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Leitsätze

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3662

Wieder einmal zum maßgeblichen Studienjahr

Leitsätze
I. Das Studienjahr gemäß § 52 UniversitätsG beginnt am 1.10. und endet am 30.9. des folgenden Jahres.

II. Es kommt - im Hinblick auf die maßgeblichen Regelungen in § 8 Z 8 lit b NAG-DV, § 74 Abs 6 UniversitätsG sowie § 52 UniversitätsG - für den nachzuweisenden Studienerfolg ausschließlich auf jene Prüfungen an, die im betreffenden Studienjahr absolviert wurden. Für eine Ausweitung über diesen Zeitraum hinaus besteht kein Raum.

III. Für die Beurteilung des Studienerfolgs ist allein das zum Entscheidungszeitpunkt zuletzt abgelaufene Studienjahr maßgeblich.

Gerichtshof

VwGH / Ra 2024/22/0060

Datum der Entscheidung

12.12.2024

Veröffentlicht am: 22.04.2025
3663

Fristwahrende Beschwerdeeinbringung per E-Mail an Behördenreferentin

Leitsätze
Die Einbringung einer Beschwerde am letzten Tag der Beschwerdefrist per E-Mail an die Behörde im Wege der persönlichen E-Mail-Adresse der mit der Angelegenheit befassten Sachbearbeiterin ist ohne durch die Behörde erfolgte organisatorische Beschränkung des elektronischen Verkehrs gemäß § 13 Abs 2 AVG rechtswirksam und fristwahrend.

Gerichtshof

VwGH / Ra 2022/22/0024

Datum der Entscheidung

19.12.2024

Veröffentlicht am: 18.04.2025
3664

Aufenthaltsberechtigung plus gemäß § 55 Abs 1 AsylG gilt als Niederlassung

Leitsätze
I. § 20 Abs 1a NAG räumt der Behörde (und damit auch dem VwG) kein Ermessen ein.

II. Den Gesetzesmaterialien zufolge soll durch § 20 Abs 1a NAG zum einen für die Drittstaatsangehörigen ein Anreiz zur rechtzeitigen Erfüllung der Integrationsvereinbarung geschaffen werden, zum anderen soll die Regelung aber auch zu einer Verwaltungsvereinfachung und Entlastung der Behörden führen.

III. Gemäß dem eindeutigen Gesetzeswortlaut müssen die Voraussetzungen des § 20 Abs 1a NAG kumulativ vorliegen, damit der beantragte Aufenthaltstitel für die Dauer von drei Jahren (bzw kürzer in den Fällen des § 20 Abs 1a letzter Halbsatz NAG) erteilt werden kann.

IV. Die Gesetzesmaterialien zu § 2 Abs 2 NAG bezeichnen die Niederlassung als eine qualifizierte Form des rechtmäßigen Aufenthalts, wobei wesentlich beim Aufenthaltszweck die Dauerperspektive des Aufenthalts des Betreffenden ist.

V. Der Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 Abs 1 AsylG war bis zum Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz (FNG, BGBl I 87/2012) in § 41a Abs 9 NAG ("Rot-Weiß-Rot - Karte plus") idF BGBl I 38/2011 geregelt; ein solcher Aufenthaltstitel berechtigte zu einer Niederlassung iSd § 2 Abs 2 NAG. Dass der rechtmäßige Aufenthalt eines Fremden aufgrund eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK durch die angeführte Änderung nicht mehr als Niederlassung gelten soll, hat der Gesetzgeber nicht zu verstehen gegeben.

VI. § 1 Abs 2 Z 1 NAG sieht seit seiner Stammfassung vor, dass das NAG nicht für Fremde gilt, die nach dem AsylG zum Aufenthalt berechtigt sind. Dem steht jedoch grundsätzlich nicht entgegen, dass die Aufenthaltsdauer aufgrund einer "Aufenthaltsberechtigung plus" iSe Niederlassung nach § 2 Abs 2 NAG verstanden werden könnte.

