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Leitsätze

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3714

Rechtswidrige Festnahme, wenn von vornherein keine Vorführung iSd § 40 Abs 1 BFA-VG geplant war

Leitsätze
I. Die Festnahme der Fremden und ihre anschließende Anhaltung erweisen sich als rechtswidrig, wenn nicht erkennbar ist, dass es notwendig gewesen wäre, die Fremde zu dem in § 40 Abs 1 BFA-VG ausschließlich genannten Zweck, nämlich zur Vorführung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vor das BFA, festzunehmen.

II. Ist die Verwirklichung des Zwecks der Festnahme, die Fremde dem BFA vorzuführen, von Anfang an gar nicht angestrebt, ist die Festnahme und die darauf gegründete Anhaltung schon aus diesem Grund rechtswidrig.

Gerichtshof

VwGH / Ra 2022/21/0021

Datum der Entscheidung

24.10.2024

Veröffentlicht am: 11.07.2025
3717

Unverhältnismäßige Integrationsprüfung und Kostenbelastung unvereinbar mit Art 34 RL 2011/95

Leitsätze
I. Art 34 RL 2011/95 steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, die das Bestehen einer Integrationsprüfung erfordert.

II. Es müssen jedoch besondere Bedürfnisse und Integrationsschwierigkeiten der Person, welcher internationaler Schutz zuerkannt wurde, im Rahmen dieser Prüfung berücksichtigt werden. Die Prüfung darf auch nicht darüber hinausgehen, was erforderlich ist, um die Integration im Aufnahmemitgliedstaat zu fördern.

III. Von einer Prüfung ist abzusehen, wenn die tatsächliche Integration auf andere Weise nachgewiesen werden kann.

IV. Art 34 RL 2011/95 steht einer nationalen Regelung entgegen, die Personen, denen
internationaler Schutz zuerkannt worden ist, sämtliche Kosten der Integrationskurse und -prüfungen auferlegt.

V. Die Möglichkeit, ein Darlehen zu erhalten, und der Erlass der Darlehensschulden im Fall einer fristgerechten Ablegung der Integrationsprüfung ändert nichts an einer solchen Unvereinbarkeit.

Gerichtshof

EuGH / C-158/23

Datum der Entscheidung

04.02.2025

Veröffentlicht am: 10.07.2025
3718

Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß Art 14 Abs 4 lit a RL 2011/95 aus Gründen zulässig, die vor der Einreise in den betreffenden Staat liegen

Leitsätze
I. Eine Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß Art 14 Abs 4 lit a RL 2011/95 kann sich auch auf Handlungen oder Verhaltensweisen des Flüchtlings vor seiner Einreise in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats stützen.

II. Es ist unerheblich, dass Art 1 Abschnitt F GFK und Art 12 RL 2011/95 nicht dieselben Handlungen umfassen, da die Rechtsfolgen voneinander zu unterscheiden sind.

III. Ebenso kann bei der Beurteilung des Art 14 RL 2011/95 nicht auf die Anforderungen des Art 33 Abs 2 GFK abgestellt werden.

IV. Die Prüfung von Art 14 Abs 4 lit a und Abs 5 RL 2011/95 hat nichts ergeben, was die Gültigkeit dieser Bestimmungen im Hinblick auf Art 78 Abs 1 AEUV und Art 18 GRC beeinträchtigen könnte.

Gerichtshof

EuGH / C-454/23

Datum der Entscheidung

27.02.2025

Veröffentlicht am: 09.07.2025
3721

Bei der einseitigen Aussetzung der Aufnahme und Wiederaufnahme handelt es sich nicht automatisch um eine "systemische Schwachstelle"

Leitsätze
I. Art 3 Abs 2 Unterabs 2 Dublin III-VO ist dahin auszulegen, dass das einseitige Aussetzen der Aufnahme und Wiederaufnahme von Asylantragstellern durch einen Mitgliedstaat nicht ausreicht, um das Vorliegen systemischer Schwachstellen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung iSv Art 4 GRC mit sich bringen, anzunehmen.

