Leitsätze
2074
Zur Gültigkeitsdauer von Aufenthaltstiteln
Leitsätze
I. Nach § 20 Abs 1a NAG wird der Behörde - und damit auch dem LVwG - bei der Verleihung von Aufenthaltstiteln gemäß § 8 Abs 1 Z 2 NAG kein Ermessen eingeräumt ("sind ... auszustellen"). Wie den Erläuterungen zu entnehmen ist, soll dadurch zum einen für die Drittstaatsangehörigen ein Anreiz zur rechtzeitigen Erfüllung der Integrationsvereinbarung geschaffen werden, zum anderen soll die Regelung aber auch zu einer Verwaltungsvereinfachung und Entlastung der Behörden führen. II. Gemäß dem eindeutigen Wortlaut des § 20 Abs 1a NAG müssen die Voraussetzungen dieser Bestimmung kumulativ vorliegen, damit der beantragte Aufenthaltstitel für die Dauer von drei Jahren (bzw kürzer in den Fällen des § 20 Abs 1a letzter Halbsatz NAG) ausgestellt werden kann. Fehlt es aber an einer der in § 20 Abs 1a NAG genannten Voraussetzungen, kommt die Festsetzung der Gültigkeitsdauer nach § 20 Abs 1a NAG nicht in Betracht. III. Die Gesetzesmaterialien bezeichnen die Niederlassung (vgl § 2 Abs 2 NAG) als eine qualifizierte Form des rechtmäßigen Aufenthalts, wobei wesentlich beim Aufenthaltszweck die Dauerperspektive des Aufenthalts des Betreffenden ist. Gemäß der - die Definition des Begriffs "Niederlassung" nach § 2 Abs 2 NAG einschränkenden - Regelung des § 2 Abs 3 leg cit gilt ein rechtmäßiger Aufenthalt eines Fremden aufgrund einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 Abs 1 Z 12 NAG) nicht als Niederlassung. IV. Das NAG unterscheidet zwischen Aufenthaltstiteln zur Niederlassung und Aufenthaltsbewilligungen zum bloß vorübergehenden Aufenthalt ohne Niederlassungsabsicht. Die Niederlassungsabsicht dient somit der Abgrenzung von zur Niederlassung berechtigenden Aufenthaltstiteln wie der "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" und Aufenthaltsbewilligungen. V. Nach dem klaren Wortlaut des § 2 Abs 3 NAG gilt der rechtmäßige Aufenthalt der Fremden aufgrund der bisher erteilten Aufenthaltsbewilligungen "Studierende" nicht als Niederlassung iSd § 2 Abs 2 NAG, zumal einer solchen Aufenthaltsbewilligung wesensimmanent ist, dass sie an die Dauer des Studiums gebunden ist und (mit Ausnahme des § 64 Abs 4 NAG) nicht über dessen Ende hinaus verlängert werden kann. Die Zeiten des Aufenthaltes aufgrund der Aufenthaltsbewilligung dürfen somit in einem Zweckänderungsverfahren auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" nicht im Rahmen des § 20 Abs 1a Z 2 NAG berücksichtigt werden. VI. Mit der Bestimmung des § 45 Abs 2 NAG, wonach die Zeit eines unmittelbar vorangehenden rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet aufgrund einer Aufenthaltsbewilligung zur Hälfte auf die Fünfjahresfrist gemäß § 45 Abs 1 NAG anzurechnen ist, wurde Art 4 Abs 2 zweiter Unterabs der RL 2003/109/EG umgesetzt. Eine entsprechende sekundärrechtliche Grundlage für die Regelung des § 20 Abs 1a NAG besteht nicht. Anhaltspunkte dafür, dass das Fehlen einer vergleichbaren Anrechnungsbestimmung in § 20 Abs 1a NAG gemessen an der Zielsetzung der Regelung als planwidrig anzusehen ist oder eine verfassungsrechtlich bedenkliche Ungleichbehandlung nach sich ziehen würde, sind für den VwGH nicht ersichtlich. Es ist somit nicht erkennbar, dass die Bestimmung des § 20 Abs 1a NAG unvollständig bzw ergänzungsbedürftig wäre. Die analoge Anwendung der Sonderregelung des § 45 Abs 2 NAG würde sich vielmehr über das ausdrücklich erfolgte Abstellen auf eine Niederlassung hinwegsetzen.