VII. Durch die mit dem FNG erfolgte Auslagerung der Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK vom NAG in das AsylG ist keine inhaltliche Änderung - insb Einschränkung ihres Berechtigungsumfangs - erfolgt.

VIII. Die Niederlassung dient der Abgrenzung von zur Niederlassung berechtigenden Aufenthaltstiteln (wie etwa einer "Rot-Weiß-Rot - Karte plus") und Aufenthaltsbewilligungen.

IX. Der Gesetzgeber geht erkennbar davon aus, dass der - in § 45 Abs 2 NAG genannte - Aufenthalt nach dem AsylG einer Niederlassung nach dem NAG gleichzusetzen ist. Dafür, dass dies für die Frage, ob ein Aufenthaltstitel gemäß § 20 Abs 1a NAG für die Dauer von drei Jahren auszustellen ist, anders zu beurteilen wäre, gibt es keine Anhaltspunkte.

X. Ebenso wenig wie aus der expliziten Regelung des § 45 Abs 12 NAG für Asylberechtigte der Schluss gezogen werden kann, dass deren Aufenthaltsrecht nicht den Kriterien des § 2 Abs 2 NAG entspricht, ist eine solche (sinngemäße) Schlussfolgerung für das in § 45 Abs 2 zweiter Satz NAG explizit genannte Aufenthaltsrecht aufgrund einer "Aufenthaltsberechtigung plus" gemäß § 55 Abs 2 AsylG zulässig.

Gerichtshof

VwGH / Ro 2021/22/0005

Datum der Entscheidung

12.12.2024

Veröffentlicht am: 17.04.2025
3623

Verletzungen von Art 3 und 5 EMRK bei der Rückführung eines syrischen Asylsuchenden von Deutschland nach Griechenland

Leitsätze
I. Die Inhaftierung eines Asylsuchenden in einer griechischen Polizeistation verletzt die Garantie des Art 3 EMRK, da diese Einrichtung nicht für eine längerfristige Aufnahme von Häftlingen ausgelegt ist.

II. Gerichte sind verpflichtet, substanziierte Argumente zur Rechtmäßigkeit des Freiheitsentzugs zu prüfen. Das wiederholte Ignorieren solcher Vorbringen durch die griechischen Gerichte verletzt die Rechte gemäß Art 5 Abs 4 EMRK.

III. Ein ausweisender Staat hat sicherzustellen, dass der Asylsuchende im Zielstaat Zugang zu einem adäquaten Asylverfahren hat. Andernfalls liegt eine Verletzung des Art 3 EMRK vor.

IV. Der Zugang und die Effektivität der griechischen Asylverfahren wurde bereits mehrmals vor dem EGMR beanstandet. Zwar ist die Ausweisung unter Einhaltung von gewissen Voraussetzungen möglich, jedoch bedarf es einer Prüfung der Umstände. Die Unterlassung einer solchen Prüfung durch die deutschen Behörden verletzt Art 3 EMRK.

V. Formelle Mängel bei der Ausweisung aus Deutschland begründen eine Verletzung des Art 3 EMRK, insb fehlerhafte Einreiseverweigerungsbescheide, die Information in einer dem Asylsuchenden unverständlichen Sprache und das Fehlen eines Verteidigers.