II. Eine solche Feststellung kann nur nach einer Prüfung aller relevanten Daten auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben getroffen werden.

Gerichtshof

EuGH / C-185/24 und C-189/24

Datum der Entscheidung

19.12.2024

Veröffentlicht am: 08.07.2025
3722

Gleichbehandlungsgrundsatz muss bei Vergabe von Sozialleistungen beachtet werden

Leitsätze
Art 12 Abs 1 lit e RL 2011/98 ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, die den Sozialleistungsanspruch eines Drittstaatsangehörigen, der Inhaber einer kombinierten Erlaubnis ist, von der rechtmäßigen Einreise der in einem Drittstaat geborenen Kinder, für die er unterhaltspflichtig ist, abhängig macht.

Gerichtshof

EuGH / C-664/23

Datum der Entscheidung

19.12.2024

Veröffentlicht am: 07.07.2025
3720

Mehrfacher Antrag auf Gewährung vorübergehenden Schutzes nicht per se unzulässig

Leitsätze
I. Art 8 Abs 1 RL 2001/55 steht einer nationalen Regelung entgegen, wonach einer Person, die vorübergehenden Schutz nach dem Durchführungsbeschluss 2022/382 auf Grundlage des
Art 5 RL 2001/55 genießt, die Erteilung eines Aufenthaltstitels verweigert wird, wenn diese einen solchen Aufenthaltstitel bereits in einem anderen Mitgliedstaat beantragt, aber noch nicht erhalten hat.

II. Einer Person, die vorübergehenden Schutz nach RL 2001/55 genießt, muss gemäß Art 47 GRC ein Rechtsmittel zur Verfügung gestellt werden, um gegen eine Entscheidung vorzugehen, mit der ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels iSd Art 8 RL 2001/55 als unzulässig abgelehnt wird.

Gerichtshof

EuGH / C-753/23

Datum der Entscheidung

27.02.2025

Veröffentlicht am: 04.07.2025
3723

Mündliche Verhandlung ohne Anwesenheit der von Amts wegen zur Verfügung gestellten Rechtsvertretung durchgeführt

Leitsätze
Der Beschwerdeführer wird mangels Anwesenheit eines — ordnungsgemäß geladenen — Rechtsberaters der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH bei der mündlichen Beschwerdeverhandlung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt.

Gerichtshof

VfGH / E 2600/2024

Datum der Entscheidung

11.03.2025

Veröffentlicht am: 03.07.2025
3711

Zum Bekanntwerden eines nachträglichen Versagungsgrundes nach § 11 Abs 1 und 2 NAG

Leitsätze
I. § 52 Abs 4 Z 1 FPG bestimmt, dass gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen ist, wenn nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG oder § 11 Abs 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre.

II. Die Ausfolgung (tatsächliche Übergabe und Entgegennahme) des Aufenthaltstitels (als Karte) - im Erteilungsfall - bewirkt in der Regel gleichzeitig den Akt der Zustellung und die rechtliche Wirkung des Bescheides entsteht erst durch diesen Akt. Der bloße Auftrag zur Herstellung einer Aufenthaltstitelkarte bzw deren technische Herstellung selbst entfaltet demgegenüber noch keine Rechtswirkungen.

Gerichtshof

VwGH / Ra 2023/21/0147

Datum der Entscheidung

24.10.2024

Veröffentlicht am: 02.07.2025
3672

Pushbacks von Griechenland in die Türkei verletzen Art 3, 13 und 5 EMRK

Leitsätze
I. Der Gerichtshof kommt aufgrund einer Vielzahl von offiziellen Berichten – unabhängiger Einrichtungen – zu dem Schluss, dass es eine systematische Praxis der Abschiebung von Drittstaatsangehörigen (Pushbacks) durch die griechischen Behörden aus der Region Evros in die Türkei gibt.