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Entscheidungsdatum: 27.02.2020
Aufbereitet am: 06.07.2020
2073
Beantragung humanitärer Visa in einer Botschaft zur Ermöglichung eines Antrags auf internationalen Schutz begründet keine Hoheitsgewalt iSd EMRK
Leitsätze
I. Die EMRK ist gemäß ihrem Art 1 nur auf Personen anwendbar, die sich unter der "Hoheitsgewalt" eines Mitgliedstaats befinden. Diese Hoheitsgewalt wird in erster Linie territorial bestimmt und bezieht sich idR auf das gesamte Staatsgebiet. II. Ausnahmsweise können auch Handlungen staatlicher Organe, die im Ausland gesetzt werden oder sich dort auswirken, Hoheitsgewalt begründen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn ein Staat effektive Kontrolle über ein Gebiet außerhalb seines Territoriums oder wenn er durch im Ausland operierende Organe Macht und Kontrolle über bestimmte Personen ausübt. Insb die Ausübung von Gewalt durch staatliche Organe kann unter bestimmten Umständen Hoheitsgewalt begründen. Dasselbe gilt für die Handlungen des diplomatischen und konsularischen Personals. III. Die Entscheidung über einen bei einer Botschaft eingebrachten Visumantrag ist nicht ausreichend, um die Hoheitsgewalt des betroffenen Staates über die Antragsteller und damit die Anwendbarkeit der EMRK zu begründen. Auch die Tatsache, dass sich solche Entscheidungen auf die Lage der im Ausland befindlichen Personen auswirkt, vermag daran nichts zu ändern. IV. Die Einbringung von Visumanträgen bei einer Botschaft durch Personen, die sich freiwillig in die Botschaft begeben haben und diese jederzeit verlassen können, führt nicht dazu, dass das Botschaftspersonal de facto die Kontrolle über diese Personen ausübt und damit Hoheitsgewalt begründet wird. Auch die Kontrolle des Staates über das Botschaftsgelände ändert daran nichts. V. Die Anstrengung nationaler Verfahren über Visumanträge ist nicht ausreichend, um die Hoheitsgewalt des betroffenen Staates zu begründen. VI. Die Ausdehnung des Anwendungsbereichs der EMRK auf alle Personen, die in einer Botschaft eines Mitgliedstaates ein Visum beantragen, würde darauf hinauslaufen, das völkerrechtliche Prinzip in Frage zu stellen, wonach jeder Staat das Recht hat, über Einreise, Aufenthalt und Ausweisung von Fremden zu entscheiden. VII. Art 6 EMRK ist auf Verfahren über die Erteilung von Visa nicht anwendbar. Dasselbe gilt für ein Verfahren vor einem Zivilgericht, mit dem die Exekution eines Urteils angestrengt wird, das den Staat unter Androhung eines Zwangsgelds zur Ausstellung von Visa verpflichtet hat.
