Judikaturbesprechung
Diskriminierung homosexueller Lebenspartnerinnen beim Familiennachzug
Im Urteil Pajic gegen Kroatien äußert sich der EGMR
erstmals zur Zulässigkeit einer Ungleichbehandlung
gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften bei der
Familienzusammenführung. Dabei wendet er seinen
in anderen Kontexten wie dem Personenstandsrecht,
der Adoption oder dem Sozialversicherungsrecht entwickelten
Grundsatz an, wonach eine Ungleichbehandlung
aufgrund der sexuellen Orientierung nur durch
besonders schwerwiegende Gründe gerechtfertigt werden
kann. Dem Urteil kommt über den Anlassfall hinausgehende
Bedeutung zu, weil sich die Argumente des
Gerichtshofs auch auf Ungleichbehandlungen beim
Familiennachzug übertragen lassen, die auf anderen
Gründen als der sexuellen Orientierung beruhen. Außerdem
verdeutlicht es, dass sich das Migrationsrecht
generell nicht nur am Maßstab des Rechts auf Achtung
des Privat- und Familienlebens alleine messen lassen
muss, sondern immer auch das Diskriminierungsverbot
des Art 14 EMRK in Verbindung mit Art 8 EMRK zu
beachten ist.
Autor/in: Philip Czech
Artikel online seit: 11.06.2016
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