Gerichtshof

EGMR / 13337/19

Datum der Entscheidung

15.10.2024

Veröffentlicht am: 16.04.2025
3653

Tadellose Gefährdungsprognose und Interessenabwägung: kein Familiennachzug trotz Straftilgung und "Vergebung" durch die Ehefrau

Leitsätze
I. Bei der Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffs "sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde" ist eine das Gesamtverhalten des Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung geboten. Die Behörde (das VwG) ist dabei berechtigt, alle den Fremden betreffenden relevanten Umstände zu berücksichtigen, und verpflichtet, diese einer auf ihn bezogenen Bewertung zu unterziehen. Im Fall strafgerichtlicher Verurteilungen ist - gestützt auf die zugrunde liegenden Tathandlungen - eine Gefährdungsprognose zu treffen, die diesbezügliche Beurteilung ist anhand aller Umstände des konkreten Einzelfalls vorzunehmen. Ebenso kann aber auch ein - Anzeigen an Behörden oder Gerichte zugrundeliegendes - Verhalten wie auch ein sonstiges Fehlverhalten zur Gefährdungsannahme führen. Bei der Beurteilung, ob eine solche Annahme gerechtfertigt ist, ist auf die Art und Schwere des Fehlverhaltens abzustellen.

II. Der VwGH hat bereits wiederholt auf die besondere Gefährlichkeit und das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von Suchtgift- und Geldfälschungskriminalität hingewiesen. Dabei können durchaus auch länger zurückliegende Straftaten berücksichtigt werden, ebenso schließt eine schon erfolgte Tilgung einer Verurteilung deren Berücksichtigung nicht aus.

III. Fortgesetzte massive eheliche Gewalttaten stellen eine schwere Beeinträchtigung öffentlicher Interessen dar. Auf die Einleitung eines Strafverfahrens wegen der ehelichen Gewalttaten kommt es nicht an.

Gerichtshof

VwGH / Ra 2023/22/0125

Datum der Entscheidung

17.12.2024

Veröffentlicht am: 15.04.2025
3625

Rechtfertigungsgrund des Art 5 lit f EMRK nur zur Verhinderung der unerlaubten Einreise

Leitsätze
I. Den Staaten kommt ein Ermessensspielraum bei der Kontrolle der Einreise von Ausländern gemäß Art 5 Abs 1 lit f EMRK zu. Dies allerdings nur insoweit, als ein Verfahren dem Zweck des Art 5 EMRK entsprechen muss.

II. Bei einer Einreise ist auf die "de iure"-Einreise abzustellen und nicht auf die "de facto"-Einreise.

III. Ein Freiheitsentzug aus Gründen des Art 5 Abs 1 lit f EMRK ist nur solange gerechtfertigt, wie ein Abschiebungsverfahren aktiv läuft.

IV. Eine Inhaftierung ist als willkürlich zu beurteilen, wenn der Zusammenhang mit dem aktiven Abschiebeverfahren nicht gegeben ist. Auch die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ändert nichts an dieser Beurteilung.

V. Aufgrund der Tatsache, dass während der vorhergehenden Untersuchungshaft das Asylverfahren gar nicht aktiv betrieben wurde, ist die nachfolgende Einwanderungshaft als unverhältnismäßig zu beurteilen, da der geforderte Zusammenhang zu verneinen ist.

Gerichtshof

EGMR / 71008/16

Datum der Entscheidung

23.07.2024

Veröffentlicht am: 14.04.2025
3632

Mangelhafte Verfahren auf internationalen Schutz in Ungarn begründen Vertragsverletzung

Leitsätze
I. Die Verwaltungspraxis in den Transitzonen von Röszke und Tompa verletzt Art 6 RL 2013/32.

II. Die Abschiebung von illegal in Ungarn aufhältigen Drittstaatsangehörigen ohne Einhaltung von Verfahren und Garantien läuft den Verpflichtungen des Art 5, Art 6 Abs 1, Art 12 Abs 1 und Art 13 Abs 1 RL 2008/115 entgegen.

III. Das ungarische Asylgesetz wird den Anforderungen des Art 46 Abs 5 RL 2013/32 nicht gerecht.

IV. Ungarn wird verurteilt, an die Europäische Kommission einen Pauschalbetrag in Höhe von 200.000.000 € zu bezahlen.

V. Bis zur Durchführung des Urteils, betreffend Art 6 und Art 46 Abs 5 RL 2013/32 wird Ungarn verurteilt, ein Zwangsgeld in Höhe von 900.000 € pro Tag zu zahlen.