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Entscheidungsdatum: 05.03.2020
Aufbereitet am: 02.07.2020
2072
Kurzfristige Aufenthalte im EWR-Raum unterbrechen den Erlöschenszeitraum nach § 20 Abs 4 NAG nicht
Leitsätze
I. § 20 Abs 4 NAG normiert das Ex-lege-Erlöschen von unbefristeten Aufenthaltstiteln bei Aufenthalt von zwölf Monaten außerhalb des EWR entsprechend Art 9 Abs 1 lit c der RL 2003/109/EG. II. Kurzfristige Auslandsaufenthalte (zB zu Besuchszwecken oder zur Durchreise) unterbrechen weder eine anspruchsbegründende (zB für den fünfjährigen Zeitraum zur Erlangung eines Aufenthaltstitels Daueraufenthalt - EU) noch eine anspruchsbeendende (zB die Erlöschenszeiträume nach § 20 Abs 4 NAG) Aufenthalts- oder Niederlassungsdauer. Hierbei kommt es vor allem darauf an, inwiefern sich durch den Auslands- bzw Inlandsaufenthalt der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Betreffenden verändert. Der Gesetzgeber hat somit gemäß dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs 7 NAG ua für Aufenthalte im Inland, wie etwa zu Besuchszwecken, eine Regelung getroffen. III. Kurzfristige Auslandsaufenthalte (etwa eine Woche bzw ca drei Wochen) ändern nicht den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Betroffenen; Ferienaufenthalte haben von ihrem Zweck her keine Verschiebung des Mittelpunktes der Lebensinteressen zur Folge. Dem entsprechend unterbrechen auch bloß kurzfristige Aufenthalte im Inland gemäß § 2 Abs 7 NAG eine anspruchsbeendende Dauer gemäß § 20 Abs 4 NAG nicht. Nichts anderes kann jedoch für Aufenthalte im EWR-Gebiet gelten, zumal in den Erläuterungen zu § 2 Abs 7 NAG "die Erlöschenszeiträume nach § 20 Abs. 4" angeführt sind, die gerade nicht auf einen Aufenthalt außerhalb des Inlandes, sondern außerhalb des EWR-Raumes abstellen. Eine gegenteilige Auffassung würde einen Wertungswiderspruch bei der Behandlung von kurzfristigen Inlandsaufenthalten und kurzfristigen Aufenthalten im EWR-Gebiet zur Folge haben. Dieser Auslegung des § 2 Abs 7 NAG steht auch nicht Art 9 Abs 1 lit c der RL 2003/109/EG entgegen. IV. In Art 4 der RL 2003/109/EG sind betreffend die Erlangung der Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten in einem Mitgliedstaat Zeiträume angeführt, die nicht auf die Dauer des Aufenthaltes anzurechnen sind. Vorrangiges Ziel der RL 2003/109/EG ist gemäß der EuGH-Rsp die Integration von Drittstaatsangehörigen, die in den Mitgliedstaaten langfristig ansässig sind. Im Hinblick auf das Ziel der Integrationsförderung ist ungeachtet des Fehlens entsprechender Regelungen in der RL 2003/109/EG in Bezug auf den Verlust der Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten die Bestimmung des § 2 Abs 7 NAG für kurzfristige Aufenthalte im EWR-Gebiet maßgeblich.
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Entscheidungsdatum: 27.02.2020
Aufbereitet am: 01.07.2020
2071
Mutwillensstrafe nach Einbringung einer zulässigen Beschwerde
Leitsätze
Ein zulässiges Rechtsmittel darf nicht durch Mutwillensstrafe wegen offenbar mutwilliger Inanspruchnahme beeinträchtigt werden.
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Entscheidungsdatum: 05.03.2020
Aufbereitet am: 30.06.2020
2070
Zur Beweiswürdigung iZm vorgeworfener Aufenthaltsehe
Leitsätze
I. Beantragt ein Fremder die Erteilung eines Erstaufenthaltstitels zum Zwecke der Familienzusammenführung mit seinem Ehegatten, ist seine Absicht entscheidend, wie der angestrebte Titel genutzt werden soll. II. Ein formales Band der Ehe reicht nicht aus, um aufenthaltsrechtliche Wirkungen zugunsten des ausländischen Ehegatten abzuleiten. III. Das Fehlen eines gemeinsamen Haushaltes bzw eines gemeinsamen Wohnsitzes führt nicht per se zu der Annahme, dass eine Aufenthaltsehe vorliegt. IV. Behauptete regelmäßige Kontakte über das Internet sowie behauptete Besuche des Ehepartners sprechen nicht unmaßgeblich für eine "echte" (iSe tatsächlich gelebten) Ehe.
