Aufsatz
Die Anwesenheitspflicht in Erstaufnahmestellen Teil 2
Die mit dem Asylverfahren betrauten Behörden (Bundesamt für Fremdenwesen und
Asyl [(BFA; vormals Bundesasylamt (BAA)], Landespolizeidirektionen als Fremdenpolizeibehörden,
Bundesministerium für Inneres) mussten in der Vergangenheit feststellen, dass Asylwerber
zu Beginn des Asylverfahrens für die notwendig vorzunehmenden Amtshandlungen
(Erstbefragung des Asylwerbers, amtsärztliche Untersuchungen etc.) nicht (immer) zur Verfügung
standen. So wurde beobachtet, dass Asylwerber nach vorgenommener erkennungsdienstlicher
Behandlung und Durchsuchung die Erstaufnahmestelle wieder verließen, teilweise
in die Illegalität untertauchten und für weitere Verfahrenshandlungen nicht mehr oder
nur mehr mit erheblichem Aufwand (nach eingeleiteten Fahndungsmaßnahmen) auffindbar
waren. Dieser Umstand führte zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen im Asylverfahren und
hinderte einen reibungslosen und effizienten Ablauf desselben.
Der Gesetzgeber hat auf diesen Missstand reagiert und mit dem Fremdenrechtsänderungsgesetz
2011 unter anderem die ununterbrochene Anwesenheitspflicht für Asylwerber in Erstaufnahmestellen
für bis zu 120 Stunden (in Ausnahmefällen bis zu 168 Stunden) eingeführt, damit
diese für die Durchführung der erforderlichen Amtshandlungen erreichbar sind. Mit der
Anwesenheitspflicht sollen die Mitwirkungspflichten des Asylwerbers als auch die notwendigen
Verfahrenshandlungen durch die ständige Anwesenheit des Asylwerbers in der Erstaufnahmestelle
gesichert und verbessert werden. Damit soll ein Beitrag zum reibungslosen und
effizienten Ablauf des Asylverfahrens geleistet und Verzögerungen vermieden werden.
Dieser Aufsatz setzt sich mit der sehr kontroversiell diskutierten Thematik, ob eine derartige
Anwesenheitspflicht eine Freiheitsentziehung, Freiheitsbeschränkung oder keines von beiden
darstellt, auseinander. Zudem wird auch die Frage, ob diese Maßnahme - neben dem Grundrecht
auf persönliche Freiheit - das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens und den
Gleichheitsgrundsatz verletzt, beantwortet.
Autor/in: David Kodexer