VI. Bis zur Durchführung des Urteils, betreffend Art 5, 6, 12 und 13 RL 2008/115 wird Ungarn verurteilt, ein Zwangsgeld in Höhe von 100.000 € pro Tag zu zahlen.

Gerichtshof

EuGH / C-123/22

Datum der Entscheidung

13.06.2024

Veröffentlicht am: 11.04.2025
3634

Nichtgewährung subsidiären Schutzes und Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach Syrien

Leitsätze
I. Mangels Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte betreffend einen Antrag auf internationalen Schutz eines syrischen Staatsangehörigen wird die Beschwerde abgewiesen.

II. Es bestehen keine Bedenken gegen die Auseinandersetzung mit der mangelnden Asylrelevanz der Einziehung zum Wehrdienst angesichts der – nach den konkreten Verhältnissen leistbaren – Befreiungsgebühr.

III. Es bestehen keine Bedenken gegen die Nichtgewährung des subsidiären Schutzstatus angesichts der nachvollziehbaren und nach Regionen differenzierenden Auseinandersetzung mit der Situation in Syrien sowie der gesicherten wirtschaftlichen Existenz.

Gerichtshof

VfGH / E 3587/2023

Datum der Entscheidung

02.10.2024

Veröffentlicht am: 10.04.2025
3622

Wehrdienstverweigerern kann nicht per se eine oppositionelle Haltung unterstellt werden

Leitsätze
I. Die Furcht vor der Ableistung des Militärdiensts sowie der bei seiner Verweigerung drohenden Bestrafung stellt im Allgemeinen keine asylrechtlich relevante Verfolgung dar – bloß bei Vorliegen eines Konventionsgrundes kann die Gewährung von Asyl gerechtfertigt sein. Der Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung kann dann asylrechtliche Bedeutung zukommen, wenn das Verhalten der betroffenen Person auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht oder ihr wegen dieses Verhaltens vom Staat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird und den Sanktionen jede Verhältnismäßigkeit fehlt, zB bei der Anwendung von Folter.

II. Die Haltung des ehemaligen syrischen Regimes gegenüber Wehrdienstverweigerern ergibt ein differenziertes Bild, weshalb nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit abgeleitet werden kann, dass jedem den Militärdienst verweigernden Syrer durch das ehemalige Regime eine oppositionelle Haltung unterstellt wurde.

Gericht

BVwG / W278 2284882-1

Datum der Entscheidung

05.12.2024

Veröffentlicht am: 08.04.2025
3635

Einzelfallbeurteilung bei im Ausland begangenen schweren (nichtpolitischen) Straftaten

Leitsätze
I. Gemäß § 8 Abs 3a AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs 2 AsylG vorliegt. Nach § 9 Abs 2 Z 1 AsylG zählen dazu die in Art 1 Abschnitt F GFK genannten Gründe. Diese Gründe beziehen sich nach dem Regelungsinhalt der GFK zwar auf den Ausschluss vom Asylrecht, erlangen jedoch durch den ausdrücklichen Verweis des § 9 Abs 2 Z 1 AsylG auf sie auch für die Frage, ob der Antragsteller von der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ausgeschlossen ist, Relevanz.

II. Für die Einordnung einer Straftat als "schweres, nichtpolitisches Verbrechen außerhalb des Aufnahmelandes" iSd Art 1 Abschnitt F lit b GFK kommt es weder darauf an, dass die Person, die internationalen Schutz beansprucht, dafür (rechtskräftig) verurteilt worden ist, noch, dass ihr Verhalten im Herkunftsstaat oder im Staat der Tatbegehung als strafbar eingestuft wird. Es kommt darauf an, ob die zum Vorwurf gemachten Handlungen in anderen Rechtsordnungen ebenfalls überwiegend als schwere Straftaten angesehen werden.