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Entscheidungsdatum: 27.02.2020
Aufbereitet am: 29.06.2020
2069
Wohnsitzauflage nach § 57 FPG als ultima ratio
Leitsätze
I. Eine Wohnsitzauflage nach § 57 FPG stellt bei Vorliegen einer entsprechenden Verhältnismäßigkeit und einer Interessenabwägung zum Eingriff in die nach Art 8 EMRK geschützten Rechte die ultima ratio dar. II. Es bedarf stets einer Beurteilung der konkreten Umstände des Einzelfalls, die vermuten lassen, dass der Ausreiseverpflichtung auch weiterhin nicht nachgekommen werden wird. III. Eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung, das ungenützte Verstreichenlassen der Frist zur freiwilligen Ausreise und der infolgedessen unrechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet reichen nicht aus, um eine Wohnsitzauflage zu erlassen.
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Entscheidungsdatum: 03.02.2020
Aufbereitet am: 25.06.2020
2068
Innerstaatliche Fluchtalternative ohne Unterstützungsnetz
Leitsätze
Der minderjährige afghanische Staatsangehörige wurde mangels ausreichender Auseinandersetzung mit dessen Unterstützungsnetzwerk und seiner Selbsterhaltungsfähigkeit im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt.
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Entscheidungsdatum: 10.03.2020
Aufbereitet am: 24.06.2020
2067
Ausreisedatum von Seeleuten aus dem Schengenraum
Leitsätze
I. "Ausreise" iSd Art 11 Abs 1 VO (EU) 2016/399 ist als selbständiger Begriff des Unionsrechts autonom auszulegen. Wie der Gesamtzusammenhang der VO (EU) 2016/399 (Schengener Grenzkodex) zeigt, ist unter "Ausreise" die faktische Reisehandlung von einem Ort innerhalb des Schengenraums zu einem Ort außerhalb desselben zu verstehen (dies ergibt sich aus Art 2 Z 11 und Art 6 Abs 2 leg cit). II. Für Seeleute ist für den Ausreisezeitpunkt nicht das "Anmustern" am Schiff entscheidend: Denn die Seehäfen sind zwar Außengrenzen (Art 2 Z 2 VO [EU] 2016/399), doch dient dies im Lichte von Art 77 Abs 2 lit b AEUV bloß der Durchführung der Grenzkontrollen und folglich bedeutet eine Überschreitung der Kontrollstelle nicht eo ipso die Ausreise der betreffenden Drittstaatsangehörigen. Das Vorstelligwerden bei der Grenzkontrollstelle (hier: der Hafenpolizei) ist nicht mit der Ausreise gleichzusetzen, sondern indiziert bloß die Ausreiseabsicht des Drittstaatsangehörigen. Erst das Übertreten der Schengen-Außengrenze ist ein tatsächliches Ausreisen. III. Der Ausreisestempel ist gemäß Art 11 Abs 1 VO (EU) 2016/399 erst dann anzubringen, wenn das fatkische Auslaufen des Schiffs unmittelbar bevorsteht und nicht schon zum Zeitpunkt des "Anmusterns".
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Entscheidungsdatum: 05.02.2020
Aufbereitet am: 23.06.2020
2066
Keine reale Gefahr hinsichtlich grundsätzlicher, schwerwiegender Defizite im Asylverfahren bei Mitgliedstaaten der Europäischen Union anzunehmen
Leitsätze
I. Die Absicht des Beschwerdeführers, sich ein Land seiner Wahl für die Führung seines Asylverfahrens auszusuchen, widerspricht klar der Dublin III-VO. II. Das Grundprinzip der Dublin III-VO ist es, dass den Drittstaatsangehörigen in einem der Mitgliedstaaten das Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Asylverfahren zukommt, jedoch nur das Recht auf ein Verfahren in einem Mitgliedstaat, dessen Zuständigkeit sich primär nicht aufgrund des Wunsches des Asylwerbers, sondern aufgrund der in der Verordnung festgesetzten Zuständigkeitskriterien ergibt.