II. Bei einer Abschiebung Oppositioneller in die Türkei besteht die reale Gefahr der Verletzung von Art 3 EMRK. Ein Mitgliedstaat hat somit vor der Abschiebung zu prüfen, ob der Betroffene in der Türkei Gefahr läuft, einer Art 3 EMRK widersprechende Behandlung ausgesetzt zu sein.

III. Eine "informelle Inhaftierung" als Vorstufe zur Abschiebung entbehrt einer rechtlichen Grundlage iSv Art 5 Abs 1 EMRK und verletzt auch die in Art 5 Abs 2 und 4 EMRK garantierten Rechte.

IV. Griechische Pushbacks finden unter lebensbedrohlichen Bedingungen statt und beinhalten sowohl die Beschlagnahme von persönlichen Gegenständen als auch manchmal Drohungen, Demütigungen und körperliche Gewalt. Eine Verletzung der Art 2 und 3 EMRK durch die griechische Vorgehensweise ist somit denkbar, allerdings sind hierfür entsprechende Beweise vorzulegen.

V. Der griechische Rechtsrahmen beinhaltet keine wirksamen Rechtsbehelfe, um gegen die illegale Abschiebung und die hierdurch bedingte Verletzung der Konventionsrechte vorzugehen. Die mangelnde Ermittlung in diesen Fällen begründet ebenfalls eine Verletzung des Art 13 EMRK.

Gerichtshof

EGMR / 15783/21

Datum der Entscheidung

07.01.2025

Veröffentlicht am: 01.07.2025
3666

Fehlende Information bei medizinischer Feststellung der Minderjährigkeit verletzt Art 8 EMRK

Leitsätze
I. Bei der Beurteilung, ob eine Misshandlung iSv Art 3 EMRK vorliegt, ist stets auf den Einzelfall abzustellen. Eine Misshandlung muss allerdings hinreichend substanziiert dargelegt werden und kann nicht bloß aus einer Aneinanderreihung von Tatsachen abgeleitet werden.

II. Bei unbegleiteten minderjährigen Migranten berücksichtigt der EGMR bei der Prüfung einer möglichen Verletzung des Art 8 EMRK sowohl den nationalen als auch den internationalen Rechtsrahmen, da dieser die besondere Schutzbedürftigkeit dieser Personengruppe widerspiegelt.

III. Eine medizinische Untersuchung zur Altersfeststellung darf nur als letztes Mittel herangezogen werden. Sie muss von angemessenen Schutzgarantien für Minderjährige begleitet sein. Zudem ist die betroffene Person umfassend zu informieren, um einen wirksamen Schutz ihrer Interessen zu gewährleisten.

IV. Ein Rechtsbehelf gemäß Art 13 EMRK muss sowohl rechtlich als auch faktisch wirksam sein. Die Effektivität ist jedoch nicht danach zu beurteilen, ob das Verfahren für den Beschwerdeführer erfolgreich ausgeht. Auch eine Kombination mehrerer Rechtsmittel kann den Anforderungen der Konvention genügen.

V. Ein Anspruch auf Ersatz der Kosten und Auslagen gemäß Art 41 EMRK besteht nur, wenn deren tatsächlicher Anfall, Notwendigkeit, Angemessenheit sowie Höhe hinreichend belegt sind. Reine Proformarechnungen genügen diesen Anforderungen nicht.

Gerichtshof

EGMR / 15457/20

Datum der Entscheidung

16.01.2025

Veröffentlicht am: 30.06.2025
3703

Rechtswidriger Ausspruch über die dauernde Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung

Leitsätze
§ 9 Abs 3 BFA-VG ist dergestalt teleologisch zu reduzieren, dass (jedenfalls) im Rückkehrentscheidungsverfahren nach § 52 Abs 4 Z 4 FPG der entbehrliche Ausspruch über die dauernde Unzulässigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu unterbleiben hat. Diese Rsp wurde vom VwGH auch auf jene Konstellationen übertragen, in denen der Drittstaatsangehörige über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt.

