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Zur Verpflichtung der Fällung einer Rückkehrentscheidung trotz Unzulässigkeit der Abschiebung
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Kann einem Fremden aufgrund dessen eklatanten Fehlverhaltens weder Asyl, subsidiärer Schutz noch ein anderer Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt werden, kommt jedoch eine Abschiebung aufgrund einer drohenden Verletzung seiner Rechte gemäß Art 2 und 3 EMRK nicht in Betracht, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, jedoch die Unzulässigkeit der Abschiebung auszusprechen. Sollte sich die Lage im Herkunftsstaat verändern, ist zu einem späteren Zeitpunkt ggf ein neuer Bescheid zu erlassen, mit welchem die Zulässigkeit der Abschiebung festgestellt wird. II. Art 6 Abs 1 RL 2008/115/EG legt im Falle eines illegalen Aufenthalts eines Fremden eine allgemeine Verpflichtung zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung fest, unabhängig davon, ob der Vollzug dieser Entscheidung zulässig ist oder nicht. III. Das non-refoulement-Gebot steht der Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht entgegen. Dieses betrifft lediglich deren Vollzug und damit die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung.
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Studentenverfahren: Reihe von Verfahrensfehlern
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Das LVwG verletzt seine Verpflichtung zur amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit, wenn es allein aus den vorgelegten Kontoauszügen auf das Fehlen hinreichender Unterhaltsmittel iSd § 11 Abs 2 Z 4 iVm Abs 5 NAG schließt und jegliche sonstigen Ermittlungen über Einkünfte bzw Vermögen unterlässt. II. Die Manuduktionspflicht gemäß § 13a AVG verlangt zwar keine Beratung einer Verfahrenspartei in materiell-rechtlicher Hinsicht, wohl aber sind die zur Vornahme von Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen zu geben - dies insb einer unvertretenen Partei gegenüber. III. Das LVwG verletzt - indem es die Antragsabweisung erstmals auf die (angenommene) Nichterfüllung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 11 Abs 2 Z 4 NAG stützt, wohingegen die Behörde die Abweisung noch auf das Nichtvorliegen einer besonderen Erteilungsvoraussetzung (Fehlen eines entsprechenden Studienerfolgsnachweises) gegründet hat - das Überraschungsverbot und das mit diesem in Beziehung stehende Recht auf Parteiengehör. IV. Die Niederlassungsbehörde hat bei der Behandlung von Verlängerungsanträgen beim Fehlen allgemeiner Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 11 Abs 1 und 2 NAG nach dem Prozedere gemäß § 25 Abs 1 NAG vorzugehen - somit nach Einräumen von Parteiengehör insb das BFA zu verständigen und dessen Verfahren abzuwarten - und nicht etwa den an sie gerichteten Antrag selbst meritorisch durch Abweisung zu erledigen. Dieses Vorgehen ist auch vom LVwG einzuhalten, vermag doch der Umstand allein, dass erst das LVwG vom Fehlen einer allgemeinen Erteilungsvoraussetzung ausgeht, an der Maßgeblichkeit des § 25 NAG nichts zu ändern.
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Verweigerung der Erteilung eines Aufenthaltstitels für einen seit mehr als 50 Jahren aufhältigen Iraner wegen einer vor rund 20 Jahren ausgesprochenen, aber nie durchgesetzten Ausweisung
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Wenn ein Staat die Anwesenheit eines Ausländers auf seinem Hoheitsgebiet duldet und ihm damit die Möglichkeit gibt, die Entscheidung über seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung oder einen Rechtsbehelf abzuwarten, ermöglicht er ihm, am gesellschaftlichen Leben des Landes teilzunehmen, Beziehungen aufzubauen und eine Familie zu gründen. Dies bedeutet jedoch nicht automatisch, dass nach Art 8 EMRK die Behörden dieses Staates verpflichtet wären, dem Ausländer zu erlauben, sich im Land niederzulassen. II. Wenn ein Fremder sein Privatleben im Hoheitsgebiet eines Staats aufbaut, obwohl er sich dort illegal aufhält, stellt die spätere Verweigerung einer Aufenthaltsgenehmigung nur unter außergewöhnlichen Umständen eine Verletzung von Art 8 EMRK dar. III. Der Umfang der positiven Verpflichtung eines Staates, eine ausländische Person auf seinem Hoheitsgebiet zuzulassen, hängt von der besonderen Situation dieser Person und dem Gemeinwohl ab. IV. Bei der Verweigerung eines Aufenthaltstitels für einen Fremden, der sich seit mehr als 50 Jahren in diesem Staat aufhält und hier beruflich, privat und familiär integriert ist, darf einer vor rund 20 Jahren ausgesprochenen, aber nie durchgesetzten Ausweisung nicht das alleine entscheidende Gewicht beigemessen werden. Vielmehr muss eine sorgfältige Abwägung unter Berücksichtigung der Gesamtdauer des Aufenthalts, der ursprünglichen Rechtmäßigkeit desselben und der unzureichenden Bemühungen der Behörden um Durchsetzung der Ausweisung erfolgen.