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Entscheidungsdatum: 20.02.2020
Aufbereitet am: 22.06.2020
2065
Berücksichtigung von Art und Schwere einer Straftat bei der Bemessung der Dauer eines zu verhängenden Einreiseverbotes
Leitsätze
I. Gemäß § 53 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot – also die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU sowie Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten – verbunden werden, wenn der Drittstaatsangehörige die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. II. Dabei ist nicht nur auf die bloße Tatsache der Verurteilung und Bestrafung des Betroffenen abzustellen, sondern auf die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und das Persönlichkeitsbild abzustellen.
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Entscheidungsdatum: 21.02.2020
Aufbereitet am: 19.06.2020
2064
Kreativität alleine auch im Buchhandel nicht ausreichend für Anerkennung als selbstständige Schlüsselkraft
Leitsätze
I. Einem entsprechenden Vorbringen des Antragstellers (bzw vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen) kann die Eignung zukommen, damit - entgegen einem negativen Gutachten des AMS - die Erfüllung der Voraussetzungen des § 24 AuslBG darzulegen. II. Für den erforderlichen gesamtwirtschaftlichen Nutzen bzw zusätzlichen wirtschaftlichen Impuls iSd § 24 AuslBG genügt nicht schon das (bloße) Vorliegen menschlicher Kreativität (iSd Bestehens einschlägiger Kenntnisse und Fähigkeiten). Diese wird zwar regelmäßig Voraussetzung für die Erzielung eines gesamtwirtschaftlichen Nutzens bzw eines zusätzlichen wirtschaftlichen Impulses sein, sie selbst stellt aber einen solchen (noch) nicht dar. Vielmehr muss ein solcher (durch sie hervorgerufener) gesamtwirtschaftlicher Nutzen bzw zusätzlicher wirtschaftlicher Impuls erst materiell in Erscheinung treten, was insb in Gestalt eines Transfers von Investitionskapital aus dem Ausland nach Österreich und/oder der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen zu geschehen hat. III. In einem Verfahren betreffend Aufenthaltstitel gemäß § 41 Abs 2 Z 4 NAG iVm § 24 AuslBG ist im Fall einer erst jüngst aufgenommenen Tätigkeit eine Prognoseentscheidung zu treffen, wobei es dem Antragsteller obliegt, entsprechende Unterlagen vorzulegen, die eine realistische Abschätzung der zukünftigen Unternehmensentwicklung zulassen.
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Entscheidungsdatum: 07.01.2020
Aufbereitet am: 18.06.2020
2063
Vorliegen einer "entschiedenen Sache" bei Fortbestehen bzw Weiterwirken der ursprünglich geltend gemachten Fluchtgründe
Leitsätze
I. Eine entschiedene Sache iSd § 68 Abs 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber der Vorentscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. II. Einem geänderten Sachverhalt muss nach ständiger Judikatur des VwGH jedenfalls Entscheidungsrelevanz zukommen. III. Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt, über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist, lediglich bekräftigt. Mit einem solchen Asylantrag wird daher die erneute Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt.
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Entscheidungsdatum: 24.01.2020
Aufbereitet am: 17.06.2020
2062
Rechtswidrigkeit der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung in den Herkunftsstaat bei Vorliegen eines Aufenthaltstitels und Möglichkeit zur freiwilligen Ausreise in einen anderen EU-Mitgliedstaat
Leitsätze
Sofern die Erklärung der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im eklatanten Spannungsverhältnis zur Entscheidung eines anderen Vertragsstaates (etwa durch Gewährung eines Aufenthaltstitels) steht, ist die darauf gestützte Schubhaft als rechtswidrig anzusehen.