III. Handlungen, die auf die Verletzung des Rechtsgutes der sexuellen Integrität von Kindern abzielen, kommt grundsätzlich die Eignung zu, eine schwere (nichtpolitische) Straftat darzustellen. Ob die antragstellende Partei, die eine solche Straftat begangen hat, von der Zuerkennung internationalen Schutzes ausgeschlossen ist, muss aber unter Bedachtnahme auf sämtliche Umstände der Geschehnisse einer Klärung unterworfen werden.

Gerichtshof

VwGH / Ro 2023/18/0005

Datum der Entscheidung

07.11.2024

Veröffentlicht am: 07.04.2025
3592

Relevanz des Alters bei der Verfolgung von Mädchen in Afghanistan

Leitsätze
I. Für weibliche Säuglinge besteht aufgrund ihres geringen Alters nach Ansicht des BVwG keine Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung in Afghanistan.

II. Eine Manifestation einer Lebensweise, die eine Verfolgung der Taliban nach sich zieht, ist bei Kindern unter einem Jahr nach Ansicht des BVwG nicht möglich. Die Unterdrückung einer solchen Lebensführung ist zumutbar.

Gericht

BVwG / W226 2293572-1

Datum der Entscheidung

30.09.2024

Veröffentlicht am: 04.04.2025
3630

Verfassungswidriges Unterlassen der Interessenabwägung nach § 11 Abs 3 NAG

Leitsätze
Das LVwG kommt - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der es ausschließlich um den Nachweis der finanziellen Mittel bzw der Einstellungszusage ging - zum Ergebnis, dass die Beschwerde mangels Nachweises eines ausreichenden Einkommens aufgrund der Nichterfüllung des Einkommens-Sollwerts einer fünfköpfigen Familie von € 2.805,67 monatlich und der nicht den formalen Voraussetzungen entsprechenden Einstellungszusage abzuweisen sei. Das Erkenntnis enthält weder Feststellungen zum Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer noch eine Interessenabwägung. Durch das gänzliche Unterlassen der gemäß § 11 Abs 3 NAG vor dem Hintergrund des Art 8 EMRK gebotenen Interessenabwägung hat das LVwG die Rechtslage grob verkannt und die Beschwerdeführer in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt.

Gerichtshof

VfGH / E 3603/2024 ua

Datum der Entscheidung

25.11.2024

Veröffentlicht am: 03.04.2025
3606

Bescheidbehebung nach Verkennen des Beginns eines Strafverfahrens

Leitsätze
Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 zur Sicherstellung eines Strafverfahrens ist bereits bei Eröffnung eines solchen Verfahrens zu erteilen. Für die Beurteilung ist § 1 Abs 2 StPO als Maßstab heranzuziehen.

Gericht

BVwG / W272 2301023-1

Datum der Entscheidung

21.11.2024

Veröffentlicht am: 02.04.2025
3614

Verschweigen der Doppelstaatsangehörigkeit begründet Wiederaufnahme gemäß § 32 Abs 1 Z 1 und Abs 3 VwGVG

Leitsätze
I. Verfügt der Beschwerdeführer neben der Staatsangehörigkeit, die im Asylverfahren thematisiert wird, noch über eine weitere Staatsangehörigkeit und lässt diese unerwähnt, so kann daraus abgeleitet werden, dass der Beschwerdeführer im Verfahren zum Zweck der Erlangung des Asylstatus absichtlich durch bewusstes Verschweigen des Umstandes objektiv unrichtige Angaben zu seiner Nationalität gemacht hat.

II. Der Kausalitätszusammenhang - der erforderlich ist, damit das verpönte Handeln als ein die Wiederaufnahme rechtfertigendes "Erschleichen" qualifiziert werden kann - ist beim bewussten Verschweigen der weiteren Staatsangehörigkeit und dem Entscheidungswillen der Behörde, die nur die angegebene Staatsangehörigkeit zugrunde legen kann, nicht in Zweifel zu ziehen.

