024
3385

Einreisetitel nach § 35 Abs 1 AsylG 2005 - Unglaubhaftigkeit der behaupteten traditionellen Eheschließung

Leitsätze
Selbst bei einer behaupteten nachträglichen Registrierung der Ehe nach syrischem Recht ist die Beurteilung der Frage vorgelagert, ob die vorgebrachte traditionelle Eheschließung als glaubhaft zu befinden ist.

Gerichtshof

VwGH / Ra 2024/18/0134

Datum der Entscheidung

23.04.2024

Veröffentlicht am: 03.09.2024
3384

Kein Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen wegen fehlender Integration

Leitsätze
I. Bei der Verleihung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 56 Abs 1 AsylG handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der Behörde, wobei dieses Ermessen jedoch durch die Voraussetzungen des § 60 AsylG eingeschränkt wird. Bei der Beurteilung eines Ansuchens gemäß § 56 Abs 1 AsylG sind die Voraussetzungen des § 60 Abs 2 AsylG zwingend zu beachten, wobei die Prüfung jedoch bereits dann unterbleiben kann, wenn nicht alle Voraussetzungen des § 56 Abs 1 AsylG vorliegen.

II. Die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 56 Abs 1 AsylG stellt nicht nur auf die Anforderungen der Z 1 bis 3 leg cit ab. Es hat jedenfalls auch ein besonders berücksichtigungswürdiger Fall vorzuliegen, wobei hiermit im Speziellen die Legalisierung eines langen Aufenthalts ermöglicht werden soll, wenn die Voraussetzungen des § 55 AsylG noch nicht erfüllt werden. Auch wenn bei der Beurteilung der besonderen Berücksichtigungswürdigkeit Aspekte des § 9 Abs 2 BFA-VG einfließen können, spielen in diesem Zusammenhang (gemäß der einschlägigen Judikatur) jedenfalls Bindungen zum Heimatstaat oder die Unsicherheit des Aufenthaltsstatus keine Rolle.

III. Sind Drittstaatsangehörige trotz ihres jahrelangen Aufenthalts im Inland nicht in der Lage, sich in deutscher Sprache zu unterhalten, so liegt keine derart fortgeschrittene Integration vor, dass von einem besonders berücksichtigungswürdigen Fall gemäß § 56 Abs 1 AsylG auszugehen ist.

IV. Wird im Rahmen eines Verfahrens gemäß § 56 Abs 1 AsylG eine Einstellungszusage in Vorlage gebracht, aus welcher jedoch weder das Beschäftigungsausmaß noch die vorgesehene Entlohnung hervorgeht, so werden dadurch nicht die zwingend vorzuliegenden Voraussetzungen des § 60 Abs 2 AsylG erfüllt.

Gericht

BVwG / L518 2206552-2 ua

Datum der Entscheidung

27.06.2023

Veröffentlicht am: 02.09.2024
3383

Zur fehlenden Verfolgungsgefahr in Afghanistan und Interessenabwägung bei massiver Straffälligkeit

Leitsätze
I. Beherrscht die fremde Person die Landessprache ihres Herkunftsstaats in Wort und Schrift und ist sie mit den kulturellen und gesellschaftlichen Gepflogenheiten des Herkunftsstaats vertraut, so ist nicht davon auszugehen, dass ein Übergang zu einem Leben im Herkunftsstaat mit unzumutbaren Härten verbunden wäre. Dies gilt umso mehr, wenn die fremde Person in ihrem Herkunftsstaat über familiäre Anknüpfungspunkte und über Arbeitserfahrung verfügt.

II. Das Risikopotenzial von Männern als "verwestlicht" angesehen zu werden ist im Allgemeinen für Männer minimaler als für Frauen. Es sind in Bezug auf Afghanistan bisher (auf Grundlage der aktuellen Länderinformationen) jedenfalls keine Fälle bekannt, wonach Rückkehrer nachweislich aufgrund ihres Aufenthalts in Europa Opfer von Gewalttaten wurden.

III. Seit der Machtübernahme der Taliban 2021 hat sich die Situation in Afghanistan durchwegs gebessert. Die frühere, für den VfGH maßgebliche, nicht beurteilbare Situation liegt nicht mehr vor. Übergriffe auf Personen, die nicht aufgrund ihrer politischen oder religiösen Haltung besonders gefährdet sind, kommen praktisch nicht mehr vor. Von einer realen Gefahr einer Verletzung der Rechte gemäß Art 2 und 3 EMRK ist daher nur mehr bei Feststellung einer besonderen persönlichen Gefahr im Rahmen einer Einzelüberprüfung auszugehen.

Gericht

BVwG / W192 2155441-4

Datum der Entscheidung

08.03.2024

Veröffentlicht am: 30.08.2024