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Entscheidungsdatum: 23.01.2020
Aufbereitet am: 16.06.2020
2061
Ungültigkeit einer behaupteten gültigen Eheschließung im Herkunftsstaat aufgrund offenkundiger Diskrepanzen zu den Grundwerten der nationalen Rechtsordnung
Leitsätze
I. Die Frage des Bestehens einer rechtsgültigen Ehe ist unter Heranziehung der entsprechenden Bestimmungen des Heimatstaates zu lösen, zumal die Form einer Eheschließung im Ausland nach dem Personalstatut jedes der Verlobten zu beurteilen ist, wobei die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung genügt. II. Eine Bestimmung des fremden Rechts ist nur dann nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist.
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Entscheidungsdatum: 22.01.2020
Aufbereitet am: 15.06.2020
2060
Wegfall der Voraussetzungen für die weitere Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus aufgrund zwischenzeitig erlangter Lebenserfahrung, Reife und Berufsausbildung
Leitsätze
I. Einem Fremden ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Schutzstatus nicht mehr vorliegen. II. Es besteht kein Anspruch auf subsidiären Schutz mehr, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Ausmaß geändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist.
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Entscheidungsdatum: 22.01.2020
Aufbereitet am: 11.06.2020
2059
Umgehung der Regelungen des NAG über einen geordneten Familiennachzug
Leitsätze
Bezüglich des § 21 Abs 2 Z 4 und des (später mit BGBl I 145/2017 behobenen) § 23 Abs 4 NAG bestehen keine Bedenken verfassungsrechtlicher Art im Hinblick auf Art 8 EMRK und keine Bedenken im Hinblick auf das unionsrechtliche Grundrecht des Kindeswohls nach Art 24 Abs 2 GRC. Auch iZm der RL 2003/86/EG ist keine Unionsrechtswidrigkeit des § 21 Abs 2 Z 4 NAG (idF vor BGBl I 84/2017) zu erkennen, zumal Art 5 Abs 3 der RL 2003/86/EG die Mitgliedstaaten ermächtigt, nicht aber verpflichtet, die Inlandsantragstellung "gegebenenfalls" zuzulassen.
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Entscheidungsdatum: 23.01.2020
Aufbereitet am: 10.06.2020
2058
Behebung des verwaltungsbehördlichen Bescheides gemäß § 21 Abs 3 zweiter Satz BFA-VG nur bis zur Zulassung des Verfahrens
Leitsätze
Die rechtsrichtige Anwendung der Bestimmung des § 21 Abs 3 BFA-VG 2014 setzt das Vorliegen einer "Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren" voraus, wobei es nicht darauf ankommt, aus welchen Gründen eine Zulassung erfolgt ist.
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Entscheidungsdatum: 03.03.2020
Aufbereitet am: 09.06.2020
2057
Jahrelange Schwierigkeiten eines Staatenlosen bei der Erlangung eines Aufenthaltsstatus in Ungarn
Leitsätze
I. Die Gesamtheit der sozialen Beziehungen eines Migranten zur Gemeinschaft, in der er lebt, stellt einen Teil des von Art 8 EMRK geschützten Privatlebens dar. II. Art 8 EMRK gewährt kein Recht auf Erteilung eines bestimmten Aufenthaltsstatus. Es liegt im Ermessen der Behörden, welchen Aufenthaltstitel sie erteilen, solange es die angebotene Lösung der betroffenen Person erlaubt, ihr Privat- oder Familienleben ungehindert zu genießen. III. Art 8 EMRK verpflichtet die Staaten dazu, ein zugängliches innerstaatliches Verfahren zur Verfügung zu stellen, mit dem eine betroffene Person eine Verletzung ihres Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens geltend machen und Abhilfe erlangen kann. IV. Ein unsicherer Aufenthaltsstatus, der dazu führt, dass kein Zugang zum Arbeitsmarkt und kein Anspruch auf Gesundheitsversorgung besteht, hat nachteilige Auswirkungen auf das Privatleben. Daher ist eine solche Situation anhand von Art 8 EMRK zu prüfen. V. Es ist unvereinbar mit Art 8 EMRK, wenn einer staatenlosen Person kein Verfahren zur Verfügung steht, in dem die Frage des Aufenthaltsstatus geprüft wird. Dies gilt auch dann, wenn die Anerkennung als staatenlos von der Voraussetzung des "rechtmäßigen Aufenthalts" abhängig gemacht wird und die betroffene Person diese Voraussetzung praktisch nicht erfüllen kann.