Gericht

BVwG / W108 2240543-2, W108 2240543-1

Datum der Entscheidung

17.10.2024

Veröffentlicht am: 01.04.2025
3618

Berücksichtigung von Rechtfertigungsgründen bei "schwerer nichtpolitischer Straftat" im Herkunftsstaat

Leitsätze
I. § 6 Abs 1 Z 2 AsylG ist vor dem Hintergrund des Art 12 Abs 2 Status-RL zu sehen. Nach Art 12 Abs 2 Status-RL ist ein Drittstaatsangehöriger von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe zur Annahme berechtigen, dass er eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Aufnahmelandes begangen hat. Dabei kommt es darauf an, ob die zum Vorwurf gemachten Handlungen in anderen Rechtsordnungen ebenfalls überwiegend als Straftaten angesehen werden.

II. In Anbetracht der schwerwiegenden Folgen, die ein Asylausschluss für die betreffende Person hat, sind die Ausschlussklauseln restriktiv auszulegen. Auch bedarf es ausreichender Sachverhaltsfeststellungen, um beurteilen zu können, durch welches Verhalten der Asylwerber einen Ausschlusstatbestand erfüllt hat.

III. Strafrechtliche Verantwortung liegt normalerweise nur dann vor, wenn die betreffende Person wissentlich und vorsätzlich wesentliche Tatbestandselemente begangen hat. Es sollten Faktoren in Betracht gezogen werden, die allgemein bei der Prüfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe in Betracht kommen.

Gerichtshof

VwGH / Ro 2023/14/0001

Datum der Entscheidung

26.11.2024

Veröffentlicht am: 31.03.2025
3641

Auf (neuerliche) Notwendigkeit eines aktuellen Lichtbilds ist deutlich hinzuweisen

Leitsätze
I. In einer Konstellation, in der der Antragsteller seiner Verpflichtung zur Vorlage eines Lichtbilds gemäß § 2a Abs 2 NAG-DV zunächst nachgekommen ist, das Lichtbild jedoch aufgrund der Dauer des Verfahrens den Kriterien des § 2a Abs 2 NAG-DV zum Entscheidungszeitpunkt nicht mehr genügt, geht es um die Beurteilung einer Erfolgs- bzw Erteilungsvoraussetzung, deren Fehlen allenfalls zur Abweisung des Antrags führt.

II.  Im Hinblick auf "Erfolgsvoraussetzungen" eines Antrags, hinsichtlich derer kein Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs 3 AVG zu ergehen hat, ist der Antragsteller gemäß den in § 39 Abs 2 AVG (iVm § 17 VwGVG) festgelegten Grundsätzen für die Führung eines Ermittlungsverfahrens auf seine Verpflichtung zur Beibringung hinzuweisen. Dies muss umso mehr gelten, wenn das vom Antragsteller mit seinem Antrag vorgelegte Lichtbild deshalb nicht mehr den Anforderungen des Gesetzes bzw der NAG-DV entspricht, weil seit der Einbringung des Antrags mehr als sechs Monate vergangen sind und das mit dem Antrag vorgelegte Lichtbild daher nicht mehr "zum Entscheidungszeitpunkt nicht älter als sechs Monate" ist. Diesfalls kann der Antragsteller aus Eigenem keine Kenntnis davon haben, wann die Entscheidung getroffen werden wird und zu welchem Zeitpunkt er daher ein entsprechend aktuelles Lichtbild vorzulegen hat.

III. Wenn ein Aufforderungsschreiben zur Nachbringung von Unterlagen keinen hinreichend deutlichen Hinweis auf die Notwendigkeit zur Vorlage eines § 2a NAG-DV entsprechenden Lichtbilds enthält, verletzt der Antragsteller bei Nichterbringung seine Mitwirkungspflicht nicht.