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Zur Ermittlungs- versus Mitwirkungspflicht iZm fraglicher Annahme einer fremden Staatsangehörigkeit
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Nach stRsp verlangt § 27 Abs 1 StbG nicht eine "hundertprozentige Sicherheit" für die Feststellung des (Wieder-)Erwerbs einer fremden Staatsangehörigkeit aufgrund des Antrags, der Erklärung oder der ausdrücklichen Zustimmung des Betroffenen. Vielmehr ist das Verwaltungsgericht im Feststellungsverfahren nach § 27 Abs 1 StbG verpflichtet, den zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln. In diesem Zusammenhang ist auf den mit § 45 Abs 2 AVG normierten Grundsatz der freien Beweiswürdigung hinzuweisen, wonach die Behörde bzw iVm § 17 VwGVG das Verwaltungsgericht bei der Beweiswürdigung nicht an feste Beweisregeln gebunden ist, sondern den Wert der aufgenommenen Beweise nach bestem Wissen und Gewissen nach deren innerem Wahrheitsgehalt zu beurteilen hat. II. Es ist keinesfalls unvertretbar, wenn das Verwaltungsgericht angesichts der türkischen Rechtslage, wonach die (Wieder-)Einbürgerung eines Antrags des (Wieder-)Einzubürgernden bedarf, davon ausging, dass der Verleihung ein Antrag des Revisionswerbers zugrunde lag. III. Der VwGH hat bereits vielfach auf die offenkundige Unmöglichkeit, von Amts wegen personenbezogene Auskünfte von den türkischen Behörden zu erhalten, und die sich daraus ergebende Mitwirkungspflicht des Betroffenen durch Vorlage entsprechender Auszüge bzw Aktenabschriften hingewiesen. Die Mitwirkungspflicht der Partei ist gegenüber der Pflicht zur amtswegigen Erforschung des gemäß § 27 Abs 1 StbG maßgeblichen Sachverhalts umso größer, als es der Behörde bzw dem Verwaltungsgericht unmöglich ist, personenbezogene Auskünfte über einen Betroffenen zu erhalten, und es deshalb der Mitwirkung des Betroffenen bedarf.
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Mitteilung über mögliche künftige Zulassung zum Studium unter Bedingungen ist keine Aufnahmebestätigung
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Universitäre "Bescheide" mit dem Inhalt, dass der/die Betreffende unter näher genannten Bedingungen - die noch vor der tatsächlichen Zulassung zu erfüllen seien - zu einem späteren Zeitpunkt zum Studium zugelassen werden könne und die dann geltende Rechtslage maßgeblich sei, sind nach stRsp nicht als Aufnahmebestätigung, sondern als (bloße) Information zu erachten und stellen damit keinen Nachweis für die Erfüllung der besonderen Erteilungsvoraussetzungen iSd § 64 Abs 1 NAG iVm § 8 Z 8 lit a NAG-DV dar. II. Das LVwG hat vor der Erteilung eines Aufenthaltstitels die Erfüllung sämtlicher Erteilungsvoraussetzungen zu prüfen, nicht nur jener, die im behördlichen Verfahren als nicht vorliegend erachtet wurden. Dem steht auch das Neuerungsverbot nicht entgegen, stellt doch die Frage, ob in dem hier vorgelegten "Bescheid" der Universität Wien eine aufrechte Bestätigung über die Zulassung zum Studium zu erblicken ist, keine Tatsachenfrage, sondern letztlich eine Frage der rechtlichen Würdigung eines von Anfang an durch eine vorgelegte Urkunde bekannten Sachverhalts dar.
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