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Entscheidungsdatum: 12.05.2020
Aufbereitet am: 08.06.2020
2056
Nachgewiesene Depression infolge Verlusts naher Angehöriger als beachtlicher Hinderungsgrund für Studienerfolgsnachweis
Leitsätze
I. Das Bestehen von Gründen, weswegen trotz Fehlens eines Studienerfolgsnachweises eine Aufenthaltsbewilligung gemäß § 64 Abs 3 NAG verlängert werden kann, hat der Studierende konkret zu behaupten und ausreichend darzulegen. II. Von einem beachtlichen Hinderungsgrund iSd § 64 Abs 3 NAG kann nur dann die Rede sein, wenn dieser nicht dauerhaft ist, wovon aber bei länger dauernden - im Allgemeinen die Dauer eines Jahres überschreitenden - Erkrankungen auszugehen ist. III. Die bisherige VwGH-Rsp steht einer Anerkennung entsprechend nachgewiesener "psychischer Erkrankungen" als beachtliche Hinderungsgründe - sofern sie entsprechend vorgebracht sowie plausibel dargetan wurden und nicht von Dauer sind - nicht entgegen.
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Entscheidungsdatum: 31.01.2020
Aufbereitet am: 03.06.2020
2055
"Einkünfte" für langfristige Aufenthaltsberechtigung nach der DaueraufenthaltsRL
Leitsätze
I. Der autonom auszulegende Begriff "Einkünfte", die für die Zuerkennung der Rechtsstellung des langfristig Aufenthaltsberechtigten gemäß Art 5 Abs 1 lit a RL 2003/109/EG maßgeblich sind, ist dahin auszulegen, dass ihre Herkunft (eigene oder durch Dritte zur Verfügung gestellte Einkünfte) keine Rolle spielt. Dies zeigt sich im uneinheitlichen Wortlaut in den verschiedenen Sprachfassungen der Vorschrift sowie im Regelungsziel der Integration Drittstaatsangehöriger, deren Rechtsstellung es langfristig an jene der Unionsbürger heranzuführen gilt. Insoweit besteht Gleichklang mit den in Art 7 Abs 1 lit b RL 2004/38/EG geforderten "Existenzmitteln". II. Stattdessen ist im Lichte des Regelungsziels des Art 7 Abs 1 lit c RL 2003/86/EG (Schutz der Sozialsysteme der Mitgliedstaaten vor Inanspruchnahme durch Drittstaatsangehörige) entscheidend, ob die Einkünfte "fest", "regelmäßig" und "ausreichend" sind: Wie in der Judikatur zu Art 7 Abs 1 lit c RL 2003/86/EG kommt es dafür darauf an, ob sie über den Zeitpunkt der Antragstellung hinaus noch vorhanden sein werden. Ob die Einkünfte "ausreichend" sind, ist anhand der individuellen Situation des Antragstellers zu beurteilen, die Mitgliedstaaten können aber kein betragsmäßiges Mindesteinkommen vorgeben. III. Für den Nachweis der geforderten Regelmäßigkeit der Einkünfte kann die Rechtsverbindlichkeit der Verpflichtung zur Kostenübernahme durch einen Dritten ein wichtiger zu berücksichtigender Faktor sein.
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Entscheidungsdatum: 03.10.2019
Aufbereitet am: 02.06.2020