Gerichtshof

VwGH / Ra 2023/22/0170

Datum der Entscheidung

14.11.2024

Veröffentlicht am: 28.03.2025
3613

Gewährung des Asylberechtigtenstatus für afghanische Frauen bei ablehnender Haltung gegen das Frauen diskriminierende Taliban-Regime

Leitsätze
I. Es ist für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten ausreichend, im Rahmen der individuellen Prüfung der Situation einer Antragstellerin, die es ablehnt, sich in einer aussichtslosen und von Unterdrückung geprägten Situation, die ein Recht auf ein menschenwürdiges Leben in Afghanistan verwehrt, auszusetzen, und die daher um die Gewährung von Flüchtlingsschutz ansucht, festzustellen, dass sie bei einer Rückkehr in ihr Herkunftsland, in dem solche Verhältnisse herrschen, tatsächlich und spezifisch Verfolgungshandlungen zu erleiden droht, wenn die Umstände hinsichtlich ihrer individuellen Lage, die ihre Staatsangehörigkeit und ihr Geschlecht betreffen, erwiesen sind.

II. Zur Bejahung einer Verfolgungshandlung ist es grundsätzlich bereits ausreichend, dass eine Frau es ablehnt, in einer Gesellschaft zu leben und sich Einschränkungen beugen zu müssen, die in ihrer Gesamtheit auf die Menschenwürde von Frauen derart einwirkt und ihnen das Recht auf ein menschenwürdiges Leben verwehrt wird.

III. Auf eine allfällige verinnerlichte westliche Orientierung kommt es nicht an, wenn die Situation im Herkunftsstaat in ihrer Gesamtheit Frauen zwingt ein Leben führen zu müssen, das mit der Menschenwürde nicht vereinbar ist.

Gericht

BVwG / W231 2251364-1

Datum der Entscheidung

19.11.2024

Veröffentlicht am: 27.03.2025
3611

Unzulässigkeit eines auf die Dublin III-VO gestützten Feststellungsbegehrens betreffend den Ablauf der Überstellungsfrist aufgrund gegebener anderweitiger Rechtsbehelfe

Leitsätze
I. Die Erlassung eines Feststellungsbescheides ist nur dann zulässig, wenn dies entweder gesetzlich ausdrücklich vorgesehen ist oder – in Abwesenheit einer solchen Regelung – die Erlassung im öffentlichen Interesse liegt oder als notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Interesse der Partei angesehen werden kann.

II. Unzulässig ist die Erlassung eines Feststellungsbescheides jedenfalls dann, wenn dies lediglich die Auslegung eines rechtskräftigen Bescheides und eine Klarstellung der aus ihm nach Auffassung der Behörde resultierenden Rechtsfolgen zum Ziel hat.

Gericht

BVwG / W161 2275635-3

Datum der Entscheidung

22.10.2024

Veröffentlicht am: 26.03.2025
3610

Verletzung des Parteiengehörs durch Nichtvorlage der Mitteilung des BFA im Verfahren nach § 35 AsylG durch die zuständige Vertretungsbehörde

Leitsätze
Nach stRsp ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des BFA über die Prognose der Gewährung eines internationalen Schutzstatus gebunden, auch an eine negative Mitteilung. Es kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu.

Gericht

BVwG / W161 2291502-1

Datum der Entscheidung

22.10.2024

Veröffentlicht am: 25.03.2025
3609

Kein Zuständigkeitsübergang infolge Verfristung bei offensichtlich mangelhaftem Aufnahmegesuch im Dublin-Verfahren

Leitsätze
Die Frist zur Beantwortung eines Aufnahmegesuchs im Dublin-Verfahren kann nicht zu laufen beginnen, wenn das Aufnahmeersuchen offensichtlich mangelhaft ist.

Gericht

BVwG / W239 2302279-1

Datum der Entscheidung

22.11.2024

Veröffentlicht am: 24.03.2025