Gerichtshof

VwGH / Ra 2023/21/0183

Datum der Entscheidung

21.11.2024

Veröffentlicht am: 27.06.2025
3705

Keine Rechtsverletzung durch Überstellung nach Griechenland

Leitsätze
Die hinreichende Auseinandersetzung mit der Einzelfallzusage Griechenlands betreffend die Unterbringung und Versorgung des Beschwerdeführers sowie seinen Zugang zu einem Asylverfahren führt zur Ablehnung der Behandlung der Beschwerde.

Gerichtshof

VfGH / E 4746/2024

Datum der Entscheidung

27.02.2025

Veröffentlicht am: 26.06.2025
3685

Keine "ordnungsgemäße" Beschäftigung iSd Art 6 Abs 1 ARB 1/80 während anhängigem Asylverfahren

Leitsätze
Nur solche türkische Arbeitnehmer können sich auf ein auf Art 6 ARB 1/80 gegründetes Aufenthaltsrecht berufen, die während der in dieser Bestimmung angeführten Zeiträume auf die dort näher umschriebene Weise ordnungsgemäß beschäftigt waren. Diese Voraussetzung erfüllen Fremde, die eine - wenn auch allenfalls in Einklang mit den Bestimmungen des AuslBG stehende - Beschäftigung ausüben, dann nicht, wenn ihr Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet bloß auf Grund einer asylrechtlichen vorläufigen Aufenthaltsberechtigung besteht.

Gerichtshof

VwGH / Ra 2025/20/0027

Datum der Entscheidung

18.02.2025

Veröffentlicht am: 25.06.2025
3692

Keine Rückkehrentscheidung gegen begünstigte Drittstaatsangehörige

Leitsätze
I. Gegen begünstigte Drittstaatsangehörige kann eine Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG nicht erlassen werden.

II. Begünstigten Drittstaatsangehörigen kann gemäß § 54 Abs 5 AsylG kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen - insb also auch nicht ein solcher nach § 55 AsylG - erteilt werden.

Gerichtshof

VwGH / Ra 2022/17/0085

Datum der Entscheidung

18.02.2025

Veröffentlicht am: 24.06.2025
3697

Zur (Un-)Zulässigkeit von Fristsetzungsanträgen hinsichtlich der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung

Leitsätze
I. Nach den §§ 16 Abs 2 Z 1, Abs 4 und 17 Abs 1 BFA-VG ist weder ein Antragsrecht des Asylwerbers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vorgesehen, noch muss das VwG darüber einen Beschluss fassen, dass die aufschiebende Wirkung nicht gewährt wird. Über einen trotzdem gestellten, unzulässigen Antrag hat das VwG binnen sechs Monaten zu entscheiden.

II. Eine Verletzung der Entscheidungspflicht des BVwG in Fällen, in denen trotz des Vorliegens der Voraussetzungen des § 17 Abs 1 BFA-VG keine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung innerhalb der einwöchigen Frist erfolgt, kann auch vom Asylwerber mittels eines Fristsetzungsantrags geltend gemacht werden.

Gerichtshof

VwGH / Fr 2024/20/0022

Datum der Entscheidung

25.10.2024

Veröffentlicht am: 23.06.2025
3701

Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 wegen verbesserter Lage in Griechenland zurückgewiesen

Leitsätze
Aufgrund der hinreichenden Auseinandersetzung mit der Sicherheits- und Versorgungslage in Griechenland im Hinblick auf die dortige Zuerkennung des Flüchtlingsstatus kommt es durch die Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz zu keiner Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte.

Gerichtshof

VfGH / E 3882/2024

Datum der Entscheidung

27.02.2025

Veröffentlicht am: 20.06.2025
3612

Kein Gebot der Geheimhaltung bzw Zurückhaltung von Homosexualität, um Verfolgungsgefahr im Heimatstaat zu vermeiden

Leitsätze
Von einem Fremden kann nicht erwartet werden, dass er seine Homosexualität in seinem Herkunftsland geheim hält, um eine Verfolgung zu vermeiden. Es ist unbeachtlich, ob die Gefahr einer Verfolgung dadurch vermieden werden könnte, dass der Betroffene beim Ausleben seiner sexuellen Ausrichtung größere Zurückhaltung übt als eine heterosexuelle Person.

Gericht

BVwG / W191 2278046-1

Datum der Entscheidung

21.11.2024

Veröffentlicht am: 18.06.2025
3673

Zur Situation alleinstehender, gewaltbetroffener Frauen in Syrien

Leitsätze
I. In Syrien ist die Position von Personen, die zur sozialen Gruppe der alleinstehenden Frauen, welche Opfer von sexueller Gewalt wurden, als besonders vulnerabel anzusehen.

II. Durch den fehlenden männlichen Schutz, der in einem Land wie Syrien ausnahmslos von Nöten ist, sowie die erhebliche gesellschaftliche Stigmatisierung, steigt die Gefahr, Opfer von Verfolgung iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK zu werden, für diese Frauen maßgeblich.

Gericht

BVwG / W611 2292280-1

Datum der Entscheidung

28.11.2024

Veröffentlicht am: 17.06.2025
3674

Keine partielle Konvalidation von Schubhaftbescheiden

Leitsätze
I. Eine unzureichende Begründung führt nicht in jedem Fall zu einer Rechtswidrigkeit eines Schubhaftbescheids. Für diese Rechtsfolge hat es sich um einen wesentlichen Begründungsmangel zu handeln, der zur Folge hat, dass die konkrete Ausführung der Entscheidung die konkret verhängte Schubhaft nicht zu tragen vermag.

II. Ein einmal rechtswidriger Schubhaftbescheid kann nicht nur für einen Teilzeitraum konvalidieren, vielmehr hat sich eine einmal festgestellte Rechtswidrigkeit auf die gesamte Dauer der auf ihn gestützten Anhaltung zu beziehen.

Gericht

BVwG / W140 2271187-1

Datum der Entscheidung

08.05.2024

Veröffentlicht am: 16.06.2025
3657

Wiederaufnahme wegen Scheinkonversion zum Christentum und Erschleichen des Asylstatus

Leitsätze
I. Nach der Rsp des VwGH hat der Wiederaufnahmegrund des "Erschleichens" absoluten Charakter; es kommt nicht darauf an, ob ohne das verpönte Verhalten voraussichtlich eine anderslautende Entscheidung ergangen wäre oder ob die Behörde oder das Verwaltungsgericht im neuen Verfahren voraussichtlich zu einer anderslautenden Entscheidung gelangen wird.

II. Es muss ein Kausalitätszusammenhang zwischen der unrichtigen Angabe der Partei und dem Entscheidungswillen der Behörde bestehen, damit das verpönte Handeln als ein die Wiederaufnahme rechtfertigendes "Erschleichen" qualifiziert werden kann (vgl etwa VwGH 25.5.2022, Ra 2022/02/0084, mwN).

III. Wenn der Beschwerdeführer vom islamischen Glauben zum christlichen Glauben konvertiert, Nachweise für Kirchenbesuche erbringt und diesen Umstand als wesentlichen Grund für eine unmögliche Rückkehr nach Afghanistan in seinem Asylverfahren anführt, dann ist zu erwarten, dass das Gericht den Ausführungen Glauben schenkt und auch von einer inneren Konversion des Beschwerdeführers ausgehen kann.

IV. Verschweigt der Beschwerdeführer während dieses Asylverfahrens, dass eine Eheschließung nach islamischem Recht unmittelbar bevorsteht, so sind zwei Dinge anzunehmen. Erstens ist anzunehmen, dass die Konversion zum Christentum lediglich zum Schein erfolgt ist. Ferner ist anzunehmen, dass, wenn dem Gericht zum Entscheidungszeitpunkt dieser Umstand bekannt gewesen wäre, eine Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nicht erfolgt wäre.

Gericht

BVwG / W142 1428727-3

Datum der Entscheidung

15.11.2024

Veröffentlicht am: 13.06.2025